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20 Jahre Michael Häupl: Längster amtierender Bürgermeister Wiens seit 1945

20 Jahre Häupl - Der längst dienende Bürgermeister Wiens seit 1945
20 Jahre Häupl - Der längst dienende Bürgermeister Wiens seit 1945 ©APA
Wenn es um Ausdauer im Amt geht, reicht Michael Häupl so schnell niemand das Wasser. Der studierte Biologe, bekennende Austria-Wien- und The Clash-Fan hat inzwischen 20 Jahre als Wiener Bürgermeister auf dem Buckel.
"Nicht die Deppen der Nation"
Häupl wird 65
Häupl feiert Jubiläum
Kritik an den Grünen

Nach einer Periode Rot-Grün will Häupl bei seiner definitiv letzten Wahl 2015 noch einmal die rote Absolute holen. Dieses Ziel zu erreichen, scheint zumindest aus derzeitiger Sicht schwer schaffbar. Diverse Umfragen wiesen für die Rathaus-Roten zuletzt zwischen 35 und 40 Prozent aus.

20 Jahre Michael Häupl

Nicht erst dank seines 20-Jahr-Jubiläums ist der derzeitige SPÖ-Bürgermeister das längst dienende Wiener Stadtoberhaupt der Nachkriegsgeschichte. In der Allzeit-Rekordliste, die 1282 beginnt, schneidet Häupl ebenfalls respektabel ab. Dort rangiert er mittlerweile auf Platz zwei von 227. Was die Periode nach 1945 betrifft, hat der inzwischen 65-Jährige, der am 7. November 1994 sein Amt als Nachfolger von Helmut Zilk antrat, den lange Zeit führenden Franz Jonas bereits 2008 vom Thron gestoßen. Dieser saß von 1951 bis 1965 im Chefsessel des Rathauses. Doch wie wurde Michael Häupl zum Politiker?

Richtungswechsel während des Studiums

Häupl erblickte am 14. September 1949 in Altlengbach das Licht der Welt – in einer, so heißt es, traditionell ÖVP-nahen Lehrerfamilie. Der Bub besuchte unter anderem die Schule der Benediktiner in Seitenstetten. Nach der Matura begann er in Wien das Studium der Biologie und Zoologie. Ab dem Jahr 1975 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Naturhistorischen Museum und promovierte zwei Jahre später über die Schädelkinetik bei Gekkoniden, den Kleinechsen der Tropen.

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Schon während des Studiums erfolgte ein politischer Richtungswechsel: Auf Burschenschaft folgte der Verband Sozialistischer Studenten (VSStÖ). Als dessen Bundesvorsitzender fungierte er von 1975 bis 1977. 1983 zog er in den Gemeinderat ein. Am 29. Jänner 1988 wechselte Häupl auf Wunsch seines politischen Ziehvaters Helmut Zilk als Umweltstadtrat in die Stadtregierung.

Endgültig zu Zilks Kronprinzen auf das Amt des Bürgermeisters avancierte Häupl schließlich am 23. April 1993, als er die Nachfolge Hans Mayrs als Vorsitzender der Wiener SPÖ antrat. Die Wahl zum Stadtoberhaupt erfolgte am 7. November des Folgejahres.

Niederlage für Häupl 1996

Häupl musste gleich bei seinem ersten Urnengang 1996 eine herbe Niederlage einstecken. Die rote Absolute war Geschichte, es folgte eine SPÖ-ÖVP-Koalition. 2001 konnten die für die Wiener SPÖ gewohnten Verhältnisse jedoch wiederhergestellt werden, wohl auch dank des erklärten Lieblingsfeindes des Bürgermeisters – der schwarz-blauen Bundesregierung. Sie wurde zum Hauptangriffsziel im Wahlkampf.

Die Absolute konnte Häupl im Wahljahr 2005 nicht nur verteidigen, sondern sogar leicht ausbauen. Fünf Jahre später mussten die Roten mit 44,3 Prozent jedoch deutliche Stimmenverluste hinnehmen und kamen nur mehr auf 49 Mandate. Häupl, der bis dahin als bekennender Großkoalitionär galt, entschied sich diesmal dennoch für einen Regierungspakt mit den Grünen, wobei er das Koalitionsabkommen per “Man bringe den Spritzwein” endgültig besiegelte.

Das Image des Wiener Bürgermeisters

Das Image des mittlerweile 65-jährigen Stadtchefs Michael Häupl aoszilliert zwischen gewiefter Taktiker, flotter Sprücheklopfer und zuweilen grantelnder Machtmensch. Mit Aussprüchen wie “Wahlkampf ist Zeit fokussierter Unintelligenz” hat sich Häupl längst in die heimischen Zitate-Anthologien eingeschrieben. Er gilt als belesener Intellektueller, der sich in öffentlichen Auftritten gern leutselig gibt.

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Der Bürgermeister und Landesvorsitzende der Wiener SPÖ kann aber auch ungemütlich werden. So machte er zuletzt etwa in Sachen Steuerreform Druck auf die Bundesregierung und meldete sich schärfer in der Asyldebatte zu Wort. Nachdem Wien rund 600 zusätzliche Flüchtlinge temporär aufgenommen hatte, forderte er die Länderkollegen auf, die vereinbarte Quote ebenfalls endlich zu erfüllen – denn: “Wir sind, mit Verlaub gesagt, nicht die Deppen der Nation.”

Wien-Wahl wird letzte Wahl

Nicht erst mit dem Näherrücken der Wien-Wahl 2015 machen regelmäßig Gerüchte um Häupls vermeintlich bevorstehenden Rücktritt bzw. die Thronfolge im Rathaus die Runde. Der Ottakringer selbst ließ sich auf derlei Spekulationen nie ein. Er versicherte jedoch bereits, dass die kommende Gemeinderatswahl definitiv seine letzte sein werde.

Die Bürgermeister Wiens seit 1945

In Wien regieren seit Ende des Zweiten Weltkriegs ausschließlich sozialdemokratische Bürgermeister – wenn man von einem wenige Tage dauernden kommunistischen Intermezzo unmittelbar nach Kriegsende absieht. Häupl selbst ist das siebente vom Gemeinderat gewählte Stadtoberhaupt.  Aber auch bei einem Blick auf die Jahrhunderte schneidet Häupl in Sachen Durchhaltevermögen alles andere als schlecht ab.

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Seit 1282 zählt Wien exakt 227 Bürgermeister – eine Frau sucht man in dieser Liste bis heute vergeblich. In diesen mehr als 730 Jahren gab es nur einen einzigen Stadtchef, der einen noch längeren Atem hatte: Josef Georg Hörl hielt ganze 31 Jahre (1773 bis 1804) durch und ist damit selbst für Häupl, der schon mehrmals angekündigt hat, 2015 seine definitiv letzte Gemeinderatswahl zu schlagen, uneinholbar.

  • Theodor Körner (SPÖ): ab 17. 4. 1945 prov., 14. 2. 1946 – 18. 6.1951
  • Franz Jonas (SPÖ): 22. 6. 1951 – 1. 6. 1965
  • Bruno Marek (SPÖ): 10. 6. 1965 – 17. 12. 1970
  • Felix Slavik (SPÖ): 21. 12. 1970 – 5. 7. 1973
  • Leopold Gratz (SPÖ): 5. 7. 1973 – 10. 9.1984
  • Helmut Zilk (SPÖ): 10. 9. 1984 – 7. 11. 1994
  • Michael Häupl (SPÖ): seit 7. 11. 1994

Lesen Sie auch: Wer bei der Wien-Wahl 2015 als Bürgermeister kandidiert

(APA)

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