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Alexander Wrabetz bleibt ORF-General

Alexander Wrabetz bleibt Generaldirektor des ORF.
Alexander Wrabetz bleibt Generaldirektor des ORF. ©APA
Alexander Wrabetz erhielt 29 von 35 Stimmen im ORF- Stiftungsrat und somit eine satte Mehrheit. Nach Gerd Bacher ist Wrabetz erst der zweite ORF-Chef, dem eine Wiederwahl gelingt.
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Alexander Wrabetz ist am Dienstag erwartungsgemäß als ORF-Generaldirektor bestätigt worden. Beim Wahlgang am Nachmittag Uhr erhielt er 29 von 35 Stimmen im ORF-Stiftungsrat und somit eine satte Mehrheit. Sechs Stiftungsräte enthielten sich der Stimme. Nach dem langjährigen General Gerd Bacher ist Wrabetz erst der zweite Amtsinhaber an der Spitze des Öffentlich-Rechtlichen, dem eine Wiederwahl gelingt. Seine zweite Amtsperiode erstreckt sich von Jänner 2012 bis Dezember 2016.

Neues Team um Wrabetz ab September

Das neue Direktionsteam um Alexander Wrabetz wird im September bestellt, der Stiftungsrat beschließt am Dienstag die entsprechende Ausschreibung. Mit Richard Grasl, Kaufmännischer Direktor, sowie Karl Amon (Radio), sollen einige Namen bereits fix sein.

Eigentlich gab es am Dienstag keine Neuigkeiten vom Küniglberg zu vermelden. Der ORF-Generaldirektor hieß am Montag Alexander Wrabetz, wird am Mittwoch so heißen und auch am 1. Jänner 2012. Im ORF hat wie gewohnt die Kanzlerpartei das Sagen. Auch nicht neu: Die ÖVP hat keinen eigenen Kandidaten aufgestellt und ist intern uneins ob ihrer Strategie. Immerhin am Rande bemerkenswert: Dem demonstrativen Koalitionsfrieden, auf den sich Kanzler Werner Faymann (S) und Vize Michael Spindelegger (V) eingeschworen haben, schadet das Treiben in der Würzburggasse derzeit nicht. Denn keine ORF-Wahl ohne personelle Zugeständnisse, auch das ein alter Hut – und offenbar ist der Deal solcherart gestaltet, dass der VP-Chef damit leben kann.

Man kann der SPÖ jahrelange medienpolitische Lethargie vorwerfen, aus Sicht des Partei-Vorsitzenden Faymann funktioniert die so genannte Strategie der vergangenen Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, aber weiter blendend: für einen “starken” ORF einzutreten (auch wenn er immer schwächer wird), den wachsenden Privatsektor net amal ignorieren, und die Verleger bis auf einige befreundete Großblätter als Klientel des Koalitionspartners und damit als Randerscheinung zu betrachten. Die Medienpolitik der SPÖ ist ORF-Politik ist Generaldirektorenbestellungspolitik. Der Rest ist ein Selbstläufer.

Auch Schüssel wollte ORF umfärben

Letzteres ist kein sozialdemokratisches Spezifikum: ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel hatte es Anfang der 2000-er Jahre ziemlich eilig, den damaligen General Gerhard Weis gegen Monika Lindner auszutauschen. Und das ORF-Gesetz 2001, mit dem unter anderem die Politiker im Stiftungsrat durch Befehlsempfänger der Politik ersetzt wurden und gleichzeitig die offene Abstimmung bei der Generalswahl kam, trägt auch keine rote Handschrift.

Doch Schüssels machtstrategischer Ansatz, auch wenn er schwarze Zerschlagungsgelüste nicht auslebte, griff jedenfalls weiter als die ORF-Politik der ÖVP der vergangenen Jahre. Das Macher-Image der schwarzen Medienpolitik, als die VP ein Gesetz nach dem anderen vorlegte, ist längst dahin. So einfach schaut es mitunter aus: Die SPÖ sieht den ORF als Megafon, dem die ÖVP auch ein paar Töne entlocken will. Also müssen Vertrauensleute ran.

Wiederwahl als Wrabetz größte Leistung

Es gab eine Zeit, da das bürgerliche Lager Morgenluft witterte: Nach der Nationalratswahl 2008 gab sich Faymann reichlich spröde gegenüber Wrabetz, immerhin ein Roter. “Dead man walking” wurde der ORF-General von Kommentatoren geheißen, “It’s all over now, Baby Blue”, sang man in der schwarzen Reichshälfte bereits frei nach Bob Dylan ein Abschiedslied. Dass sich Wrabetz nicht nur im Amt gehalten hat, sondern auch die Wiederwahl schafft, wird ihm von vielen als größte Leistung seiner Amtsperiode attestiert.

Denn die SPÖ schickte eine Task Force namens Niko Pelinka in den ORF, der General und die Partei fanden zu einer neuen Basis, die viele als Gängelband geißeln. Während die SPÖ den Amtsinhaber und damit ihren Einfluss auf den Berg einzementierte, hatte die ÖVP offenbar eine Chance verpasst. Scharmützel um die Novelle des ORF-Gesetzes schwächten vor allem das medienpolitische Profil der Volkspartei. Die Strategie, auf den ORF hinzuhauen, wenn man eigentlich dessen Chef oder die SPÖ meint, erwies sich als unproduktiv. Maßnahmen im Sinne des  , etwa die Zustimmung zur von Schwarz-Blau gestoppten Gebührenrefundierung für den Öffentlich-Rechtlichen, ORFhalfen imagemäßig auch nicht mehr. Zu oft Nein zu sagen tut der ÖVP nicht gut; keinen Plan B zu haben auch nicht.

Wahl Wrabitz’ sachorientiert

Der neue ÖVP-Obmann Michael Spindelegger ließ Pragmatismus walten. Die Parteizentrale übernahm die Chefsache ORF, was Mediensprecher Karlheinz Kopf mehr oder weniger unelegant auf verlorenem Posten platzierte. Wobei er immerhin noch ein Player in der schwarzen Medienpolitik ist – wann dagegen war zuletzt von seinem roten Pendant Josef Cap zu hören? Die Volkspartei sucht Einfluss zu retten wo möglich. Doch angesichts der Tatsache, dass man vor kurzem noch von einem General von schwarzen Gnaden träumte, kann das Ergebnis nur unbefriedigend sein.

Was vom Dienstag bleibt, außer ein neuer, alter General? Eine Kanzlerpartei, die weiterhin glaubt, im ORF nach Gutdünken herumfuhrwerken zu können; eine ÖVP, die ihren Anhängern und Funktionären weiterhin keinen durchschlagenden Erfolg verkünden kann; zwei Koalitionspartner, die nach außen so tun, als sei die Kür Wrabetz‘ das Ergebnis einer sachorientierten Entscheidungsfindung in einem unabhängigen Aufsichtsrat. Und ein ORF, dem all das zumindest nicht hilft im Kampf um Seher und Glaubwürdigkeit. (APA)

 

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