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Aliyev-Tod: Zellentür laut Justizanstalt nicht geöffnet - Rätsel um Tagebuch

Rakhat Aliyev beging angeblich Selbstmord - doch es soll ein Tagebuch geben, das vielleicht etwas Anderes belegt
Rakhat Aliyev beging angeblich Selbstmord - doch es soll ein Tagebuch geben, das vielleicht etwas Anderes belegt ©günther gumhold / pixelio.de (Sujet) / APA/HBF/DRAGAN TATIC
Die Leiterin der Justizanstalt Josefsstadt, Helene Pigl, sieht sich in den Obduktionsergebnissen nach dem Tod des ehemaligen kasachischen Botschafters in Wien, Rakhat Aliyev, bestätigt. Anders sieht dies sein langjähriger Rechtsbeistand Manfred Ainedter, der von einem Tagebuch und diversen Ungereimtheiten sprach.
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“Für mich war es eindeutig Selbstmord”, sagte Pigl am Dienstag auf Anfrage der APA unter Hinweis auf die sogenannten Türstandsanzeigen. Diese Technik registriere jegliche Bewegungen des Zelleneingangs.

Aliyev “eindeutig in Zelle alleine”

Demnach habe sich die Tür zur Einzelzelle Aliyevs zuletzt am Montag (23.2) um etwa 17.30 Uhr geschlossen, erklärte Pigl. Der Ex-Diplomat wurde beim nächsten Öffenen am Dienstagfrüh (24.2) um 7.20 Uhr in seiner Zelle mit Mullbinden auf einem Kleiderbügel erhängt aufgefunden, erklärte Pigl weiter. Es sei also “eindeutig, dass er in dieser Zeit alleine war”. Damit bestätigte Pigl auch die Auswertungen der Videoaufnahmen, auf denen der Staatsanwaltschaft zufolge keine Anzeichen auf Fremdeinwirkung zu sehen waren.

Obduktion bestätigt Suizid

Auch laut dem am Mittwochvormittag von der Staatsanwaltschaft veröffentlichte vorläufige Obduktionsergebnis deute alles auf Selbstmord hin. Der Tote wurde von einem erfahrenen Gerichtsmediziner obduziert, der bei der Leichenbeschau keine Anzeichen für eine äußere Gewalteinwirkung fand. Ein toxikologisches Gutachten soll in “einigen Tagen” vorliegen.

Rätsel um Aliyevs Tagebuch

Das Ableben von Rakhat Aliyev, der am Dienstag erhängt in der Justizanstalt Josefstadt gefunden wurde, ist für seinen langjährigen Rechtsbeistand Manfred Ainedter jedoch “voller Rätsel”, wie er im Gespräch mit der APA erklärte. Für Ainedter ist ein Selbstmord unvorstellbar: “Er hat sich gerade neue Brillen bestellt gehabt. Am Dienstag hatte er noch einen Friseurtermin. Und da soll er sich umbringen?”

Ainedter bestätigte der APA die Existenz eines Tagebuchs, das Aliyev im Gefängnis geführt habe. Darüber hinaus behauptet der Anwalt, dass es an diesem Büchlein zu Manipulationen kam, als der herzkranke Aliyev vorübergehend ins Krankenhaus der Barmherzigen Brüder verlegt wurde und seine privaten Aufzeichnungen im Gefängnis zurücklassen musste.

Seite im Notizbuch fehlte

“Als er zurückgekommen ist, hat eine Seite gefehlt. Sie ist herausgerissen worden”, hielt Ainedter fest. Die Vollzugsdirektion, bei der eine Beschwerde gegen diesen angeblichen Eingriff in Aliyevs Eigentum ventiliert wurde, sah das allerdings anders. Sie wies die Beschwerde zurück und stellte fest, es habe nichts aus dem Notizbuch gefehlt.

Darauf angesprochen, dass die Staatsanwaltschaft auf Basis des vorläufigen Obduktionsergebnisses derzeit keine Hinweise auf Fremdverschulden sieht, bemerkte Ainedter: “Es ist völlig ausgeschlossen, dass Aliyev seine Ehefrau und seine Kinder im Stich gelassen und sich aus dem Leben gestohlen hätte.”

Selbstmord wird weiter bezweifelt

Auch die Art und Weise des angeblichen Selbstmords – Aliyev war in einer Jogginghose mit Mullbinden an einem Kleiderhaken erhängt entdeckt worden – irritiert Ainedter: “Er hätte das Stromkabel seines Laptops zur Verfügung gehabt.” Dass der sehr auf sein Äußeres bedachte Mann in Trainingshosen freiwillig aus dem Leben scheidet, sei “gänzlich ausgeschlossen”, so Ainedter abschließend: “Er ist zu sämtlichen kontradiktorischen Einvernahmen im Anzug gegangen. Zu seinem Prozess wollte er sogar in Uniform erscheinen.”

Aliyev angeblich in Furcht

Der Aussage eines Chefinspektors der Polizei zufolge soll der ehemalige kasachische Botschafter in Wien in einem Tagebuch ihm im Gefängnis widerfahrene Einschüchterungsversuche notiert haben. “Er war in Furcht und Unruhe und hatte die Befürchtung, dass die Drohungen wahr gemacht werden”, hatte der Polizeibeamte am Dienstag wenige Stunden nach dem Auffinden der Leiche erklärt. Aliyevs Rechtsbeistand geht davon aus, dass dieses Notizbuch in der Zelle von der Tatortgruppe des Wiener Landeskriminalamts (LKA) sichergestellt wurde und nun im Zuge der Ermittlungen ausgewertet wird.

(apa/red)

 

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