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Alt-J live im Wiener Gasometer: Finesse und viel Emotion

Alt-J begeisterten die Wiener Fans.
Alt-J begeisterten die Wiener Fans. ©AP
Für ein Konzert dieser Größenordnung war die Bühne unüblich leer: Drei Mikrofone, eine Keyboardlandschaft sowie das auf einem Podest thronende Schlagzeug. Alt-J brauchen keine meterhohe Wand aus Verstärkern, um zu signalisieren, was sie können. Die britische Band ließ am Montagabend in Wien einzig und alleine ihre Songs sprechen. Und das mit Erfolg.

Wobei es schon beachtlich ist, was die 2007 gegründete Formation nur anhand von zwei Alben auffahren kann: Eröffnet wurde der seit Monaten ausverkaufte Auftritt mit “Hunger Of The Pine” vom aktuellen Werk “This Is All Yours”, das neben Joe Newmans eigenwilligem Falsett auch eine Begegnung mit Miley Cyrus bereithielt.

Immer wieder tönte “I’m a female rebel” aus der Konserve, während das Trio – live unterstützt von Cameron Knight – stoisch Gitarren, Synthies und Perkussion übereinandertürmte. Präzision war hier das Stichwort.

Konzert in Wien: “Wir improvisieren nicht viel”

“Wir improvisieren nicht viel”, verriet Schlagzeuger Thom Green schon vor dem Konzert. “Ich mag das zwar, man muss sich aber am Rest orientieren. Da gibt es nicht nur die Bandkollegen, sondern auch das Licht, die Videos, die ganze Crew. Sie müssen darüber Bescheid wissen, was zu jedem Zeitpunkt passiert. Teilweise ist das wirklich schade, weil ich gerne mehr jammen würde. Aber andererseits: Es gibt bei uns zwar viele Emotionen, aber alles ist sehr fokussiert, beinahe mathematisch. Das gefällt mir sehr.”

Und nicht nur ihm: Das früh gesetzte “Fitzpleasure” mit seiner dominanten Rhythmik, der Bluesstampfer “Left Hand Free” oder das inbrünstig mitgesungene “Matilda” holten die Fans ab und ließen die (kaum vorhandene) Kommunikation zwischen Bühne und Auditorium überflüssig erscheinen. “Ich zeige den Leuten gerne, was wir können. Darum ging es mir immer in der Musik. Und ich vertraue darauf, dass es ihnen gefallen wird.” Da spricht eine gehörige Portion Selbstbewusstsein und Zielstrebigkeit aus dem ehemaligen Kunststudenten. Kein Wunder aber bei dem Lauf, den Alt-J seit der Veröffentlichung ihres Debüts “An Awesome Wave” 2012 hingelegt haben. Immer größere Locations wurden gebucht, die Stücke kamen zu zig Werbeeinsätzen und die Platte erhielt schließlich den Mercury Prize in Großbritannien. “Das war sicher der größte Wendepunkt in unserer Karriere – bisher zumindest.”

Die Erfolgsgeschichte von Alt-J

Als im Vorjahr dann “This Is All Yours” erschien, konnten sich scheinbar alle auf Alt-J einigen. Trotz des Ausstiegs des früheren Bassisten Gwil Sainsbury verfolgten Newman, Green und Keyboarder Gus Unger-Hamilton unbeirrt ihren Weg. “Wir planen nicht wirklich viel, da wir das für kontraproduktiv halten”, erinnerte sich der Drummer an die Albumaufnahmen. Ein alter Lagerraum als Rückzugsort, vollgestopft mit Equipment, reichte als Ausgangsbasis. “Und dann spielten wir einfach, ohne allzu viel darüber zu reden. Die Songs entstanden dann sehr organisch.”

Eine reine Wiederholung ist es jedenfalls nicht geworden, wie auch der Liveeindruck bestätigte: Wo das Debüt eine erinnerungswürdige Hook nach der anderen abwarf, zeigte sich der Nachfolger atmosphärischer. Einzig “Every Other Freckle” konnte ohrwurmtechnisch mithalten, während etwa “The Gospel Of John Hurt” sich Zeit ließ, um schlussendlich in einem pompösen Soundteppich aufzugehen.

“Alt-J ist nicht primär Gesang, Gitarre, Bass und Schlagzeug”, versuchte sich Green an einer Standortbestimmung. “Es kann alles sein, einfach was die Aura eines Songs benötigt. Es gibt keine Formel, der wir folgen müssten.” Die Gleichung ging gestern dennoch auf.

Wer das Konzert in Wien verpasst hat: Alt-J gastieren heuer live am Frequency Festival in St. Pölten (20.-22. August).

(APA/Red.)

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