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Aus für Roaming-Gebühren ab 2017 - Netzneutralität wird eingeschränkt

Abschaffung der Roaming-Gebühren ab Juni 2017
Abschaffung der Roaming-Gebühren ab Juni 2017
Das EU-Parlament hat am Dienstag in Straßburg die endgültige Abschaffung der Roaming-Gebühren ab Juni 2017 mit breiter Mehrheit beschlossen.

Konkret dürfen ab Mai 2016 die Roaming-Gebühren fünf Cent je Minute für Gespräche, zwei Cent je SMS und fünf Cent je Megabyte nicht überschreiten, ab 15. Juni 2017 werden sie überhaupt auslaufen.

Roaming-Aus – mit einer Ausnahme

Wer sich nun darauf freut, ab 2017 eine günstige SIM-Karte aus dem EU-Ausland in Österreich zu verwenden, dürfte allerdings enttäuscht sein. Dem “permanenten Roaming” zu Hause wird mit dem Beschluss ein Riegel vorgeschoben. Um zu verhindern, dass sich beispielsweise österreichische Kunden einen günstigen Vertrag aus Nord- oder Osteuropa holen, dürfen Anbieter bei Erreichen “bestimmter Mengen” an Anrufen, SMS oder Daten weiterhin Aufschläge, sprich Roaminggebühren verrechnen.

Diese sollen aber deutlich unter den derzeitigen Obergrenzen liegen. Was das im Detail bedeutet, soll die EU-Kommission bis Mitte Dezember 2016 ausarbeiten.

Die Sache mit der Netzneutralität

Das neue Gesetz verpflichtet die Anbieter von Internetzugangsdiensten, den gesamten Verkehr bei der Erbringung solcher Dienstleistungen gleich zu behandeln, ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung, sowie unabhängig von Sender und Empfänger, den abgerufenen oder verbreiteten Inhalten, den genutzten oder bereitgestellten Anwendungen oder Diensten oder den verwendeten Endgeräten – außer zum Beispiel bei gerichtlichen Anordnungen oder zur Vorbeugung gegen Cyberangriffe.

Allerdings befürchten Kritiker durch schwammige Formulierungen sehr wohl die Möglichkeit der Bevorzugung von gewissen Diensten wie etwa Streamingservices. Das Wort “Netzneutralität” kommt im Beschluss auch nicht mehr vor, stattdessen ist die Rede von einem “offenen Internet”.

Spezialdienste: Hintertür für Anbieter?

Brancheninsider vermuten, dass dahinter ein Deal zwischen EU-Kommission, EU-Rat und Konzernen steckt. Da den Unternehmen Einnahmen aus dem Roamingbereich wegfallen werden, sollen sie im Gegenzug auf eine Aufweichung der Netzneutralität gedrängt haben.

So folgte die Parlamentsmehrheit der Empfehlung des federführenden Industrieausschusses und beschloss die Verordnung ohne alle Änderungsanträge etwa von Grünen, Linken und Liberalen, die sich an den strengeren Standards zur Netzneutralität aus der 1. Lesung orientierten. Für die Korrekturen stimmten jeweils gut 200 von knapp 700 anwesenden Volksvertretern.

Ehrliche Geschwindigkeitsangabe

Anbieter von Internetzugangsdiensten müssen Nutzern, die kurz davorstehen, einen Vertrag fürs Fest- oder Mobilfunknetz zu unterzeichnen, eine klare und verständliche Erläuterung geben, wie hoch die wirklich zu erwartenden Download- und Upload-Geschwindigkeiten sind (im Vergleich zu den beworbenen “bis zu”-Geschwindigkeiten).

Ein Deal mit Beigeschmack

Der ÖVP-Europaabgeordnete Paul Rübig sieht das Roaming-Aus nur als ersten Schritt an, “jetzt braucht Europa einen digitalen Binnenmarkt”. Notwendig sei auch eine starke Netzneutralität. Start-ups, KMU und die Zivilgesellschaft müssten genauso wie große Firmen freien Zugang zum Internet haben. Mit den detaillierten Regeln sei die EU nun Vorreiter, freute sich Rübig über diese “historische Entscheidung für Freiheit, Offenheit und Innovationskraft des Internets”.

Keinesfalls so euphorisch äußerte sich der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon. Die Netzneutralität werde durch die EU-Regelung sogar eingeschränkt. So werde Slowenien und den Niederlanden verboten, die besseren nationalen Regelungen anzuwenden. Tatsächlich sei das Roaming-Ende der Netzneutralität geopfert worden. (red/APA/dpa)

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