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Bargeld und Stuart begeisterten beim donaufestival

Charisma ist ihm beileibe nicht abzusprechen. Wenn Blixa Bargeld eine Bühne betritt, richten sich zwangsläufig alle Augen auf ihn. Beim abschließenden Tag des donaufestivals in Krems war dies auch insofern eine weise Entscheidung, als der Kopf der Einstürzenden Neubauten gemeinsam mit dem Komponisten Teho Teardo zu Gast war. Serviert wurde dabei dunkelschwarzer Pop mit ironischer Note.


Dass diese Zusammenarbeit funktionieren kann, erwies sich erstmals vor knapp vier Jahren. Damals arbeiteten der musikalische Querdenker aus Deutschland und sein italienischer Partner für den Soundtrack zum Film “Una vita tranquilla” zusammen. Entsprechend wurde aus dieser Geburtsstunde der Titelsong “A Quiet Life” gegeben. Und der cineastische Ansatz ist auch bei dem im Vorjahr erschienen Album “Still Smiling” nicht von der Hand zu weisen. Nicht zuletzt dank Cellistin Martina Bertoni und im weiteren Verlauf eines Streichquartetts wurden hier raumgreifende Bilder evoziert, zwischen elegischer Schönheit und aufblitzender Groteske changierend.

Bargeld gab dabei den Conferencier des Abgründingen, stets mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und gerne zur großen Geste ausholend. Und präsentierte sich überdies in Plauderstimmung, wie er etwa bei der Einleitung zu “Buntmetalldiebe” unter Beweis stellte, als er ein deutsch-chinesisches Komplott rund um den Schmuggel von Ein- und Zwei-Euromünzen aufdeckte. Ansonsten war der Albumtitel konsequenterweise Programm: Auch im Angesicht des Abgrunds bedarf es eines Schmunzelns.

Über sich selbst lachen mussten wiederum die Teilnehmer bei Meg Stuarts Selbsterfahrungstrip “One Single Action: Laughing”. In der zentralen Halle der Kunsthalle versammelten sich dafür rund 50 Personen, die sich auf das Experiment einließen, eine Stunde lang zu lachen. Und so kugelte man gemeinsam mit Künstlern wie Keith Hennessy, Jeremy Wade oder Peaches durch den Raum, setzte zum dezenten Gekicher an, um nur wenig später laut loszubrüllen. Wie von Stuart angekündigt, gaben sich falsches und echtes Lachen dabei die Hand, wechselten sich quasi wellenförmig ab und war man nach einer Stunde nicht nur körperlich erschöpft, sondern froh über die anschließenden zwanzig Minuten Stille. Vereinzelte Restbelustigung inklusive.

Umrahmt wurde das Abschlussprogramm am Samstag von den Künstlern des in Wien beheimateten Labels Editions Mego: Bereits am frühen Nachmittag warf etwa Stephen O’Malley seine durch Sunn O))) bekannte Zeitlupenmaschinerie an und wiegte sich in der Minoritenkirche eine knappe dreiviertel Stunde lang im Sound des ewigen Gitarrendröhnens. Wohl der lauteste Beitrag dieses Tages. Und während Kassel Jaeger im Anschluss Gleicherorts auf eine elektro-akustische Traumreise führte, gelang Bill Orcutt das Kunststück, mit seiner Blues- und Folk-Interpretation selbst ohne ohrenbetäubenden Druck für Begeisterung zu sorgen.

Leichtes Spiel hatte der Wiener Christian Fennesz, der abends am Messegelände das Programm eröffnete und sein neues Album “Becs” im Gepäck hatte. Wo bei O’Malley die Gitarre als Urgewalt in den Raum drückte, agierte Fennesz bedeutend subtiler, wenngleich nicht minder eindrucksvoll. Aus der bedrohlich schwelenden Grundstimmung schälten sich immer wieder zaghafte Melodiemuster, vertrackte Beatfolgen und farbenprächtige Ausreißer.

Insgesamt war es ein gelungener Ausklang für das zehnjährige Jubiläum, bei dem Tomas Zierhofer-Kin und sein Team neuerlich unter Beweis gestellt haben, die Suche nach Neuem und Überraschendem stets erfolgreich zu bewerkstelligen. Auch wenn nicht jedes Experiment klanglicher oder performativer Natur aufging, so war das donaufestival auch diesmal ein abwechslungsreiches und spannendes Aufeinandertreffen von Künstlern unterschiedlichster Couleur, die die Avantgarde gerne auch hinterfragen und ironisch brechen.

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