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Beuys - Trailer und Kritik zum Film

Als wäre er noch unter uns - breites Lachen, stechender Blick, der Filzhut, Anglerweste, Fettecken und bizarre Performances mit totem Hasen. Seit gut 30 Jahren ist Joseph Beuys tot, seine Kunst droht in Museen zu verstauben. Andres Veiel hat den Universalkünstler nun aber mit dem außergewöhnlichen Filmporträt "Beuys" in die Gegenwart zurückkatapultiert.

Bei der Berlinale ging Veiels Künstler-Doku im Februar zwar leer aus. Allein, dass es sein Beuys-Film in den Wettbewerb schaffte, zeugt aber auch von der andauernden Aktualität des Kunst- und Medienstars der 60er- und 70er-Jahre. Veiel beweist, dass Beuys eben nicht ins Museum gehört, sondern gesehen und vor allem gehört werden muss. Nur dann ist die immense Bedeutung des Erfinders der Fettecke und Begründers der “sozialen Plastik” für die moderne Kunst zu verstehen.

Mehr als 300 Stunden Bewegtbilder und 150 Stunden Audiomaterial sichtete Veiel monatelang für sein grandioses 100-Minuten-Porträt. Tausende Schwarz-Weiß-Fotos mit Beuys wurden so rasant und virtuos von den Cuttern Stephan Krumbiegel und Olaf Voigtländer montiert, dass daraus eine quicklebendige Filmcollage wird. Und gerade weil die Originalfilmbänder nicht digitalisiert und bearbeitet wurden, wirken sie so authentisch. Gedränge herrschte, wenn Beuys sich öffentlich mit Wasser übergießen ließ oder in einer Galerie mit goldüberzogenem Kopf einem toten Hasen Bilder zeigte. Kameras umlagerten Beuys, ständig läutete sein Telefon Zuhause, immer stand er im Blitzlichtgewitter, sogar Andy Warhol ließ er warten. Beuys war ein Medienstar der analogen Zeit, über den schon damals ein “Shitstorm” – in Form von Beleidigungen am Telefon – hereinbrach.

Beuys – Handlung und Kritik

Veiel spart an Zeitzeugeninterviews, er lässt Beuys sprechen. “Der alte Kunstbegriff ist für mich so erweitert, dass davon nichts übrig bleibt. Er ist so erweitert, dass jede normale Situation Kunst ist” – das sind berühmte Provokationen. Für Beuys war jeder Mensch ein Künstler, deshalb nahm er 400 Studenten in seiner Düsseldorfer Akademie-Klasse auf. Der damalige NRW-Wissenschaftsminister Johannes Rau feuerte ihn. Beuys besetzte mit seinen Anhängern die ehrwürdige Akademie. Er provozierte, er war radikal. Vor der Düsseldorfer Society hielt er eine “Räusper”-Rede, ohne ein einziges Wort zu sagen. Niemand wagte zu lachen.

Beuys war auch ein hart arbeitender Mensch, der sich für seine Ideen verschliss. Dabei bleibt der Film immer kritisch. Auch die heldenhafte Selbststilisierung als über der Krim abgeschossener Wehrmachtssoldat, die Beuys mit der frei erfundenen Legende seiner Rettung durch Krim-Tataren betrieb, gehört zu den vielen Facetten des schillernden Kunstprovokateurs. Schon zu Lebzeiten Beuys’ kamen Zweifel an dieser Version auf. “Ist das wahr?”, fragten ihn auch amerikanische Interviewer. “Wahr ist der Krieg”, sagte Beuys auf Englisch.

Beuys wurde Gründungsmitglied der Grünen (“Man muss die Macht des Geldes brechen”). Doch die junge Bewegung ließ den in seiner Beharrlichkeit und rastlosen Kreativität so anstrengenden Künstler Anfang der 80er Jahre fallen. Einsam und dünnhäutig sei Beuys am Ende seines Lebens geworden, sagen seine Freunde. Leere Rhetorik und Sensationsgier werfen ihm Kritiker vor. Bilder zeigen Beuys müde, mit eingefallenen Wangen. Das Ende des Films bestimmen aber Bilder der 7.000 Eichen, die Beuys für die documenta in Kassel pflanzte. Die Saat des radikalsten Künstlers geht auf. Und es bleibt der Eindruck: Die Ideen von Beuys sind lebendig wie nie zuvor.

>> Alle Filmstartzeiten zu “Beuys”

(APA)

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