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BP-Neuwahl: Reaktionen aus Österreich auf die VfGH-Entscheidung

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Freitag bei der Pressekonferenz zum VfGH-Entscheid
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Freitag bei der Pressekonferenz zum VfGH-Entscheid ©APA/BKA/CHRISTOPHER DUNKER
Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, dass die Stichwahl des Hofburg-Wahl wiederholt werden muss, ließen am Freitag die Reaktionen aus der österreichischen Politik nicht lange auf sich warten.
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FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache hat die Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl nicht für einen öffentlichen Triumph genutzt. “Es gibt keinen Grund zum Jubeln”, sagte er am Freitag bei einer Pressekonferenz. Stattdessen sieht er im Urteil der Verfassungsrichter einen Gewinn für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Generalsekretär Herbert Kickl sieht sich für den Wahlkampf gewappnet.

Strache lobte den Verfassungsgerichtshof (VfGH), dieser habe die Beschwerde der Freiheitlichen schnell, umsichtig und transparent behandelt. Die Richter seien ihrer Verpflichtung nachgekommen, massive gesetzliche Verfehlungen, aber auch Unregelmäßigkeiten aufzuzeigen, die eine Manipulation möglich gemacht hätten. Mit dem Urteil sei das Vertrauen der Österreicher in den Rechtsstaat sichergestellt worden. Das öffentliche und transparente Verfahren sei zudem “ein sehr positiver, auch neuer Zugang” des Verfassungsgerichtshofes gewesen.

Für den durch die Neuaustragung der Stichwahl anstehenden Wahlkampf zwischen dem zuerst unterlegenen freiheitlichen Kandidaten Norbert Hofer und dem Grünen Alexander Van der Bellen sieht sich Kickl gerüstet. “Ja, natürlich sind wir darauf vorbereitet”, meinte der Generalsekretär und Wahlkampfleiter – “personell, organisatorisch und natürlich auch finanziell”. Dennoch wolle man die Bevölkerung weder mit einem Dauerwahlkampf, noch mit einer Materialschlacht plagen. Kickl: “Wir haben jetzt besseres zu tun, als Steuergeld sinnlos hinauszupulvern.”

BP-Neuwahl: Van der Bellen zeigt sich zuversichtlich

Alexander Van der Bellen hat sich am Freitag zuversichtlich gezeigt, bei der zweiten Bundespräsidenten-Stichwahl im Herbst noch einmal als Sieger hervorzugehen. “Um allen Spekulationen vorzubeugen: Natürlich stelle ich mich der Wiederholung dieser Stichwahl und ich beabsichtige auch, diese zum zweiten Mal zu gewinnen”, sagte er in einer Pressekonferenz am Freitag.

Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) sei zu respektieren, so der Präsidentschaftskandidat. “Der 22. Mai (Datum der nun gekippten ersten Stichwahl, Anm.) ist Geschichte, aber Ende September werden wir das wiederholen”, versprühte der Ex-Bundessprecher der Grünen Optimismus. Etwaigen Rückwind für FPÖ-Kandidat Norbert Hofer infolge des heutigen VfGH-Entscheids sieht Van der Bellen nicht.

Kanzler Kern über das VfGH-Urteil

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat in einem Statement nach der Bekanntgabe der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs betont, dass das Ergebnis zur Kenntnis zu nehmen sei. “Ich möchte betonen, dass dieses Urteil kein Anlass zu Emotionen sein soll”, sagte er Freitagmittag im Bundeskanzleramt.

Kern bedankte sich bei den Verfassungsgerichtshof-Richtern, die in “rascher, objektiver und transparenter Weise” ein Urteil gesprochen hätten. “Es darf in einer Demokratie keine Zweifel an der Richtigkeit einer Wahl geben.” Kern hob drei Aspekte der Entscheidung hervor, nämlich dass die Aufhebung der Wahl nicht wegen Manipulationen, sondern wegen Formfehlern geschehen sei, dass die Briefwahl nicht als verfassungswidrig beurteilt wurde und dass den Wahlbeisitzern keine Schuld zukomme. “Ich bin überzeugt, wir brauchen diese Menschen, die sich in einer Demokratie engagieren”, sagte Kern.

Die Entscheidung solle kein Anlass für Emotionen und Vorhaltungen sein. Kern wünscht sich eine zügige Umsetzung der Wahlwiederholung sowie “einen kurzen Wahlkampf, der nicht von Emotionen getragen ist”. Der Kanzler rief die Bürger Österreichs dazu auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, “auch wenn da und dort ein bisschen eine Wahlmüdigkeit herrschen mag”.

Kein Vorwurf an die FPÖ

Der FPÖ wollte Kern nicht den Vorwurf eines “Fouls” machen: “Ich bin der Meinung, dass es ein gutes Recht der FPÖ, dem unterlegenen Kandidaten, ist, seine Bedenken zu äußern.” Dies müsse in einem Rechtsstaat möglich sein. Eine kurzfristige Folge der Wahlaufhebung müsse es sein, die an der Abwicklung Beteiligten für die Wahlwiederholung “minutiös zu instruieren”, sagte Kern. “Mittelfristig müssen wir uns im österreichischen Parlament mit der Frage beschäftigen, ob wir das Wahlrecht in der ein oder anderen Form weiterzuentwickeln haben.”

Die Ereignisse seien zwar “keine Erfreulichkeiten”, er würde den Imageschaden für Österreich aber nicht überbewerten wollen. Angesprochen auf die Gefahr einer gesellschaftlichen Spaltung, die sich durch die Wiederholung der Stichwahl noch verstärken könne, meinte Kern: “Jedes andere Urteil wäre wahrscheinlich ein wesentlich größeres Problem gewesen.”

Mitterlehner für rasche Festlegung von Wahltermin

Die Regierung werde sich für eine rasche Festlegung des Termins für die Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl einsetzen. Das sagte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Freitag vor Journalisten in Wien. Die Wahl könnte im September oder Oktober stattfinden.Das Erkenntnis habe gezeigt, dass der Rechtsstaat funktioniert, aber auch dass ein Kulturwandel im Umgang mit Vorschriften notwendig sei. Er wünsche sich einen “fairen Umgang mit der Problematik” und kritisierte den durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) ans Licht gekommenen “saloppen Umgang mit Vorschriften”. Mitterlehner sieht darin einen Ausdruck der österreichischen Mentalität nach dem Motto “Irgendwer wird das schon organisieren”.

Der Vizekanzler erwartet, dass Experten nun Vorschläge erarbeiten, wie man das System effizienter gestalten kann. “Ein salopper oder fehlerhafter Umgang mit Vorschriften ist nicht zu dulden”, hielt Mittlerlehner fest. Bei Verstößen seien allenfalls Sanktionen anzudenken.

Urteil für Häupl “wie eine Schiedsrichterentscheidung”

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hat umgehend auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) über die Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl reagiert. “Das Urteil des Verfassungsgerichtshofes ist wie eine Schiedsrichterentscheidung und daher zu akzeptieren, auch wenn dabei Schlamperei und nicht Wahlbetrug der Vorwurf ist”, hielt er fest.In einem der APA übermittelten, schriftlichen Statement blickte der Stadtchef auch in die nahe Zukunft: “Das bedeutet für alle, noch einmal Wählen im Herbst. Und erneut die richtige Entscheidung treffen.”

Van der Bellens Wahlkampfmanager siegessicher

Das Team von Alexander Van der Bellen hat am Freitag kurz nach der Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl den dritten Wahlkampf ausgerufen. Man werde “wieder eine große, österreichweite Bürgerwahlbewegung auf die Beine stellen” und “ein zweites Mal gewinnen”, so Wahlkampfmanager Lothar Lockl. Schuld an der Aufhebung hätten jene Bezirkswahlleiter, die Ungereimtheiten zuließen.”Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, das Erkenntnis der Höchstrichter ist zu respektieren”, so Lockl, der sogleich um Unterstützung für Van der Bellen warb. “Alle, die wollen, dass der nächste Bundespräsident der Republik Österreich Van der Bellen heißt, bitte ich bereits heute: Beteiligen Sie sich an unserer Bürgerbewegung und gehen Sie jedenfalls wählen.” Allerdings seien viele Bürger “verärgert, weil sie erneut zu den Urnen gerufen werden”. Die Schuld daran sieht er bei “einigen Bezirkswahlleitern”, die “nicht in der Lage waren, das Wahlgesetz ordnungsgemäß zu vollziehen”.

Glawischnig: “VfGH-Erkenntnis ist zu akzeptieren”

Grünen-Chefin Eva Glawischnig betonte ebenfalls, das VfGH-Erkenntnis sei “zu akzeptieren”: “Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist das Fundament unserer Demokratie.” Das Wahlergebnis aber habe dem Wählerwillen entsprochen – “eine Mehrheit hat Alexander Van der Bellen zum Bundespräsidenten gewählt”, hielt sie fest. Auch sie sieht die Schuldigen in den Bezirksbehörden: “Einige Wahlleiter in wenigen Bezirken tragen durch ihren schlampigen Vollzug die volle Verantwortung für die Wiederholung der Stichwahl.”

Reaktionen von NEOS  und Team Stronach

Die NEOS und das Team Stronach fordern nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs zur Wahlanfechtung Änderungen im Wahlrecht. NEOS-Chef Matthias Strolz verlangt etwa die rasche Einsetzung einer “All-Parteien-Reformgruppe” im Parlament, wie er am Freitag in einer Aussendung wissen ließ. Robert Lugar, Klubobmann des Team Stronach, rief dazu auf, die Briefwahl zu überdenken.

“Wir nehmen die Entscheidung des Verfassungsgerichtshof mit Respekt zur Kenntnis”, meinte Strolz in einer ersten Stellungnahme. Die Aufhebung der Wahl sei die einzig richtige Konsequenz, “um das Vertrauen der Bürger in unsere Demokratie wieder herzustellen”. Für die NEOS ist “jedenfalls für alle sichtbar der Zeitpunkt gekommen, über den dringenden Handlungsbedarf im Bereich des Wahlrechts zu sprechen”, meinte Strolz weiter. Es brauche etwa eine zentrale, digitale Wählerevidenz. Auch die Anforderungen an Wahlbehörden und Wahlbeisitzer müssten neu und klar definiert werden.

“Mit seiner Entscheidung hat der Verfassungsgerichtshof sichergestellt, dass das Wahlergebnis klar und ohne jeglichen Zweifel ermittelt werden muss”, ortete Lugar in der Erkenntnis auch ein Bekenntnis zur funktionierenden Demokratie. “Pannen und Schlampereien, wie sie bei der Stichwahl passiert sind, dürfen in unserem Land nie wieder vorkommen – dafür hat auch die Politik zu sorgen und die Briefwahl neu zu überdenken”, meinte der Klubchef des Team Stronach weiter.

Bures, Kopf und Hofer übernehmen

Das Nationalratspräsidium mit Präsidentin Doris Bures (SPÖ), Karlheinz Kopf (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) hat am Freitag in einer gemeinsamen Pressekonferenz betont, die interimistische Übertragung der Geschäfte des Bundespräsidenten gewissenhaft auszuüben. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes sei “in jedem Fall zu akzeptieren”, sagte Bures.Bures setzte sich nach der Aufhebung durch den VfGH für einen raschen Termin für die Wiederholung der Stichwahl ein. Als erstes sei die Regierung am Zug. Danach werde das Parlament “unverzüglich” einen Hauptausschuss einberufen. Das wäre vom Zeitplan her schon nächste Woche möglich. Bures appellierte, in den nächsten Wochen besonnen an die Sache heranzugehen. “Unsere Demokratie lebt vom Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit.” Sie warnte davor, dieses Vertrauen aufs Spiel zu setzen.

Schönborn warnt vor “Triumph oder Zorn”

Kardinal Christoph Schönborn hat am Freitag davor gewarnt, “mit Triumph oder im Zorn” erneut an die Urnen zu schreiten. “Wir müssen dankbar sein, dass wir in Österreich freie und geheime Wahlen haben – und Höchstrichter, die dieses Wahlrecht schützen”, erklärte er der Kathpress.Die Verhandlung der Anfechtung der BP-Stichwahl durch den Verfassungsgerichtshof sei “ein kräftiges Lebenszeichen unserer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit”, so Schönborn weiter. Die erneute Ausübung des Wahlrechts solle daher “im dankbaren Bewusstsein, dass unsere Freiheit auf starke und belastbare Fundamente gebaut ist”, geschehen.

Fischer: “Demokratie hat Bewährungsprobe bestanden”

Bundespräsident Heinz Fischer hat mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), die BP-Stichwahl zu kippen, kein Problem. Heute sei ein “sehr wichtiger Tag, weil die österreichische Demokratie eine Bewährungsprobe bestanden hat”, sagte das Staatsoberhaupt in einem ersten Medienstatement am Freitag. Das Wahlrecht gehöre allerdings “modernisiert”.”Es waren schmerzvolle Tage und Wochen, aber sie haben mit einer eindeutigen Klarstellung geendet”, so Fischer. Der VfGH habe eine “unglaublich schwierige Aufgabe” gehabt, diese aber so gelöst, “dass ich als Bundespräsident stolz bin”, lobte er die Höchstrichter. Die Nicht-Einhaltung von Vorschriften sei in souveräner Weise analysiert und bereinigt worden. Dass das Vertrauen der Österreicher in Wahlen per se Schaden genommen habe, glaubt er nicht: “Meine Hoffnung ist, dass die Bevölkerung sagt: Da ist gepatzt worden und das ist souverän repariert worden.”

Fischer-Appell auf Wahlrechtsänderung

Durch den VfGH seien Fehler aufgezeigt worden – “und ich kann mir nicht vorstellen, dass der folgende Wahlgang nicht auf die genaueste und penibelste Weise durchgeführt wird”. Fischer appellierte allerdings – nicht zuletzt mit dem Hinweis auf Unregelmäßigkeiten bei den Briefwahlstimmen -, das Wahlrecht zu ändern. Nach der Wiederholung der Stichwahl, die er “ohne unnötige Verzögerungen”, also im September oder spätestens Oktober durchgeführt wissen will, müsse man das in Ruhe beraten und wenn möglich einstimmig durchführen. Hier müsse man “manches korrigieren”. Damit werde auch die Grundlage für das Vertrauen der Bevölkerung in die weiteren Urnengänge geschaffen.

Von den Stichwahlkandidaten Alexander Van der Bellen (Grüne) und Norbert Hofer (FPÖ) erhofft sich Fischer, der am 8. Juli planmäßig aus dem Amt scheidet und dessen Agenden bis zur Angelobung seines Nachfolgers interimistisch vom Nationalratspräsidium übernommen werden, einen fairen zweiten Wahlkampf. Denn die Chancen auf viele Stimmen würden sich für beide nicht vergrößern, wenn besonders grob und hart formuliert würde. Und auch zeitlich wünscht sich das Staatsoberhaupt eine nicht allzu ausufernde Auseinandersetzung: “Ich hoffe auf einen kurzen, mit einer Sommerpause vereinbaren Wettstreit der Ideen.”

>>VfGH-Entscheidung zur Wahlanfechtung: Urteil steht fest

(apa/red)

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