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Brände in Wien forderten 2017 bereits 16 Todesopfer

In Wien sind 2017 bereits 16 Menschen durch Feuer oder Rauchgas ums Leben gekommen
In Wien sind 2017 bereits 16 Menschen durch Feuer oder Rauchgas ums Leben gekommen ©APA/ERWIN SCHERIAU
Jedes Jahr sterben in Wien 15 bis 20 Menschen an Bränden, heuer sind bereits 16 Menschen den Flammen zum Opfer gefallen. Am Ort des Geschehens sind dabei - neben der Feuerwehr - auch immer die Brandermittlungsgruppe des Landeskriminalamts tätig. Die Gruppe aus 17 Männern und einer Frau bearbeitet jährlich bis zu 1.500 Fälle.

“Bei uns fängt jede Geschichte mit Dreck an”, schilderte der Armin Ortner von der Brandermittlungsgruppe am Mittwoch. Der 58-Jährige kommt dann, wenn die Feuerwehr mit ihrer Arbeit fertig ist. Dann beginnt die Spurensuche, “die findet im Dreck statt”. Zunächst gilt es herauszufinden, wie ein Feuer entstanden ist, und wenn strafrechtlich relevantes Verhalten dafür verantwortlich ist, den oder die Täter auszuforschen. “Dafür brauchen wir häufig auch noch Atemschutzmasken”, sagte Ortner.

Kombination mit Alkohol sorgt für die meisten Toten

Im Schnitt sterben in Wien jedes Jahr 15 bis 20 Menschen bei Bränden. “Wir gehen zunächst immer von Fremdverschulden aus. Auch wird jedes Brandopfer obduziert”, erzählte Ortner. Denn: “Ein Brand eignet sich super, um Spuren zu vernichten”. Die klassische Ursache von Bränden mit Toten: “Die Kombination Alkohol mit Zigaretten, gefolgt von Alkohol mit Kochen”. Die zweitgenannten Fälle umfassen jene Brandtoten, die in der Nacht alkoholisiert nach Hause kommen, Hunger haben, zu kochen beginnen und dann einschlafen. Diese beiden Alkohol-Verbindungen machen “drei Viertel der Brandtoten aus”.

“Von 15 Brandtoten sterben zehn an Rauchgasen”, sagte Ortner. Deswegen sei es besonders wichtig, beim Verlassen einer brennenden Wohnung die Tür zu verschließen, damit das Stiegenhaus möglichst lange unverraucht bleibt. “Rauch ist sehr tückisch, bereits nach wenigen Atemzügen wird man bewusstlos”, erklärte Ortner. Der 58-Jährige erinnerte sich in diesem Zusammenhang an die “sinnlosesten Toten” in seiner Karriere. Vor zehn Jahren starben bei einem Brand in der Donaustadt eine 32-jährige Mutter eines sieben Monate alten Babys und der 37-jährige Onkel, Vater und Baby konnten reanimiert werden. Der Brand war in einer Wohnung im zweiten Stock ausgebrochen. Die Familie befand sich im siebenten Stock, sie versuchte, durch das Stiegenhaus zu flüchten. Die Rauchentwicklung im Stiegenhaus war zu diesem Zeitpunkt aber schon zu stark.

Rauchwarnmelder wären “eine sehr sinnvolle Geschichte”

In Kärnten müssen seit 2013 in allen Wohnräumen – mit Ausnahme der Küche – Rauchwarnmelder montiert sein. Die Zahl der Brandtoten ist seither rückläufig. Diese Verpflichtung wäre auch im Rest Österreichs “eine sehr sinnvolle Geschichte”. Ortner selbst hat in seinen Wohnräumen selbstverständlich Rauchwarnmelder installiert. Der Experte warnte auch vor “billigen Mehrfachsteckdosen aus chinesischer Produktion”. Verschmutzen diese, kommt es zu Kontakterwärmungen, “das ist eine vorprogrammierte Brandursache, davon kann jeder betroffen sein, denn wer hat keine Verteiler daheim?”, fragte Ortner.

In Summe sei “Brandermittlung ein komplexes Thema, dafür ist eine gute Ausbildung und Erfahrung nötig”, sagte Ortner. Brandstiftung, vom Chefinspektor als “thermische Sanierung” bezeichnet, machen rund zwei Drittel der Ermittlungsfälle aus. Der Rest verteilt sich auf Fahrlässigkeit und auch technische Ursachen. Die Motive der Täter seien vielfältig, “von Zündlern über Betrüger und Racheakte ist alles möglich”. Zu ihrer Ausforschung steht den Brandermittlern das “ganze polizeiliche Spektrum zur Verfügung, etwa auch Observation oder Telefonüberwachung”, schilderte Ortner.

In Wien gibt es auch kuriose Brand-Fälle

Immer wieder müssen Ortner und seine Mitarbeiter auch kuriose Fälle bearbeiten. Im November klärten sie die Brandstiftung in der Marx-Halle in Landstraße. Das Feuer war am 10. September ausgebrochen, weil zwei 19-Jährige nach Cannabiskonsum in dem Veranstaltungszentrum zum Geisterbeschwören Fackeln entzündet hatten. Eine dieser Gartenfackeln fiel auf ein Sofa, was einen Großbrand auslöste und einen Schaden im Millionenbereich verursachte. “Diese Auswirkung ist für eine Blödheit gravierend”, konstatierte Ortner.

Seit 1991 war Ortner bei jedem Großfeuer in Wien dabei. Das “vielseitige Geschäft der Brandermittlung” begeistert ihn nach wie vor. “Es ist weder vom Klientel noch von der Materie her fad”, sagte der 58-Jährige. Natürlich werde man in dem Job auch “ein bisschen paranoid”. So hat Ortner beispielsweise keine Kerzen mehr am Christbaum, sondern eine Lichterkette.

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