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Gisingen: Reh von Hunden attackiert und grausam in den Tod gehetzt?

Getötetes Wild sorgt für Empörung.
Getötetes Wild sorgt für Empörung. ©Facebook
Ein totes Reh sorgt derzeit in Gisingen für emotionale Diskussionen: Laut Jägerschaft wurde das Tier von Hunden gehetzt, gebissen und starb anschließend qualvoll. Anderslautenden Aussagen zufolge habe sich das Tier verirrt, und sich dann in einem Zaun verheddert.

Ein Vorfall, der sich bereits am 3. September ereignete, lässt derzeit die Emotionen in Gisingen hochkochen. Grund ist ein Facebook-Post auf der Seite der Hundefreunde Feldkirch. In dem Post wird berichtet, dass ein Reh in einer von der Stadt Feldkirch erbauten Gassizone gestorben sei (Anm. Red.: Im Facebook-Post heißt es irrtümlicherweise, der Vorfall habe sich in Brederis ereignet). Das Reh habe sich demnach in die Gassizone verirrt, und habe den Ausgang nicht mehr gefunden. Bei dem Versuch, unter dem Zaun hindurchzukriechen, sei es hängengeblieben. Eine hinzukommende Zeugin habe versucht, das Reh zu befreien – doch unmittelbar danach sei es gestorben. “Der Jäger vor Ort meinte, es wäre ein stundenlanger Kampf gewesen. Kein Biss und keine anderen Verletzungen! Der Jäger gibt die Schuld den Hunden, nicht dem Zaun!”, lautet es in dem Posting weiter.

“Reh wies zahlreiche Bissverletzungen auf”

VOL.AT hat bei Robert Ess, seines Zeichens Obmann der Agrargemeinschaft Altenstadt und Jagdschutzorgan Gisinger Au nachgefragt, wie er sich den tragischen Vorfall erklärt, ob bei der Errichtung des Zaunes möglicherweise Fehler geschehen sind – und woran aus seiner Sicht das Reh tatsächlich verendete.

VOL.AT: Herr Ess, erläutern Sie bitte, um welche Art Zaun es sich handelte? Zu welchem Zweck wurde er errichtet?

Gemeindereporter/Köck
Gemeindereporter/Köck ©Gemeindereporter/Köck
Robert Ess:
Aufgrund von in den letzten Jahren vermehrt auftretenden Zwischenfällen mit Hunden hat die Stadt Feldkirch nach Lösungen für ein konfliktfreies Miteinander von Hundebesitzern und anderen Erholungssuchenden gesucht. Diesbezüglich wurden Workshops mit betroffenen abgehalten und Sachverständige geladen. Auch wir als Grundeigentümerin und ich persönlich als Jagdschutzorgan waren als Teil dieses Workshops geladen.

Ein Resultat dieser Workshops waren die Errichtung dieser Freilaufzonen (Gassizonen), in denen es den Hunden ermöglicht werden soll, sich ohne Leine zu lösen (abzukoten). Dies soll in einem für den Halter einsichtbaren und eingefriedeten Ort erfolgen, um die Hinterlassenschaft seines vierbeinigen Gefährten auch aufnehmen zu können und dem Hund einen ungezwungenen Auslauf zu gewähren.

Die Bauart des Zaunes ist bewusst sehr einfach gewählt. Es handelt sich um einen Pfostenzaun mit Knotengeflecht. Diese Bauart verwenden wir für unsere Wildschutzzäune seit Jahrzehnten mit besten Erfahrungen.

Wie genau kam es zu dem Vorfall, ist es denkbar, dass Wildtiere in den Zaun gelangen – aber den Weg heraus nicht mehr finden?

Robert Ess: Aufgrund der Geruchsbelastung im Zaun durch die ständig anwesenden Hunde ist es undenkbar, dass ein Reh freiwillig einen Ort aufsucht, an dem es überall nach Tod und Gefahr riecht. Solange das Reh nicht bedrängt wird, findet es ohne weiteres wieder aus einem solchen Zaun heraus.

Wie konnte das Reh unter den Zaun gelangen? Ist es möglich, dass weitere Wildtiere in den Zaun gelangen? Wurden bereits Vorsorgemaßnahmen getroffen, damit sich ein solcher Vorfall nicht wiederholen kann?

Robert Ess: Bei meinem Eintreffen war das Reh nicht unter dem Zaun sondern von Anwesenden bereits befreit worden, da es sich zuvor mit dem Haupt (Kopf) im Zaun verfangen hatte. Selbstverständlich ist es theoretisch möglich, dass Wildtiere in den Zaun gelangen. Aufgrund der zuvor bereits beschriebenen Geruchsbelastung aber sehr unwahrscheinlich. Diese Zäune wurden bereits im Jänner 2017 errichtet und wir hatten diesbezüglich bislang keine Zwischenfälle festgestellt. Vorsorgemaßnahmen waren daher nicht erforderlich, zumal wir aus der Verwendung als Forstschutzzaun über Jahrzehnte positive Erfahrung hatten.

Wer war für die Errichtung des Zauns zuständig? Wer hat die Errichtung beauftragt? Wer hat die sachgemäße Ausführung überprüft? Wer erteilte die Genehmigung?

Robert Ess: Den Auftrag zur Errichtung erteilte die Stadt Feldkirch an die Agrargemeinschaft Altenstadt. Die Ausführung wurde im Konsens als Teil des Workshops gestaltet. Nach Errichtung fanden mehrere Lokalaugenscheine mit Vertretern der Stadt Feldkirch, Agrargemeinschaft Altenstadt, Vertretern der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch und Vertretern von anerkannten Hundetrainern statt. Im Behördenverfahren der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch wurden diese Gassizonen genehmigt.

Wie stellt sich der Vorfall aus ihrer Sicht dar? “Kein Biss, keine Verletzungen” heißt es in dem Post

Robert Ess: Als zuständiges Jagdschutzorgan wurde ich von der PI Feldkirch von dem Vorfall verständigt. Bei meinem Eintreffen war das Reh trotz der Befreiung durch die Anwesenden gerade verendet. Ich habe den Leuten vor Ort erklärt, dass Rehe nicht freiwillig in Zäune rennen sondern nur wenn sie gehetzt werden. Wenn sie jedoch panikartig flüchten müssen erfolgt dies unkontrolliert und führt immer wieder zu Unfällen – beispielsweise mit Fahrzeugen – in diesem Falle mit dem Zaun.

Um die Todesursache bei verendet aufgefundenem Wild festzustellen, ist es üblich die Stücke wegzuschaffen und aus der Decke zu schlagen (abzuhäuten) um allfällige Ursachen für den Tod zu ergründen. In diesem Fall stieß ich nach aufschärfen der Bauchdecke auf zahlreiche Bissverletzungen die von außen nicht sichtbar waren. Somit stand der Grund des Ablebens für mich klar mit den vielfachen Verletzungen durch Hundebisse und damit auch der bereits vermuteten panikartigen Flucht in Zusammenhang.

Hundebisse sind insoweit leicht zu erkennen, da sie im Unterschied zu anderen Prädatoren (Luchs, Wolf,..) immer großflächige Hämatome und viele Einbissstellen in die Weichteile zeigen.
Wir stellen in den vergangenen Jahren eine eklatante Zunahme von Biss Verletzungen an Rehen fest, die jedoch nicht immer unmittelbar zum Tod führen. Am meisten gefährdet sind wie in diesem Fall Rehgeissen, die entweder versuchen den Feind von ihren Kitzen abzulenken oder gegen Ende der Trächtigkeit so schwer sind, dass sie nur langsam fliehen können.

Vorfälle wie diese haben immer wieder für großen Unmut gesorgt. Weiters wurden diese Vorfälle immer wieder bei der Stadt Feldkirch deponiert. Der Kommandant der Stadtpolizei Peter Lins führt einen dicken Akt über Vorkommnisse mit frei laufenden Hunden, nicht nur in Bezug auf die Jagd.

Insgesamt ist anzumerken, dass die Vertreter der Stadt Feldkirch insbesondere Stadtrat Wolfgang Matt und Peter Lins sehr bemüht und lösungsorientiert über viele Monate mit dieser Problematik beschäftigt waren und sehr viel Zeit und Mühe investierten um eine Lösung mit allen betroffenen Naturnutzern zu finden. Das sind auch Radfahrer, Jogger, Fischer… alle Personen die in der freien Natur Erholung suchen und nicht von frei laufenden Hunden belästigt werden möchten. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für das couragierte Auftreten der politischen Vertreter der Stadt Feldkirch.

Wie man daraus erkennen kann, versuchen hier einige Personen ihren Unmut über den verordneten Leinenzwang mit diesem Vorfall in Zusammenhang zu bringen. Es ist aber genau umgekehrt: Der Leinenzwang ist auch ein wichtiger Beitrag zum Schutz der wild lebenden Tiere. Dies sind nicht nur Rehe sondern beispielsweise auch am Boden brütende Vögel wie Kiebitz, Wachtelkönig,.. oder auch Hasen!

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