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Brutaler Raubüberfall mit Schüssen auf Geldboten in Wiener Wettbüro: Prozess

Beim Prozess in Wien
Beim Prozess in Wien ©APA
Am Wiener Straflandesgericht hat am Dienstag unter Hochspannung der Prozess gegen einen 27-jährigen Serben begonnen, der laut Anklage im Juli 2012 einen überaus brutalen Raubüberfall auf ein Wettbüro in Margareten begangen haben soll.
Beim Prozess in Wien
Beginn des Prozesses
Opfer in Lebensgefahr
Mitarbeiter mehrfach getroffen
Der Überfall in Margareten
Bilder vom Tatort

Während das Opfer bei dem Überfall auf ein Wettbüro der Kette “Wettpunkt”, ein Geldbote, von mehreren Schüssen getroffen worden war und die Tat nur knapp überlebte, ließ die Verteidigung beim Prozess in Wien mit einer Überraschung aufwarten: Der Beschuldigte sei am Überfall gar nicht beteiligt gewesen, es gebe dafür auch keinerlei Beweise.

So verlief der Überfall laut Anklage

Der Anklage zufolge hat der 27-Jährige – der Serbe war mehrfach wegen Drogenhandels, Kfz-Diebstahls und Raubüberfällen vor Gericht gestanden – in den frühen Morgenstunden des 17. Juli 2012 gemeinsam mit zwei Komplizen ein Wettbüro in der Reinprechtsdorfer Straße in Wien-Margareten überfallen.

Die drei sollen beobachtet haben, wie der Wettbüro-Angestellte mit dem Geldboten die Automaten leerte und dann zugeschlagen haben.

Geldbote brutal beraubt – schwere Folgen

Um 5.50 Uhr stürmten die Täter, so die Staatsanwaltschaft, das Lokal, bedrohten den Wettbüro-Bediensteten mit einer Schusswaffe, schlugen den Geldboten nieder und entrissen ihm eine mit rund 60.000 Euro gefüllten Tasche. Als sich der Mann zur Wehr setzte, streckte ihn einer der drei Räuber mit vier Schüssen nieder, wobei eine Kugel am Rücken wieder austrat. Anschließend flüchteten die Täter samt Beute.

Der Geldbote überlebte nur knapp und hat laut seinem Anwalt heute sowohl psychisch als auch physisch schwer unter den Folgen zu leiden. Er befindet sich in psychotherapeutischer Behandlung, wird wahrscheinlich nie wieder arbeiten können, lebt in permanenter Angst samt Panikattacken und fordert 100.000 Euro Schmerzengeld.

“Der Angeklagte war gar nicht dabei”

Auch Verteidiger Elmar Kresbach attestierte dem Raub, an dem es “nichts zu rütteln” gebe, große Brutalität. Doch: “Der Angeklagte war gar nicht dabei.” Es seien am Tatort weder eine Waffe, noch Fingerabdrücke oder sonstige Spuren gefunden worden. Einziger Beweis dafür, dass sich der 27-Jährige in der Nähe von dem Wettbüro aufgehalten habe, seien zwei Zigarettenstummeln, die in einem angrenzenden Park gefunden worden waren.

Vor dem Schwurgericht unter dem Vorsitz von Richterin Martina Krainz zeigte sich der Serbe geständig – allerdings nur zur Urkundenfälschung. Da er wegen seiner kriminellen Vorgeschichte nicht aus seinem Heimatland ausreisen durfte, beschaffte sich der Angeklagte falsche Reisedokumente, um nach Österreich zu gelangen. “Ausschließlich zum Arbeiten”, wie der 27-Jährige beteuerte.

Augenzeuge sagte über Wettbüro-Raub aus

Der Prozess rund um einen brutalen Raubüberfall auf ein Wettbüro hat am Dienstag am Wiener Straflandesgericht auch im weiteren Verlauf nichts an Spannung eingebüßt. Nach der Einvernahme des Angeklagten kamen nicht nur die beiden Opfer zu Wort, sondern auch ein Augenzeuge, der drei Männer – zwei davon mit Staubmasken – kurz vor dem Überfall des Wettlokals beobachtet haben will. Der 27-jährige Beschuldigte soll einer davon gewesen sein.

Vier Schüsse bei Raub in Margareten

Zunächst kam der 50-jährige Mesut T. in den Gerichtssaal. Der ehemalige Geldbote wurde am 17. Juli 2012 von vier Schüssen aus nächster Nähe getroffen, wovon ihn eine Kugel komplett durchbohrte. “Mir geht es gar nicht gut”, so T. fast eineinhalb Jahre nach dem Vorfall.

“Ich habe Schatten durch die Glastüre gesehen, wollte aber niemanden reinlassen, also habe ich mich gegen die Türe gelehnt.” Doch da kassierte er schon den ersten Faustschlag, ging zu Boden, feuerte noch einen Warnschuss ab – “an mehr erinnere ich mich nicht mehr”.

Opfer erkannte Angeklagten nicht

Wiedererkannt hat der 50-Jährige den Beschuldigten ebenso wenig wie sein gleichaltriger Kollege, dem man eine Pistole ins Genick und ihn damit zu Boden drückte. “Ich habe nur gehört, nichts gesehen.” Mesut T. wurden eine Niere sowie Teile des Darms entfernt. Er hat Probleme beim Gehen, permanente Rückenschmerzen und leidet unter massiven Angstzuständen. 14 Monate war er im Krankenstand, jetzt kann er wieder leichte Arbeiten für die Wettfirma verrichten. Der angeklagte Serbe saß nicht einmal zwei Meter von ihm entfernt: “Ich habe den Mann noch nie gesehen.”

Kein wirklicher Beweis

Definitiv etwas gesehen hat hingegen ein 59-jähriger Anrainer. Der Frühaufsteher will kurz vor 6.00 Uhr von seinem Balkon im vierten Stock aus drei Männer beobachtet haben, die wiederum das Wettbüro im Auge hatten. “Zwei haben eine Staubmaske getragen, ich dachte mir zuerst, das sind Arbeiter.” Den 27-jährigen auf der Anklagebank machte der Augenzeuge als “Anführer” des Trios aus. Dieser habe das Wettlokal am intensivsten beobachtet und auch das Zeichen zum Aufbruch gegeben. Davor warf er einen Zigarettenstummel weg. “Ich bin mir sicher, dass er das war.”

Als wirklicher Beweis für die Beteiligung des Angeklagten dürfte das allerdings kaum durchgehen. Immerhin hatte der 59-Jährige keinen direkten Blick auf das Wettbüro. Nachdem die drei Männer den Innenhof verlassen hatten, verlor der Anrainer sie zwangsläufig aus den Augen.

Urteil wohl noch nicht am Mittwoch

Ob – wie ursprünglich geplant – am morgigen Mittwoch ein Urteil fallen wird, ist nach dem ersten Verhandlungstag zu bezweifeln. Denn die Verteidigung beantragte ein fototechnisches Gutachten, um Aufnahmen aus der Überwachungskamera noch genauer darzustellen. Überdies sollen die zwei in Serbien inhaftierten Komplizen des Angeklagten befragt werden. Der Prozess wird um 9.30 Uhr, wiederum in Saal 203, fortgesetzt.

(apa/red)

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