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Cerha-Uraufführung mit Martin Grubinger umjubelt

Der Schlagwerker hat Sinn für die Show
Der Schlagwerker hat Sinn für die Show
Martin Grubinger ist hochseriöser Musiker und begnadeter Showman zugleich. Diese Mischung macht den Salzburger Schlagwerker zu einem Weltstar, der zeitgenössische Musik einem breiten Publikum vermittelt wie kaum ein anderer. Das zeigte sich am Samstagabend, als Grubinger bei den Salzburger Festspielen ein umjubeltes Heimspiel in der ausverkauften Felsenreitschule gab.


Im Zentrum des zweieinhalbstündigen Abends stand ein neues Werk von Friedrich Cerha, das Grubinger mit seinem Percussive Planet Ensemble aus der Taufe hob. “Etoile” – französisch für Stern – nennt sich die Auftragskomposition der Festspiele und des Wiener Konzerthauses. Der 87-jährige Komponist lässt den Hörer dabei in ein ganzes Klanguniversum eintauchen.

Sternenförmig sind die sechs Schlagzeuger in der Felsenreitschule verteilt, das lässt den Klang von allen Seiten auf den Hörer einprasseln. Auf einen heftigen “Urknall” folgt ein zartes Betasten von weicheren Klangfeldern. Dieses wiederum wird von heftigen Röhrenklängen gebrochen, die eine archaische, fernöstlich anmutende Stimmung erzeugen. Cerha verweigert sich dabei einem durchgehenden Fluss – feine Klangflächen und harte Unisono-Akzente wechseln unvermittelt. Am Ende der 25-minütigen Komposition verändert sich das Klangbild erneut radikal: Sirenen und Pistolenschüsse führen den Hörer in die Gefilde der irdischeren Geräusche. Verdienter Jubel für Komponist und Interpreten.

Das Thema “Sterne” prägte zuvor auch das Hauptwerk dieses Konzerts im Rahmen der Reihe “Salzburg contemporary”. Der französische Komponist Gerard Grisey hat 1989 und 1990 ein Werk für die gleiche Besetzung geschrieben – “Le Noir de l’Etoile”. Im Gegensatz zu Cerha hat Grisey die Sterne – besser gesagt: einen verglühenden Stern – direkt in sein Werk eingearbeitet. Der Rhythmus, den solch ein Pulsar beim Drehen um die eigene Achse erzeugt, wurde auf Tonband aufgenommen und schwingt im Hintergrund stets mit. Darüber entwickelt Grubinger einen sanften Puls, der sich langsam zu einem Klanggewitter steigert. Eine kurzes, dichtes Rhythmusmuster wandert dabei durch die unzähligen Schlagwerkinstrumente, während ein auf die Arkaden der Felsenreitschule projizierter Sternenhimmel die nötige Atmosphäre erzeugt.

Zwischen diesen beiden gewichtigen Werken kam dann doch noch der Showman in Grubinger durch. Das Solo-Stück “Thirteen Drums” von Maki Ishii und die Marimba-Folklore von Keiko Abes “The Wave” zogen den Abend in die Länge, für die Breitenwirkung des Virtuosen sind die beiden vordergründigen Repertoirestücke jedoch unerlässlich. Sei’s drum: Das Publikum tobte.

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