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Das Grauen auf der Murray Street: Acht Kinder in Australien ermordet

Tragödie erschüttert Australien: Acht Kinder ermordet aufgefunden.
Tragödie erschüttert Australien: Acht Kinder ermordet aufgefunden. ©EPA
Cairns. Wenige Tage nach dem blutigen Geiseldrama von Sydney erschüttert Australien eine unvorstellbare Tragödie. Acht Kinder werden zu Hause getötet. Wer war es? Und wie lautet das Motiv des Mörders?
Bilder vom Tatort

Der Anblick im Haus auf der Murray Street war so entsetzlich, dass die Schreie der Polizisten bis auf die Straße zu hören waren, berichten Anwohner. Die Beamten fanden acht Kinder, erstochen und erstickt – das älteste gerade 15-jährig, das jüngste noch in den Windeln, 18 Monate alt. Sieben waren Geschwister, das achte Kind mit der Familie verwandt. Die Mutter wurde mit Stichwunden in Hals und Oberkörper verletzt geborgen und im Krankenhaus bereits zu den Vorgängen befragt.

Mutter (34) außer Lebensgefahr

Die Verletzte sei außer Lebensgefahr und helfe der Polizei bei den Ermittlungen, hieß es. Ihre Cousine Lisa Thaiday bestätigte der AAP, es handle sich um die Mutter der getöteten Kinder. “Ich kann es nicht fassen – die armen Babys!”, zitierte AAP die Cousine. Der Lebenspartner der verletzten Frau ist laut dem Sender Sky News Australia nicht der Vater der getöteten Kinder. Er lebte mit der Familie unter einem Dach.

“Sie redete von Gott und so”

Was hat sich in dem Haus in Cairns an der australischen Nordostküste am Freitag zugetragen? Nachbarschaft und Polizei rätseln. Die Mutter soll am Vorabend wirres Zeug geredet haben, berichtet ein 13-jähriges Mädchen der Nachrichtenagentur AAP. “Sie redete von Gott und so”, sagte das Mädchen, das eine der Töchter nach einem Shopping-Ausflug nach Hause begleitet hatte. Die Frau habe sich als Krieger bezeichnet – Gott habe sie so mächtig gemacht, sie könne tun, was sie wolle.

Steht die Frau im Verdacht, ihre eigenen Kinder ermordet zu haben? Es gab solche Fälle – Andrea Yates etwa, die in Texas 2001 ihre fünf kleinen Kinder ertränkte. Sie hatte eine Wochenbett-Psychose und religiöse Wahnvorstellungen.

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Hintergründe völlig unklar

Die Hintergründe der Tat blieben zunächst völlig im Dunkeln.  Für die Ermittler seien derzeit alle Menschen interessant, die “in den vergangenen zwei oder drei Tagen” Kontakt mit der Familie gehabt hätten. Der leitende Kriminalhauptkommissar Russell Miller sagte, in 40 Jahren als Polizist habe er keinen derartigen Fall erlebt. “Es gibt überhaupt keine Anzeichen, dass hier Gefahr für die Nachbarschaft besteht”, sagte Miller in der Nähe des Tatorts in Manoora, einer etwas heruntergekommenen Gegend.

Ermittler vermuten Familientragödie

Die Polizei in Cairns sagt zunächst nichts, sie benennt keine Verdächtigen, es gibt auch erstmal keine Anklage. Die Ermittler sprechen von einem “sehr, sehr tragischen Fall” – und machen deutlich, dass sie nicht etwa nach einem herumstreunenden Massenmörder suchen, sondern von einer Familientragödie ausgehen.

Am Morgen war auf der Murray Street noch alles in Ordnung. Nichts unterscheidet sich dort von Siedlungen in unzähligen anderen australischen Vororten: breite Fahrbahn, Einfamilienhäuser mit Gärten zu beiden Seiten. Es ist keine reiche Gegend, ein paar Häuser sind ziemlich heruntergekommen. In dem Haus mit der Satellitenantenne auf dem weißen Dach lebt eine Frau, 34 Jahre alt, mit ihren sieben Kindern und ihrem Freund. Im Garten flattert frisch gewaschene Bettwäsche auf einem Ständer.

AUSTRALIA FAMILY STABBING
AUSTRALIA FAMILY STABBING ©EPA

Eine Nachbarin sagt der Lokalzeitung “Cairns Post” später, sie habe um 10.00 Uhr Schreie aus dem Haus gehört. So ungewöhnlich war das wohl nicht – diese Frau hat die Polizei jedenfalls nicht gerufen.

Erst danach waren Rettungsdienste und Polizei alarmiert worden, mit dem Hinweis, in dem Haus befinde sich eine verletzte Frau. Wer der Anrufer war, sagte die Polizei nicht. Die Beamten fanden die toten Kinder und die verletzte Frau. Auch ein Mann wurde ins Krankenhaus gebracht. Unklar war, ob es sich um den Freund der Mutter handelte, der dort ebenfalls wohnte.

Die Polizei sperrte die Straße ab und baute einen Sichtschutz um das Haus. In den ersten Stunden waren vor allem Gerichtsmediziner am Tatort. Nachbarn bezeichneten die Frau als liebevolle Mutter, die sich stets um ihre Kinder gekümmert habe.

Ältester Bruder findet seine toten Geschwister

Lisa Thaiday, die Cousine der Mutter, sagt Reportern später, der älteste Sohn der Frau – 20 Jahre alt – habe die toten Kinder entdeckt. 20 Jahre alt, seine Mutter 34? Ungewöhnlich, aber nicht ausgeschlossen. Die Familie stammt nach Angaben Thaidays wie viele hier von den zu Australien gehörenden Torres-Straits-Inseln nördlich von Queensland, dort sind junge Eltern und große Familien keine Seltenheit.

Isabel Carpenter lebt auch hier, sie ist in Tränen aufgelöst: “Kaum vorzustellen, ich habe selbst sieben Kinder”, sagt sie im Fernsehen. Hier leben viele Kinder, sie sitzen an diesem sonnigen Tag auf den Bordsteinkanten und schauen das Kommen und Gehen der Polizei an. Wie ihre Eltern. Nachbarn stehen unter Schock in Grüppchen auf der Straße zusammen. Einige haben Campingstühle herausgeholt und sitzen auf dem Grünstreifen vor den Häusern.

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Ngatu Tenu ist mit der Mutter befreundet, wie sie im Fernsehen berichtet. “Entsetzlich, wir kennen uns alle hier, das trifft uns alle wie ein Schlag.” Colette Pettersen organisiert für den Abend eine Mahnwache im Munroe-Martin-Park und startet eine Facebook-Seite: “In Erinnerung an die Kleinen, die wir verloren haben”, schreibt sie.

Premier Abbott: “Herzzerreißend”

Australiens Premierminister Tony Abbott sprach von einer herzzerreißenden Nachricht. “Wir werden in diesen Tagen hart auf die Probe gestellt”, sagte er. Das Land steht nach dem blutigen Geiseldrama von Sydney noch unter Schock. Dort hatte ein Extremist am Montag 17 Passanten stundenlang in einem Cafe terrorisiert. Die Polizei stürmte das Geschäft nach 16 Stunden. Zwei Geiseln und der Täter kamen ums Leben. Der Täter hatte die Tat als Anschlag im Namen der radikalen muslimischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ausgegeben.

Am Donnerstag wurde zudem in Melbourne ein Mann festgenommen, der nach Justizangaben seine beiden drei und vier Jahre alten Töchter erstickt haben soll. Sein mutmaßliches Motiv: Rache an seiner Ex-Frau. (dpa/APA/red)

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