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Der Himmel wird warten - Trailer und Kritik zum Film

Was bewegt junge Frauen dazu, ihr (gutbürgerliches) Leben hinter sich zu lassen und für die Terrormiliz IS in die Kriegsgebiete Syriens oder des Irak zu reisen? Die französische Filmemacherin Marie-Castille Mention-Schaar widmet sich dem hochaktuellen Thema islamistischer Radikalisierung im Drama "Der Himmel wird warten" alles andere als subtil, aber mit emotionaler Wucht.

Die 17-jährige Pariserin Sonia hat sich dem Jihad angeschlossen. Um ihrer Familie einen “Platz im Paradies zu sichern”, wie sie sagt. Ihre Ausreise nach Syrien wurde im letzten Moment verhindert; kurz darauf stürmt eine Spezialeinheit ihr Zimmer: Verdacht auf Planung eines Anschlags in ihrem Heimatland. Die Eltern, Catherine (Sandrine Bonnaire) und Samir (Zinedine Soualem), werden angewiesen, ihre Tochter unter Hausarrest zu stellen, sie von Internet und Telefon fernzuhalten. Vom “Ende der Welt” überzeugt, scheint es für Sonia fast unmöglich, sich wieder in ihre vertraute Umgebung einzufügen.

Der Himmel wird warten – Die Handlung

Mélanie indes scheint mit beiden Füßen fest am Boden zu stehen: Sie geht gerne in die Schule, übt Cello, sammelt Spenden für den guten Zweck. Als ihre strengkatholische Großmutter stirbt, findet sie Trost bei einem jungen Mann, der sich auf Facebook “Freiheitsliebender” nennt. Er macht ihr Komplimente, fragt sie nach ihrem Glauben – und schickt ihr schließlich Videos, die sie davon überzeugen sollen, dass sie manipuliert wird und “die Religion Islamischer Staat” alle Antworten bietet. Zunehmend abhängig von seiner Gunst, bricht sie mit Freunden und Familie, beginnt zu beten und trägt den Nikab.

Unter den Tausenden Jugendlichen, die laut Berichten in den vergangenen Jahren vom IS angelockt wurden, sind immer mehr Frauen. Sie werden indoktriniert, um an Terroristen verheiratet oder als Kämpferinnen eingesetzt zu werden; oftmals rekrutieren sie wiederum andere junge Frauen. Regisseurin Mention-Schaar (“Die Schüler der Madame Anne”) und ihre Co-Autorin Emilie Frèche erforschen die Mechanismen der Terrorpropaganda anhand zweier Einzelschicksale nach realen Vorbildern. Sie erzählen alternierend von der entgegengesetzten Entwicklung von Sonia und Mélanie und verweben sie mit der Geschichte der alleinerziehenden Mutter Sylvie (Clotilde Courau), die Geld sammelt, um ihrer Tochter nach Syrien nachzureisen.

Der Himmel wird warten – Die Kritik

Als Anker zwischen Wechsel von Zeitebenen und Perspektiven fungieren nachgestellte Gruppensitzungen betroffener Eltern mit der Deradikalisierungs-Expertin Dounia Bouzar, die sich selbst spielt. Da fallen Sätze wie “Wir waren uns so nah” oder “Ich dachte, sie sei eben in der Pubertät”. Und wenn am Ende alle Stränge hier zusammenlaufen, wird die Botschaft von “Der Himmel wird warten” klar: Was wir hier sehen kann jedem Teenager, jeder Familie passieren.

Inmitten ratloser Eltern, leicht beeinflussbarer oder rebellierender Mädchen und eines angesichts von – vielfach von französischen Staatsbürgern verübten – Terrorattentaten alarmierten Staats will der Film vor allem abschrecken; Eltern aufklären, wachrütteln. Mention-Schaar trägt trotz (oder eben wegen) der guten Intention oft zu dick auf, verharrt melodramatisch auf verzweifelten Gesichtern, weiß mitunter wenig zu reißerischen Überschriften hinzuzufügen. Die Einbindung Bouzars jedoch verleiht dem Film willkommene Authentizität, während die emotionale Kraft ganz von den beiden jungen Hauptdarstellerinnen ausgeht: Noémie Merlant gibt Sonia eindrucksvoll von Wut übermannt, Naomi Amarger überzeugt mit ihrer fragilen, zarten Darstellung der Mélanie.

>> Alle Filmstartzeiten zu “Der Himmel wird warten”

(APA)

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