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Der IS kontrolliert halb Syrien - Angst um Zivilisten und Ruinen in Palmyra

Die Welt bangt vor allem um die historischen Stätten von Palmyra, aber auch Zehntausende Zivilisten sitzen in der Wüstenstadt fest.
Die Welt bangt vor allem um die historischen Stätten von Palmyra, aber auch Zehntausende Zivilisten sitzen in der Wüstenstadt fest. ©EPA
Palmyra. Von dem sandigen Hügel mitten in der syrischen Wüste ist das Panorama atemberaubend. Doch nach dem Einmarsch der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) scheint die Zerstörung des Unesco-Welterbes nur noch eine Frage der Zeit zu sein.
Kampf um Wüstenstadt Palmyra
Der IS zieht in Palmyra ein
IS kontrolliert die Hälfte Syriens

In einem weiten Areal unterhalb der Erhöhung am Stadtrand von Palmyra läuft eine Prachtstraße voller antiker Säulen und Bauten in Richtung des berühmten Baal-Tempels. Es sind einzigartige Schätze, die früher jeden Besucher ins Schwärmen brachten.

Zehntausende Flüchtlinge sitzen in der Falle

In Gefahr sind jedoch nicht nur die Ruinen der ehemaligen Handelsmetropole. Bis zu 50.000 Menschen leben normalerweise in Palmyra – der Bürgerkrieg zwischen verschiedenen Aufständischen, Islamisten und den Truppen von Machthaber Bashar al-Assad aber hat zusätzlich Zehntausende Flüchtlinge in die Stadt gespült.

Sie sitzen nun in der Falle: Die Straße Richtung Osten kontrolliert der IS, im Westen toben Kämpfe. Schon früher hatte die Terrormiliz nach Eroberungen Zivilisten getötet, weil diese angeblich mit dem Regime kooperiert hätten.

Antike Schätze aus Palmyra in Sicherheit gebracht

Anders als die Zivilisten wurden aber Hunderte antike Schätze vor dem Einmarsch des IS gerettet, wie der Leiter der syrischen Museums- und Altertumsbehörde, Maamoun Abdulkarim, mitteilte und die UNESCO bestätigte. Das war bei den großen Monumenten selbstverständlich nicht möglich.

Das historische Stadtzentrum des römischen Palmyra. (AP)
Das historische Stadtzentrum des römischen Palmyra. (AP) ©Das historische Stadtzentrum des römischen Palmyra. (AP)

Viele von ihnen stammen aus der Blütezeit Palmyras in den ersten Jahrhunderten nach Christus. Durch deren Lage an einer bedeutenden Karawanenstraße verschmolzen dort ganz unterschiedliche kulturelle Einflüsse, erklärt der Direktor des Vorderasiatischen Museums Berlin, Markus Hilgert. “Wir glauben, Multikulti ist eine Erfindung von heute. An Palmyra sieht man: Das gab es schon lange vorher”.

Palmyra droht Zerstörung durch den IS

Hilgert schwärmt von der “Weltoffenheit”, die die Stadt in ihrer Geschichte umwehte. Ein Attribut, dass auf die neuen Herrscher der Wüstenstadt nicht zutrifft. Im Norden des Iraks hatte der IS kürzlich nicht lange gezögert und Jahrtausende alte Ruinen zerstört. Für Jihadisten symbolisieren die Überreste der Tempel die Ungläubigkeit im Altertum wegen der Verehrung mehrerer Götter.

Tagelang tobte der Kampf um die Stadt, im Bild ein Panzer des IS. (AP)
Tagelang tobte der Kampf um die Stadt, im Bild ein Panzer des IS. (AP) ©Tagelang tobte der Kampf um die Stadt, im Bild ein Panzer des IS. (AP)

Die Zerstörung Palmyras wäre laut Hilgert sowohl “ein unersetzlicher Verlust für die Menschheitsgeschichte” als auch für das syrische Volk. Schließlich sei die Oasenstadt auch ein zentrales touristisches Ziel in dem Land. Nach Angaben des World Travel and Tourism Council erwirtschaftete Syrien 2010 mehr als elf Prozent seines Bruttoinlandsprodukts mit dem Tourismus. Mit dem Bürgerkrieg nach den Aufständen des Arabischen Frühlings brach die Zahl ein.

Jihadisten demonstrieren neue alte Stärke

Nach dem weiteren Vormarsch des Islamischen Staats ist Syrien von Stabilität weiter entfernt als zuvor. Nachdem viele den IS nach den Niederlagen in Kobane und der irakischen Stadt Tikrit schon auf dem absteigenden Ast wähnten, demonstrierte er mit der Eroberung der westirakischen Provinzhauptstadt Ramadi am Sonntag und der Einnahme Palmyras seine ungebrochene Stärke.

Zudem ist Palmyra strategisch wichtig: Von dort aus führen Straßen in den Westen nach Homs und in die Hauptstadt Damaskus. “Die Kräfte des IS sind nun in einer guten Position, um Gebiete des Regimes im zentralsyrischen Korridor anzugreifen”, analysiert das Institute for the Study of War aus Washington.

Angst bleibt Angst

Doch zunächst wenden sich die Blicke auf die Wüstenstadt Palmyra, in der eine humanitäre und kulturelle Katastrophe droht. Strom gebe es dort genauso wenig wie Wasser, Medizin sei knapp und die Stadt werde von Luftschlägen erschüttert, berichten lokale Medienaktivisten. Einigen Regime-Kämpfern sei die Kehle durchgeschnitten worden. Überprüfen lassen sich die Angaben jedoch nicht.

Ob die eingeschlossenen Aktivisten Angst vor den Extremisten hätten? “Es gibt keinen Platz für Angst. Daran haben wir uns schon unter dem Assad-Regime gewöhnt”, antworten sie. (APA/dpa)

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