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Die Straßen von Hohenems und ihre Geschichte (Teil 44)

VOL.AT stellt die Straßen in Vorarlbergs in einer großen Serie vor.
VOL.AT stellt die Straßen in Vorarlbergs in einer großen Serie vor. ©Emir T. Uysal
VOL.AT stellt die Straßen in Vorarlbergs in einer großen Serie vor.
Mühlegg, Mühlgasse und Nachbaurstraße

Mühlegg

1956 benannt. Verbindungsweg vom obersten Teil der Hochquellenstraße (Ledi) zur Sägetstraße. Der Weg, der schon sehr lange besteht und ständig benutzt wurde, erhielt seinen Namen erst 1956 von der Flur, durch die er führt. An der heutigen Sägerstraße standen schon vor weit mehr als 400 Jahren gräfliche Mühlen und Sägen. Aber auch ein Privater, Lorenz Witzemann, scheint bereits 1626 als Säger “an der oberen Säge unter der oberen Mahlmühle” urkundlich auf. Diese obere Mahlmühle, die eine gräfliche Zwangsmühle war, weil hier die Untertanen ihr Getreide mahlen lassen mussten, lief auf vier Gängen. Ihr angeschlossen waren eine Sägemühle und ein Stampf für Hanf und Werg. Im Lauf des 19. Jahrhunderts siedelten sich in der Säge weitere Sägen und auch Textilbetriebe an. Alle diese nutzte das Wasser des Salzbaches zum Antrieb ihrer bis zu zwölf Meter hohen Wasserräder. Da aber der Salzbach eine sehr unregelmäßige Wasserführung aufwies, wurde schon “seit altersher” das Wasser des Aunerbaches in der Ledi durch ein hölzernes Schwellwuhr gestaut und über die Mühlegg (ein Einschnitt zwischen dem Sonnenbühel und dem Einfirst) der Mühle zugeleitet. 1852 war die Anlage so defekt, dass sie vollkommen erneuert werden musste. Dazu wurde die “Wasserkonkurrenz Ledi” gegründet, an der Jakob Peter, Besitzer der oberen Mühle (heute Betriebswohnung der Firma Otten) zu 35 %, Gebhard Sandholzer, Besitzer der unterhalb befindlichen Sägemühle, Mahlmühle und Hanfreibe (Alfons Peter) zu 35 %, Xaver Amann, Schreiner, als Besitzer eines Lohestampfes, Josef Kick, Säger (Alois Amann) zu 10 % und Dr. J. Gebhard Seewald, Besitzer einer Fourniersäge zu 20 % beteiligt waren. Anstelle des hölzernen Schwellwuhres wurde eine höhere Staumauer errichtet, teils im offenen Gerinne oder in Holzkänern, die auf Stelzen standen, dem Mühlegg und in weiterer Folge der Sägemühle zugeführt. 1856 kaufte die Firma Gebrüder Rosenthai das ganze Gelände und errichtete neben der Mühle eine mechanische Weberei mit 120 Webstühlen. Auch diese wurden mit Wasser vom Salzbach und von der Mühlegg her betrieben. 1861 erhielt der Betrieb ein Maschinenhaus für den Einbau einer Turbine. 1889/90 waren sogar zwei Turbinen in Betrieb, für die das Wasser in drei Tunnels von 400 Metern Länge hergeleitet wurde. Mit der Umstellung auf elektrischen Antrieb verloren die Schwellwuhre und Wasserleitungen ihre Bedeutung. Sie sind heute zerfallen und nur noch da und dort im Gelände ansatzweise zu erkennen.

 

Mühlgasse

1909 benannt. Verbindung entlang des Emsbaches vom Schlossplatz zur Jakob-Hannibal-Straße. Privatstraße.

Der Mühle fällt seit altersher in der Versorgung der Bevölkerung eine ganz entscheidende Rolle zu. Aus diesem Grund, und weil es an einer Mühle auch etwas zu verdienen gab, war in der Grafschaft Hohenems die Müllerei zunächst fest in der Hand des Herrn. Die gräfliche Mühle war eine Zwangsmühle, das heißt die Untertanen waren gezwungen, ihr Getreide dort mahlen zu lassen. Sie hatte ihren ersten Standort höchstwahrscheinlich schon linksseitig am Emsbach, etwa beim Parkplatz der “Oberen Fabrik”, Sägerstraße 34. Sie wurde erstmals 1549 erwähnt. Der Graf war als Besitzer für die Instandhaltung der Mühle verantwortlich, im Übrigen wurde sie an einen Müller verpachtet. Diese Mühle wurde durch ein Wasserrad betrieben, das aus dem Emsbach gespeist wurde. Später besaßen die Grafen auch Rheinmühlen, die auf fest verankerten Schiffen aufgesetzt waren und unterschlächtig, das heißt durch das unten durchfließende Wasser betrieben wurden. Mit der Veräußerung des gräflichen Besitzes im 19. Jahrhundert ging auch die Mühle am Emsbach in private Hände. Nach 1857 wurde das Gebäude in den neu errichteten Weberei-Betrieb der Gebrüder Rosenthai einbezogen.

Um diese Zeit gingen am oberen Emsbach “In der Säge” zwei andere Mühlen in Betrieb, die ihren Energiebedarf wie die damals dort bestehenden drei Textilbetriebe, mehrere Sägen und ähnliche Werke aus dem immer wieder gestauten und künstlich weitergeleiteten Emsbachwasser (unter Einbeziehung des Gsohl-Baches) gewannen. Mit der Mühle in der Reute und einem Mühlrad am Gsohl-Bach sind am oberen Emsbach jedenfalls im 19. Jahrhundert elf (!) Mühlräder zur Energiegewinnung nachzuweisen.

Der erste private Mühlenbetrieb – also neben der gräflichen Zwangsmühle – war allem Anschein nach die Mühle, die der Mühlgasse auch ihren Namen gegeben hat, beim heutigen Sägewerk Anton Amann. Sie wird in einem Kaufvertrag des Jahres 1818 erstmals erwähnt. Auch sie bezog den notwendigen Antrieb aus dem Emsbach, dessen Wasser knapp unterhalb der “Platzbruck” in einem zunächst offenen, später gedeckten Mühlkanal dem Wasserrad zugeführt wurde (1967 wurde der Kanal aufgelassen). Das Wasserrad hatte immerhin den stolzen Durchmesser von zwölf Metern.

Ab dem Jahr 1896 wurde neben dieser Mühle auch schon eine Säge mit Vollgatter betrieben. Dass gerade diese Straße die Bezeichnung “Mühlgasse” zu Recht erhalten hat, sieht man daraus, dass die älteste private Mühle auch alle anderen überdauert hat. Im Jahr 1953 wurde der Mühlbetrieb, der damals vier Mahlgänge umfasste, eingestellt. 1838 verkaufte der damalige Besitzer der Mühle den Platz unterhalb der Mühle an die Christen- und Israeliten-Gemeinde zur Errichtung einer Schlachtbank. Diese erwarben damit auch das Recht, das Wasser des darunter abfließenden Mühlkanals zu nutzen. Einige Zeit lang hatte dann noch die Israeliten-Gemeinde das Schlachthaus allein in Besitz, bevor sie den Platz an Abraham Eggs Witwe Bertha verkaufte. Ihr Mann hatte kurz zuvor die gegenüberliegende Fabrik errichtet. Im Jahr 1957 konnte die Pfarre Sankt Karl das unter dem unermüdlichen Einsatz von Kaplan Emil Bonetti erbaute Jugendheim an der Mühlgasse einweihen und der Bestimmung übergeben.

 

Nachbauerstraße

1909 benannt. Seit dem Bau der Diepoldsauer Straße ist die Zufahrt nur über die Schönwiesstraße möglich. Die Nachbauerstraße wurde in beide Richtungen zu einer Sackstraße.

Josef Sigmund Nachhauer 1759-1813

Nachbauer wurde am 16. Februar 1759 in Brederis bei Rankweil geboren. Er war als tüchtiger Schulmann seines Heimatortes weithin gerühmt, wegen seiner Einsicht, Ehrenhaftigkeit und Redlichkeit in Gemeinde und Gericht hoch geschätzt. Er erwirkte schon 1796, als die Franzosen Vorarlberg bedrohten, das Aufgebot des Landsturms und verwehrte dadurch dem Feind den Zutritt zum südlichen Landesteil. Seit jener Zeit galt er als der Führer der oberländischen Bauern. Er wurde als der fähigste und besonnenste aller Bauernführer des Landes genannt. In den Märzkämpfen 1799 glänzte er ebenso durch persönliche Tapferkeit, wie durch Umsicht, Entschlossenheit und Ausdauer, sodass ihm an der Rettung Feldkirchs ein Großteil der Ehre gebührt. Beim aufreibenden Gewaltmarsch zur Eroberung des Luziensteigs zog er sich ein langwährendes Leiden zu. Nicht minder kämpfte er am 13. Juli 1800 bei Feldkirch gegen Le Courbe und Molitor. Der Kaiser ehrte den schlichten, selbstlosen Mann im September 1802 durch die Große Goldene Ehrenmedaille mit rotem Band.

Das Jahr 1809 zeigte ihn auf dem Höhepunkt seiner Verdienste. Er bereitete die allgemeine Erhebung des Landes vor, bot den Landsturm auf und vertrieb die Württemberger, Bayern und Franzosen in raschem, energischem Kampf am 29. Mai 1809. Zum Landesverteidigungsmajor ernannt, und anfangs Juni auch vorläufiger Generalkommissar, traf er entsprechende Maßnahmen zur Verteidigung. Als aber dann im Herbst wie in Tirol der Rückschlag eintrat, war er seines Lebens nicht mehr sicher. Er flüchtete nach Tirol und leistete Andreas Hofer wertvolle Hilfe. Nach dem Schönbrunner Friedensschluss kam er in die Heimat zurück. Andere Anführer der Vorarlberger Erhebung suchten ihr Heil in der österreichischen Monarchie. Sigmund Nachbauer aber blieb im Land. Die Bayern, die damals noch mit Napoleon verbündet waren, erkannten die Bedeutung dieses Freiheitskämpfers und verhafteten ihn überraschend. In der Nacht vom 3. auf den 4. April 1813 wurde er in Brederis abgeführt, zuerst nach München, und Ende August nach Ingolstadt in die Festung gebracht. Der tapfere und fromme Mann starb am 25. Oktober 1813 an einer schweren Krankheit und wurde mit allen Ehren eines Stabsoffiziers bestattet. Am 28. August 1910 wurde zu Ehren Josef Sigmund Nachbauers in Rankweil ein Denkmal enthüllt.

 

Quelle: Kulturkreis Hohenems

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