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Die Verführten - Trailer und Kritik zum Film

Ein Apfelkuchen führt zur Hälfte von "Die Verführten" vor Augen, wieweit der umschwärmte Gast die sieben Frauen bereits für sich eingenommen und gegeneinander ausgespielt hat. Es ist eine vor Anspannung brodelnde und vor Witz sprühende Szene in dem höchst unterhaltsamen Kammerspiel, für das Sofia Coppola in Cannes als erst zweite Frau mit dem Regiepreis geehrt wurde.

“The Beguiled”, wie der Film im Original heißt, stellt in vielerlei Hinsicht ein erstes Mal für die 46-jährige Oscarpreisträgerin dar, die sich mit träumerischen Filmen wie “The Virgin Suicides”, “Lost in Translation” und “Somewhere” hervorgetan hat. Ihr Debüt im Thrillergenre ist zugleich ihr erstes Remake, angelehnt an den 1966 erschienenen Roman “A Painted Devil” von Thomas Cullinan und die nachfolgende Verfilmung von Don Siegel aus dem Jahr 1971. Wurde Clint Eastwood darin von sieben verrückten Frauen tyrannisiert, erzählt Coppola die Geschehnisse nun aus weiblicher – und nicht zuletzt: feministischer – Perspektive.

Die Verführten – Die Handlung

Ihr Ausgangspunkt ist derselbe. Angesiedelt im Jahr 1864 im US-Bundesstaat Virginia, finden junge Frauen während des Sezessionskriegs Zuflucht in einem Mädcheninternat. Eines Tages liest die elfjährige Amy (Oona Laurence) einen verwundeten, verfeindeten Unions-Soldaten (Colin Farrell) im Wald auf. Sie bringt ihn in die Schule – sehr zum Missfallen der kühlen Internatsleiterin Martha Farnsworth (Nicole Kidman), die Corporal John McBurney sogleich an die Soldaten der Konföderation ausliefern will.

Man einigt sich – in Besinnung auf christliche Werte – darauf, den fast verbluteten Feind erst gesund zu pflegen und dann seinem Schicksal zu ergeben. Rasch erkennt John in seinen Verführungskünsten die einzige Chance aufs Überleben. Charmant, aber auch doppelzüngig wickelt er die Mädchen und Frauen einzeln um den Finger. Und diese steigen durchaus darauf ein: Die Älteste der Mädels, die rebellische Alicia (Elle Fanning), sehnt sich nach einem Testobjekt für ihre aufkeimende Sexualität, die verspannte Lehrerin Edwina (Kirsten Dunst) nach einem Retter, der sie “weit weg von hier” bringt, und die kontrollierte Martha nach einem erwachsenen Gesprächspartner. Sexuelle Spannung macht sich im Haus breit, und mit ihr auch bald gefährliche Eifersucht.

Die Verführten – Die Kritik

Mit Präzision und schwarzem Humor beobachtet Coppola, wie sich die Dynamik unter den Frauen, die seit Beginn des Krieges in dem Haus gefangen und unter sich sind, durch die Anwesenheit eines Mannes verändert. Sie tut dies subtiler als Siegel, verzichtet auf effekthaschende Gewalt- und Sexdarstellungen, lässt die Gefahr stets unter der Oberfläche brodeln. Die Einschätzung, wer hier stellenweise wen verführt, überlässt sie dem Betrachter. Und die letztliche Besinnung auf Frauenzusammenhalt inszeniert sie als gloriosen emanzipatorischen Akt.

Das Ergebnis ist ein atmosphärischer Thriller, und zugleich der düsterste und überraschend lustigste Film in der 18 Jahre umspannenden Karriere dieser spannenden Filmemacherin. Am ehesten an Coppolas Debüt “The Virgin Suicides” (1999) erinnernd, ist “Die Verführten” wunderbar gespielt, ausgestattet und aufgenommen – analog und mit natürlichem Licht in und um New Orleans von Kameramann Philippe Le Sourd gedreht, inklusive nebelverhangenem Wald und knisterndem Kerzenlicht. Einmal mehr versteht es Coppola, Stimmungen, Sehnsüchte und Gefühle einzufangen, und tut dies wie gewohnt in atemberaubendem Setting.

Der bald endende Krieg ist stets präsent, Schüsse sind im Sekundentakt aus der Ferne zu hören, während im Haus alles auf Eskalation zusteuert. Der innere Aufruhr hinter fragiler Fassade ist vor allem Kirsten Dunst anzumerken, neben Fanning eine von Coppolas Musen. Es ist eine Freude, den beiden zuzusehen – hier grandios ergänzt von Nicole Kidman, die sehr viel in Marthas aufgesetzte Höflichkeit zu legen weiß, und Colin Farrell als so kluger wie manipulativer Hahn im Korb.

>> Alle Filmstartzeiten zu “Die Verführten”

(APA)

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