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FPÖ will türkische Wählerliste Behörden geben

Kommt die Informationspflicht?
Kommt die Informationspflicht? ©APA (Symbolbild)
Die FPÖ hat eine türkische Wählerevidenzliste mit 46.000 Namen zugespielt bekommen und will sie den Behörden zur Enttarnung illegaler Doppelstaatsbürger übermitteln. Es werde noch "geprüft, ob das wirklich eine korrekte Wählerevidenzliste ist", sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Dienstag in Wien.
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Auf der Liste seien auch “viele Bezirksräte aus unterschiedlichen Parteien”. Strache wollte auf Nachfrage nicht sagen, von wem die FPÖ die Liste erhalten habe. Die Liste scheine glaubwürdig und werde derzeit von einem Rechtsanwalt überprüft. “Wir werden mit den Listen sicher nicht hinterm Berg halten”, sagte Strache mit Blick auf die Weigerung des Grünen Nationalratsabgeordneten Peter Pilz, der seine Wählerliste den Behörden nur unter Bedingungen geben will. Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) sagte, Pilz halte die Liste zurück, “weil auch eigene Funktionäre betroffen sind und Politiker der Grünen eine doppelte Staatsbürgerschaft haben”.

Als “wirklich lächerlich” und “Schutzbehauptungen” wies Strache Angaben von Betroffenen zurück, sie hätten nichts vom Wiedereintritt in die türkische Staatsbürgerschaft gewusst. Es sei ja niemand “mit vorgehaltener Pistole” gezwungen worden, die entsprechende Unterschrift zu leisten. “Wir sind von tausenden Doppelstaatsbürgern betrogen worden. Da hat es nur eine Konsequenz zu geben, der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft”, betonte Strache. Er forderte bis zur Klärung der Frage einen Stopp aller Einbürgerungen von Türken sowie die Einsetzung einer Task Force im Innenministerium, die sämtliche Einbürgerungen der vergangenen 15 Jahre unter die Lupe nehmen solle.

Hofer mahnte, dass die illegalen Doppelstaatsbürgerschaften auch einen Anfechtungsgrund bei österreichischen Wahlen darstellen können. “Es geben Menschen ihre Stimme ab, die keinen Pass haben.” Dadurch würden Wahlen anfechtbar. “Das sollten wir uns wirklich sparen”, sagte der ehemalige Bundespräsidentschaftskandidat.

Strache ortet fehlenden Willen bei ÖVP und SPÖ

Strache betonte, dass die FPÖ schon vor Jahren auf das Problem der illegalen Doppelstaatsbürger aufmerksam gemacht habe. Die Behörden hätten in vielerlei Hinsicht tätig werden können, etwa mit “Planquadraten” vor türkischen Konsulaten, beim Bundesheer oder auf Flughäfen, um Pässe auf fehlende türkische Stempel zu prüfen. “Es ist immer eine Frage des Wollens”, doch der Wille sei bei SPÖ und ÖVP nicht vorhanden, weil die beiden Parteien eng mit regierungsnahen türkischen Organisationen wie AKP, ATIB oder UETD vernetzt sind. Hier sei “offenbar eine Wählerschaft für die Koalition aufgebaut” worden, “die man nicht verärgern” wolle.

Scharfe Kritik übte der FPÖ-Chef auch an Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP), den er für das “dramatische Integrationsversagen” im Land verantwortlich machte. So sei etwa das unter der Ägide von Kurz beschlossene Islamgesetz “ein völlig schwachmatisches Gesetz”, das nicht einmal der Auslandsfinanzierung von islamischen Vereinen einen Riegel vorschiebe. Diese würden sich nämlich als kulturelle Vereine “platzieren”, um weiterhin Geld aus der Türkei oder Saudi-Arabien zu erhalten. “Es ist fünf nach zwölf, wir müssen handeln”, betonte der FPÖ-Chef, der auch das Nein der Wiener Gemeinderatsparteien zu einem Kopftuchverbot für Minderjährige in Kindergärten kritisierte.

Drozda kann sich Informationspflicht vorstellen

Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) kann sich unterdessen eine Informationspflicht für Staaten über die verliehenen Staatsbürgerschaften vorstellen. Die derzeit kursierenden Wählerlisten zum Türkei-Referendum liegen der Bundesregierung nicht vor. Insofern sei es “unbefriedigend”, Listen, die man nicht hat, kommentieren zu sollen, meinte Drozda beim Debriefing nach dem Ministerrat am Dienstag.

Er kann sich daher eine “Informationspflicht” vorstellen, wären ausländische Behörden doch eher “beeindruckt”, wenn ein Bundesminister mit ihnen in Kontakt tritt, sagte Drozda. Im Rahmen der Informationspflicht sollte ein Land Auskunft über die Anzahl der verliehenen Staatsbürgerschaften erteilen, meinte er auf Nachfrage.

Sobotka kritisiert Pilz-Vorgehen

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) berichtete laut Drozda in der Regierungssitzung über die aktuelle Situation – nämlich, dass ihm diese Wählerlisten nicht vorliegen. Mit Sobotka werde nun die mögliche weitere Vorgangsweise besprochen. Auch Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) räumte ein, dass die derzeitige Situation “unbefriedigend” sei.

Sobotka selbst bekräftigte vor der Regierungssitzung, jeder, der einen Verdacht über illegale Doppelstaatsbürgerschaften habe, möge dies bei den zuständigen Bundesländer-Behörden zur Anzeige bringen. Kein Verständnis zeigte der Innenminister dafür, dass der Grüne Abgeordnete Peter Pilz das ihm angeblich vorliegende Wählerverzeichnis nur unter Bedingungen herausgeben will. Pilz solle die Listen ganz einfach den Behörden geben, sonst halte er möglicherweise widerrechtlich Daten zurück, mahnte der Minister.

Einer Amnestie für jene, die angeblich nichts von ihrer illegalen Doppelstaatsbürgerschaft wussten, kann Sobotka nichts abgewinnen. “Unwissenheit schützt nicht vor Strafe”, das sei nun mal das Rechtssystem. Im Fall des Falles müssten eben Gerichte klären, ob jemand illegal zwei Staatsbürgerschaften besitzt oder nicht.

(APA)

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