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Koalitionskrach geht weiter: Duzdar ortet "Intrigantenstadel" in ÖVP-Team

Keine einfachen Zeiten für die ÖVP
Keine einfachen Zeiten für die ÖVP ©APA
Die SPÖ-Regierungsmitglieder orten zwei Gruppierungen im ÖVP-Team, jene die konstruktiv arbeiten wollen und jene, die lediglich destruktiv seien. Am deutlichsten drückte es Staatssekretärin Muna Duzdar aus, die beim Koalitionspartner einen "Intrigantenstadel" sieht und verwies dabei indirekt auf Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP).
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Der “überwiegende” Teil im ÖVP-Regierungsteam arbeite konstruktiv und seriös, “andere glänzen durch Abwesenheit” und würden den “Intrigantenstadel” dirigieren, erklärte Duzdar. Gefehlt haben bei der heutigen Sitzung laut Bundeskanzleramt Außenminister Kurz und Innenminister Wolfgang Sobotka (beide ÖVP). Jene, die “nicht wollen” und kein Interesse an konstruktiver Regierungsarbeit haben, sollten sich aber hinstellen und dies auch klar sagen, forderte die Staatssekretärin.

Auch SPÖ-Klubchef Andreas Schieder findet, dass die Arbeitsstimmung in der Regierung zwar gut ist, es jedoch “Leute” wie Kurz gebe, die sich “in kleinem Dauerwahlkampf” befinden würden. Der Innenminister werde dabei “vorgeschickt”, so Schieder.

Der Klubchef will sich jedoch von dem “ÖVP-internen Konflikt” nicht beirren lassen und weiterarbeiten. Auf die Frage, ob Parteiobmann Reinhold Mitterlehner seine Minister noch im Griff habe, erklärte Schieder, es sei nicht seine Aufgabe, das zu beurteilen. Grundsätzlich sei es aber schade, denn die Arbeit der Regierung könne sich sehen lassen, forderte der Klubchef eine Rückkehr zur Sacharbeit. Jene, die Sand ins Regierungsgetriebe streuen, sollten sich einbremsen. Dass auch SPÖ-Chef Christian Kern Vorwahlkampf betreibe, stellte Schieder in Abrede, so sei etwa dessen “Plan A” ein Konzept und Social Media-Aktivitäten – Stichwort Pizza-Lieferung – kein Wahlkampf. In der ÖVP hingegen gebe es einen “internen Konflikt”, dessen “Epizentrum” Kurz sein dürfte.

Kurz im VOL.AT-Talk über die ÖVP-Situation

“In diesem Zustand übernehme ich die Partei nicht”

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) weist die Kritik der SPÖ zurück, wonach er der Urheber des Streits in der Koalition sei. “Ich beteilige mich nicht an diesem Theater, sowohl in der Regierung als auch in der ÖVP”, sagte Kurz am Dienstag.  “Ich bin froh, dass in meinem Bereich inhaltlich was weiter geht”, erklärte Kurz. Für Kurz stellt sich die Frage der Übernahme der ÖVP-Spitze derzeit nicht. “Reinhold Mitterlehner ist der Parteiobmann. Er hat meine Unterstützung”, sagte Kurz am Dienstag. Er habe auch von keinen Rücktrittsdrohungen Mitterlehners gehört.

Auf die Frage, ob er die ÖVP in ihrem derzeitigen Zustand überhaupt übernehmen wolle, meinte der Minister: “Ich glaube nicht, dass das so attraktiv ist, den Job des ÖVP-Obmanns anzustreben.” Die Tageszeitungen “Presse” und “Kurier” berichteten am Dienstag in ihren Online-Ausgaben, dass Kurz Montagabend Landesparteiobleute und Bünde-Chefs darüber informiert habe, derzeit nicht für das Amt des Parteichefs zur Verfügung zu stehen. “In diesem Zustand übernehme ich die Partei nicht”, so Kurz’ abendliche Telefon-Botschaft laut den Quellen der beiden Zeitungen.

Auch Leichtfried ortet zwei Gruppierungen

Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) hat ebenfalls das “Gefühl”, dass es beim Koalitionspartner zwei Gruppierungen gibt. Er hofft, dass wieder “etwas Ruhe” in die ÖVP einkehrt, habe man doch “allerhand zu tun”. Außerdem wünschte er den Journalisten einen “guten Europatag”.

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) betonte, er gehöre zu jenen, die arbeiten wollen, sei es doch ganz zentral, die Zahl der langzeitarbeitslosen Älteren zu halbieren. Ob Mitterlehner seine Mannschaft noch unter Kontrolle hat, dies sei nicht seine Angelegenheit, so Stöger. Die Konsequenzen müsste jedenfalls die ÖVP ziehen und es sagen, wenn sie “nicht mehr will”. Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) wies ebenfalls darauf hin, dass Kurz am Dienstag bei der Regierungssitzung fehlte und bei einer “Parteiveranstaltung” weile. Sie forderte, sich auf die Regierungsarbeit zu konzentrieren.

SPÖ-Parteimanager Georg Niedermühlbichler sagte, es sei wichtig zu schauen, wer hinter Sobotkas Attacken stehe. “Wahrscheinlich will Sebastian Kurz nicht länger warten.” Das Problem müsse die ÖVP selber lösen, was nicht gehe, sei, dass der Innenminister den Kanzler austauscht, so Niedermühlbichler. Sobotka müsse sich überlegen, ob er noch Teil dieser Regierung sein möchte.

Schelling verteidigt Kurz und Sobotka

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) verteidigte hingegen die Abwesenheit von Kurz und Sobotka. Auch er sei manchmal abwesend, wenn er beim Ecofin in Brüssel sei. Auf die Journalistenfrage, ob er zum Team Mitterlehner oder zum Team Kurz gehöre, sagte Schelling: “Ich stehe im Team Regierung.” Zum Vorwurf der SPÖ, in der ÖVP gebe es konstruktive und destruktive Kräfte erklärte Schelling: “Es gibt in der SPÖ mindestens zwei, wenn nicht drei Gruppierungen.”

Mitterlehner sagte nach der – relativ kurzen – Regierungssitzung, beide Seiten müssten zur Sacharbeit zurückkehren. Es gebe wichtige Themen wie die kalte Progression oder die Aktion 20.000. Außenminister Kurz nahm er in Schutz: Auch dieser habe ein Interesse an der Koalition.

Mahrer: “Emotionen herunterfahren”

Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) meinte, die “Außensicht”, dass die SPÖ beim Koalitionspartner zwei Lager ortet, sei “jedem unbenommen”. Vizekanzler und ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner habe bereits gefordert, die Emotionen runterzufahren und das sehe er ähnlich. Die Fachminister würden gut arbeiten und daher stellte Mahrer fest: “Ich sehe das emotionslos.” Den Vorwurf, dass ÖVP-Minister die Regierungssitzung schwänzen, ließ er allerdings nicht auf sich sitzen: “Das halte ich für extrem überzogen und ungerechtfertigt.” Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sei viel unterwegs im In- und Ausland. Es gebe auch andere Termine und alle würden sich bemühen, so oft wie möglich an der Sitzung teilzunehmen. Diese Vorwürfe seien daher “ins Reich der Kampagnisierung einzuordnen”, wehrte er sich gegen diese “Einzelanschüttungen”.

Mitterlehner dementiert Rücktrittsgerüchte

Rupprechter: “Unerträgliches Schauspiel”

Umweltminister Rupprechter tadelte im Gespräch mit der APA das Verhalten der SPÖ-Minister rund um die Regierungssitzung: Sie hätten ein “unerträgliches Schauspiel” geliefert mit ihrer Kritik an Kurz. Der Außenminister werde, obwohl er “großartige Arbeit” leiste, jeden Tag von hochrangigen SPÖ-Politikern “verleumdet”. Um die Frage, ob Kurz höhere Funktionen übernehmen sollte, gehe es jetzt nicht, meinte Rupprechter, aber selbstverständlich sehe er in ihm “die Zukunft unserer Partei”.

Anders als die SPÖ-Minister mit ihrer “skurrilen Show” hätten die ÖVP-Minister gearbeitet beim Ministerrat, merkte Rupprechter an. So hätten etwa Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und er gemeinsam den steirischen Biogasbetreibern vor dem Kanzleramt versichert, dass man eine Lösung zur Verlängerung der Ökostromtarife finden werde.

Strache sieht Kurz hinter Attacken Sobotkas

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sieht hinter den verbalen Attacken durch Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) auf den Koalitionspartner SPÖ jemand anderen: “Wenn Sobotka spricht, spricht in Wahrheit (ÖVP-Außenminister Sebastian, Anm.) Kurz”, sagte er am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Sobotka diene lediglich als “Rammbock” für seinen Parteikollegen.

Strache forderte Kurz sogleich auf, aus der Deckung zu gehen und sich nicht hinter dem Innenminister zu verstecken. Inhaltlich hatte der FPÖ-Obmann an den Aussagen Sobotkas schon weniger auszusetzen, sondern sprach von berechtigter Selbstkritik: “Man sieht, es geht nichts weiter.” Zudem gehe auch ein Bruch durch die ÖVP.

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