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Nationalrat: Emotionaler Start in dreitägigen Budget-Marathon

Die Regierung verteidigt ihre Budgetziele
Die Regierung verteidigt ihre Budgetziele
Der Nationalrat ist am Dienstag recht emotional in den dreitägigen Budgetmarathon gestartet. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ortete ein "Versagen der Bundesregierung". Nachbesserungen verlangte Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) rückte seitens der Regierung zur Verteidigung aus.

Zum Auftakt der dreitägigen Budgetdebatte hat der Nationalrat Dienstagmittag das Budgetbegleitgesetz beschlossen. Dem freiwilligen “Integrationsjahr”, dem Bonus-Malus-System für Unternehmen bei älteren Arbeitnehmern und der Senkung der Lohnnebenkosten über den Familienlastenausgleichsfonds stimmten lediglich die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP zu.

Das eigentliche Budget wird erst am Donnerstagabend beschlossen, bis dahin kaut der Nationalrat nun die einzelnen Kapitel durch.

Budgetbegleitgesetz bringt freiwilliges “Integrationsjahr”

Das Budgetbegleitgesetz bringt u.a. ein freiwilliges “Integrationsjahr”: Nach Vorbild des “Freiwilligen sozialen Jahres” sollen anerkannte Flüchtlinge (und subsidiär Schutzberechtigte) ein Jahr lang bei einer NGO Dienst tun, damit die Sprache lernen und Netzwerke knüpfen.

Faymann verteidigt Steuerreform

Reformstau wollte sich der Kanzler in der Generaldebatte nicht vorwerfen lassen: Die Steuerreform werde eine Entlastung für die Arbeitnehmer bringen, “das ist Reform, wie wir sie meinen”, betonte Faymann. Sowohl mit dem Beschäftigungspaket als auch bei der Bildung habe man sehr konkrete Reformschritte festgelegt.

Für das vorliegende Budget, das Ausgaben von 77 Mrd. Euro sowie Einnahmen von 71,9 Mrd. Euro und damit ein Minus von 5,1 Mrd. Euro vorsieht, fand Faymann nur lobende Worte: Das strukturelle Nulldefizit solle auch 2016 wieder erreicht werden, “das sind stabile Finanzen”, unterstrich er. In der Prognose sei für 2016 ein Wachstum von 1,4 Prozent eingestellt. Dies sei ein Beleg dafür, dass man im Rahmen der Möglichkeit in Wachstum investiere. Es gehe auch um europäische Wirtschaftspolitik, “wir wollen kein Land der Mauern sein”. Länder wie Österreich hätten durch ihre sozialen Standards und ihre Wirtschaftskraft hohe Attraktivität und seien ein “Magnet”, aber man müsse daran arbeiten, “dass wir in Europa Vorbild bleiben”.

Strache ortet “Reformverweigerung”

Der Schuldenweg werde mit diesem Budget wieder einmal “konsequent fortgesetzt”, hatte Strache davor kritisiert. Das Budget sei “ambitionslos”, ortete der blaue Klubobmann “Reformverweigerung” der Regierung. “Das ist traurig, aber nicht wirklich überraschend.” Bei der Steuerreform etwa sei die Gegenfinanzierung “äußerst dubios”.

Auch das Top-Thema Flüchtlinge ließ Strache mit einem Verweis auf Mehrkosten etwa für die Grundversorgung oder den Assistenzeinsatz des Bundesheers nicht aus: “Wir haben es mit einer modernen Völkerwanderung zu tun.” Die EU versage und die Regierung sei nicht bereit, “dieses Scheitern zu kompensieren”, indem man die Grenze schütze, etwa durch Kontrollen und Registrierungen. Strache befürchtete, dass viele illegal hierbleiben. Es handle sich um ein “sicherheitspolitisches Problem”.

Glawischnig will Nachbesserungen

Glawischnig forderte weiterhin Nachbesserungen. Die Lücke von 350 Mio. Euro im Bildungsbereich werde mit der jüngst präsentierten Bildungsreform nicht geschlossen. Im Zusammenhang mit der anstehenden Klimakonferenz kritisierte die Grüne Klubobfrau, dass die Regierung die wichtigsten Klimaschutzinstrumente “drastisch zusammengekürzt” habe, “das kann nicht Ihr Ernst sein”. Im Bereich der Flüchtlinge bezeichnete es Glawischnig als “absurd”, dass etwa die Beiträge fürs Flüchtlingshochkommissariat und das Kinderhilfswerk der UNO weiter gekürzt würden.

“Extrem verantwortungslos” gegenüber den Familien sei die geplante Senkung der Arbeitgeberbeiträge an den Familienlastenausgleichsfonds, denn man habe nicht überlegt, wie man den “FLAF” für die Zukunft absichere, meinte Glawischnig. Man solle nicht “unnötig verunsichern”, 2016 würden die Familienleistungen erhöht, entgegnete ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka.

Lopatka fordert Reformen bei “Kostentreibern wie Pensionsausgaben”

Auch dürfe man die Steuerreform nicht kleinreden, diese bringe jedem Einzelnen etwas, betonte Lopatka. Das Budget gehe in die richtige Richtung. Man habe Herausforderungen wie schleppende Konjunktur und Mehrkosten für Flüchtlinge berücksichtigen müssen. Einmal mehr forderte Lopatka Reformen bei den “großen Kostentreibern wie den Pensionsausgaben”: Es gehe keinesfalls um einen Eingriff in bestehende Pensionen, aber man müsse früh beginnen, die Pensionen auch für nachfolgende Generationen zu sichern.

Strolz: Budget nicht “enkelfit”

Das vorliegende Budget sei nicht “enkelfit”, befand NEOS-Chef Matthias Strolz. “Diese Regierung steht neben der Spur”, man habe keine Konzepte. Im Bildungsbereich fehlten Hunderte Millionen, “das ist verantwortungslos”, auch gegenüber dem Parlament, ärgerte sich Strolz. “Sie können nicht mit einem Budget hier herkommen, wo Sie von vornherein wissen, das geht sich nicht aus – das ist ein Schwindel.” Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP attestierte Strolz zwar guten Willen, er zeigte sich aber empört über die “Schattenregierung der hemmungslosen Besitzstandswahrer”.

Seit Jahrzehnten erzählten die Finanzminister, wo gespart werden müsse, “aber es passiert nichts”, kritisierte auch Team Stronach-Klubchef Robert Lugar. Die Steuern würden erhöht, aber die Einsparungen blieben aus. Der Regierung unterstellte er “Reformstau”. (APA)

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