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Erster Tag des Wettlesens um den Bachmann-Preis

Stefanie Sargnagel machte den Anfang
Stefanie Sargnagel machte den Anfang
"Ich glaube, es wird ein guter Tag, denn ich habe das Gefühl, ich habe mein Leben im Griff." Mit diesem Beginn des Textes "Penne vom Kika" der Wienerin Stefanie Sargnagel hat am Donnerstag das Wettlesen um den Bachmann-Preis im ORF-Theater in Klagenfurt begonnen. Die einzige Österreicherin des Feldes hatte Startnummer eins gezogen. 2015 war die Siegerin Nora Gomringer mit Nummer zwei angetreten.


Sargnagel, die von Jurorin Sandra Kegel eingeladen wurde, war mit auf Facebook publizierten Kurz-Texten bekannt geworden. Ihr Bachmann-Preis-Text umfasst elf A-4-Seiten und begleitet die Autorin (“Ich bin ja jetzt Autorin, und mit jedem Euro, den ich dadurch verdiene, wird mein inneres Poesievögelchen schwächer.”) als Ich-Erzählerin durch einen Wintertag.

Die titelgebenden “Penne vom Kika” werden im Text als um 3 Euro im fast leeren Möbelhaus-Restaurant eingenommenes Mahl beschrieben: “Sie schmecken nach gar nichts, genau wie ich es mag.” Der Juryvorsitzende Hubert Winkels ortete in dem Text eine Gralssuche und befand: “Das war eine schöne Eröffnung, etwas heftig für 10 Uhr morgens – nicht ganz neu, aber gut gemacht”.

Als Nummer zwei des Wettlesens las der in Leipzig lebende Deutsche Sascha Macht, dessen erster Roman “Der Krieg im Garten des Königs der Toten” im Frühjahr erschienen war. Sein Text “Das alte Lied von Senor Magma” spielt im Universitätsmilieu einer von Dschungel umgebenen Stadt. Der Ich-Erzähler ist ein offenbar aus politischen Gründen von der Uni entlassener Literaturhistoriker, der “zu anarchistischen Strömungen in der Literatur des vom Bürgerkrieg zerrissenen Spanien” forscht und albtraumartige Visionen der Zukunft hat. Die Jury konnte sich dafür mehrheitlich nicht begeistern.

Marko Dinic, ein in Salzburg lebender gebürtiger Wiener mit serbischem Pass, beendete die erste Vormittags-Session mit einem “Als nach Milosevic das Wasser kam” betitelten Auszug aus einem Roman. Es ist die Erinnerung eines Maturanten an das NATO-Bombardement von Belgrad 1999, als der Ich-Erzähler ein elfjähriger Schüler war, der Milosevic liebte, “weil mein Vater, der Trottel, ihn auch liebte”. Der Text ist auch eine – von Dinic mit viel Emotion vorgetragene und mit serbischen Songeinlagen garnierte – bittere Abrechnung des Sohnes mit seinem Vater, der dem damaligen Regime als Beamter diente und der “guten, alten Zeit” nachtrauert. Die Jury zeigte sich von dieser Schilderung und dem Umgang mit historischen Themen beeindruckt.

Den ersten Nachmittag im Rahmen der 40. Tage der deutschsprachigen Literatur begann der kürzlich von Wien nach Köln gezogene Deutsche Bastian Schneider mit einer “MEZZANIN: Stücke” betitelten Sammlung von Prosa-Miniaturen. Von “Halbstück” über “Pizzastück” und “Mundstück” bis zu “Bruchstück” (“Ich spreche gebrochen und breche gesprochen entzwei.”) und “Schlußstück” reichen Schneiders 29 mitunter nur einen Satz langen Kurztexte, die in der Form sein im Frühjahr erschienenes Prosadebüt “Vom Winterschlaf der Zugvögel” fortführen. Die Rede kommt dabei auf Schuhe und Handschuhe, auf alltägliche Beobachtungen in der U-Bahn, auf der Straße, auf Markt und Flohmarkt, in Bars und Tanzbars. Allerdings musste der Autor für seine “literarischen Stillleben” (Jurymitglied Sandra Kegel) teilweise arge Kritik einstecken.

Heuer treten sieben Autorinnen und sieben Autoren bei der Veranstaltung an, die am Sonntag mit der Preisverleihung abgeschlossen wird. Vier Preise werden vergeben. Der nach der in Klagenfurt geborenen Autorin Ingeborg Bachmann (1926-1973) benannte Hauptpreis ist mit 25.000 Euro dotiert. Daneben werden der Kelag-Preis (10.000 Euro) und der 3sat-Preis (7.500 Euro) vergeben. Die Zuhörer entscheiden via Internet über den BKS-Bank-Publikumspreis (7.000 Euro).

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