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Fall Luca: Urteil gegen Mutter aus erster Instanz bestätig

Nach dem Start der Berufungsverhandlung am Donnerstagvormittag zog sich der Richtersenat unter Vorsitz von Beatrix Kiechl kurz nach 12.00 Uhr zur Beratung zurück.
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Nach einer guten Stunde wurden die Urteile verkündet. “Innerhalb ihres Ermessensspielraumes hatte die Sozialarbeiterin keine Möglichkeit anders zu handeln”, begründete die Vorsitzende den Freispruch für die Sozialarbeiterin. Zudem müsse man von dem Erkenntnisstand ausgehen, den die 49-Jährige damals zur Verfügung gehabt habe. Der Senat sei zu dem Schluss gekommen, dass die Sozialarbeiterin keine objektive Sorgfaltswidrigkeit gesetzt habe.

Das im Fall der Mutter vom Erstgericht gefällte Urteil sei “nicht zu beanstanden”, betonte Kiechl hingegen. Es hätte der Frau klar sein müssen, dass ihr Kind misshandelt werde. Daher hätte sie Sorge tragen und alles dafür tun müssen, dass der Bub keiner unmittelbaren Gefahr mehr ausgesetzt werde. Aufgrund ihrer Unterlassung habe sie die schweren Verletzungen zu verantworten. “Sie hätten ihr Kind nicht mehr alleine lassen dürfen”, sagte die Richterin in Richtung der Angeklagten.

Der Verteidiger der angeklagten Sozialarbeiterin, Markus Orgler, hatte von seiner Mandantin als “Bauernopfer” gesprochen. Aus seiner Sicht bestehe kein “kausaler Zusammenhang” zwischen den von der Frau unterlassenen Maßnahmen und dem tragischen Schicksal des Buben. “Selbst wenn sie eine Kindes-Wegnahme veranlasst hätte, hätte es in der Praxis sicher länger als drei Wochen gebraucht, diese auch wirklich einzuleiten”, sagte er. Solche Maßnahmen würden niemals innerhalb von so kurzer Zeit von einem Bezirksgericht abgehandelt. “Von vorn herein betrachtet war der Fall Luca ein Durchschnittsfall für meine Mandantin”, sagte Orgler. Im Nachhinein sei es immer leichter zu entscheiden.

Der Verteidiger der angeklagten Mutter des verstorbenen Kindes, Albert Heiss, wehrte sich gegen den Vorwurf, seine Mandantin hätte erkennen müssen, dass ihr Lebensgefährte “eine Bombe” sei. “Selbst die Umgebung hat ihn als fleißigen, umgänglichen, religiösen Menschen geschildert und sie hätte innerhalb einiger Monate das wahre Wesen des Mannes erkennen sollen? Das war nicht möglich”, sagte er.

“Rippen- und Armbrüche gehen an einem Kind nicht spurlos vorüber. Sie hätte sie bemerken und ärztlichen Rat aufsuchen müssen”, meinte hingegen Oberstaatsanwalt Kurt Spitzer. Das Erstgericht habe die Frage der Erkennbarkeit der Verletzungen ausführlich und detailliert dargelegt. Es sei von der Mutter nicht verlangt worden, den Täter zu erkennen, sondern die Misshandlungen ihres Kindes.

Auch für die angeklagte Sozialarbeiterin hätte sich laut Oberstaatsanwalt aus den Umständen eine Pflicht, tätig zu werden, ergeben müssen. Er habe den Eindruck, die ehemalige Mitarbeiterin der Jugendwohlfahrt habe eher weg- als hingeschaut: “Wir behandeln in dieser Verhandlung keine Systemfrage oder ob die gesamte Institution richtig gehandelt hat. Diese steht nicht auf dem Prüfstand.” Doch für die Angeklagte “hätte sich eine Pflicht, tätig zu werden, ergeben müssen”. Beide Ersturteile wiesen für ihn keine Mangelhaftigkeit auf.

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