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Frankreichs Justizministerin Taubira nimmt ihren Hut

Taubira war mit Verfassungsänderungen nicht einverstanden
Taubira war mit Verfassungsänderungen nicht einverstanden
Im Streit um die Aberkennung der Staatsangehörigkeit bei terroristischen Straftaten nimmt Frankreichs Justizministerin Christiane Taubira ihren Hut. Die Ministerin reichte am Mittwoch bei Präsident Francois Hollande ihren Rücktritt ein, der den sozialistischen Abgeordneten Jean-Jacques Urvoas zu Taubiras Nachfolger ernannte. Sie gehe wegen eines "großen politischen Zerwürfnisses", sagte Taubira.


Premierminister Manuel Valls präsentierte im Parlament die umstrittene Verfassungsreform, die Taubira kritisiert hatte. Die linksgerichtete 63-jährige Taubira wurde bei den regierenden Sozialisten geschätzt, aus den Reihen der konservativen Opposition jedoch für ihre Politik stark kritisiert. Von rechtsextremer Seite sah sich die dunkelhäutige Politikerin immer wieder auch rassistischen Anfeindungen ausgesetzt. “Manchmal bedeutet Widerstand zu bleiben”, manchmal bedeute er aber auch “zu gehen”, um sich selbst treu zu bleiben, erklärte Taubira zu ihrem Rücktritt.

Bei einer Pressekonferenz sagte die vor allem von Linken unterstützte Taubira, sie habe sich und ihren Überzeugungen weiter treu bleiben wollen. Aus Hollandes Umfeld verlautete, dass ihr Rückzug bereits seit Samstag festgestanden habe. In den Wochen zuvor hatte es demnach immer wieder Diskussionen zwischen ihr, Hollande und Premierminister Valls über die geplante Verfassungsreform gegeben.

Die französische Regierung reagiert mit der Reform auf die islamistischen Anschläge vom November in Paris mit 130 Toten. Seitdem gilt in Frankreich der Ausnahmezustand, und Hollande will diesen nun in der Verfassung verankern. In den Text soll außerdem die mögliche Aberkennung der französischen Staatsbürgerschaft bei Terrorvergehen aufgenommen werden. Anfang Februar befasst sich das Parlament mit der Reform.

Geplant ist, den Entzug der Staatsbürgerschaft für in Frankreich geborene Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft festzuschreiben. Es existiert bereits ein Gesetz, das den Entzug der Staatsbürgerschaft für diejenigen erlaubt, die sie erst im Laufe ihres Lebens erworben haben. Taubira erklärte mehrfach, dass sie dagegen sei, die Aberkennung der Staatsbürgerschaft auszudehnen und die Maßnahme in die Verfassung aufzunehmen.

Valls erklärte nun bei der Vorstellung des Textes im Parlament, es werde keinen sprachlichen Verweis auf “doppelte Staatsbürger” geben, um einer möglichen “Stigmatisierung” von Binationalen entgegen zu wirken. De facto betrifft eine solche Maßnahme aber nur diejenigen, die zwei Pässe haben, denn internationales Recht verbietet das Schaffen von Staatenlosen.

Gleichwohl könnten wegen Terrorvergehen Verurteilte auch Rechte verlieren, “die an die Nationalität gebunden” seien, erklärte Valls. Das betrifft etwa das aktive und passive Wahlrecht oder eine Funktion im öffentlichen Dienst. Betroffen davon wären dann auch Franzosen ohne zweiten Pass.

Zu Taubiras Nachfolger wurde der Valls-Vertraute Urvoas ernannt, ein Experte in Sicherheitsfragen. Er werde nun gemeinsam mit dem Premierminister die Verfassungsreform auf den Weg bringen, erklärte der Elysee-Palast. Zugleich lobten Hollande und Valls Taubiras Arbeit. Die Politikerin war seit 2012 Justizministerin. Sie brachte unter anderem das Gesetz zur Homoehe und eine Justizreform auf den Weg.

Aus den Reihen der Sozialisten bekam Taubira am Mittwoch Anerkennung für ihre Arbeit als Ministerin. Die konservativen Republikaner bezeichneten Taubiras Rücktritt als “folgerichtig”, da sie nicht mehr im Einklang mit der Regierung gestanden sei. Die Opposition befürwortet ein hartes Ahnden von Terrorvergehen. Die Chefin der rechtsextremen Partei Front National, Marine Le Pen, sprach mit Blick auf den Rücktritt von einer “guten Nachricht” für Frankreich.

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