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Haas-Symposium in Wien: "Österreich ist keine Insel der Seligen"

Haas-Symposium - Grünberger: "Irgendwann werden die Katzenfotos fad"
Haas-Symposium - Grünberger: "Irgendwann werden die Katzenfotos fad" ©APA (Sujet)
Geht es um Zustandsbeschreibungen der heimischen Medienlandschaft, ist das Statement, dass "Österreich keine Insel der Seligen ist", quasi zum geflügelten Wort geworden.
"Journalismus steht vor Problem"
Hannes Haar gestorben

Donnerstagabend ließ es Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ), bei einer Diskussion fallen. In memoriam Hannes Haas klärten Branchenprofis, warum Journalismus unverzichtbar bleiben wird.

Kritik an der Medienpolitik

So hat es jedenfalls der im Frühjahr verstorbene Kommunikationswissenschafter konstatiert, der zuletzt im Auftrag des Bundeskanzleramts die Presseförderung unter die Lupe nahm. Folgen zog die umfangreiche Analyse, die seit gut zwei Jahren vorliegt, aber keine nach sich. “Was da passiert ist, ist ein Paradebeispiel für die Unglaubwürdigkeit der Politik”, erklärte denn auch Journalist Engelbert Washietl, der als Sprecher der Initiative Qualität im Journalismus (IQ) fungiert.

Mit Kritik an der Medienpolitik geizte das Podium ohnedies nicht. Zwar hatte Minister Josef Ostermayer (SPÖ) den Ehrenschutz für das zweitägige Symposium übernommen, welches das Publizistik-Institut gemeinsam mit VÖZ, ORF, APA, “Der Standard” sowie der Fakultät für Sozialwissenschaften und dem Rektorat der Uni Wien Donnerstag und Freitag veranstaltet. Dem von APA-Chefredakteur Michael Lang moderierten Gedankenaustausch blieb er aber fern. “Typisch” fand das “Standard”-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid, “solche Branchentreffs meidet er ja”.

Suche nach neuem Geschäftsmodell

Anstatt sich also der von Haas empfohlenen Förderung von Qualitätsinhalten quer über die Mediengattungen zu widmen, würde die öffentliche Hand in erster Linie den Boulevard “alimentieren”, wie es Föderl-Schmid ausdrückte. 50 Mio. Euro hatte Haas als Summe empfohlen, zuletzt wurde die Presseförderung aber um rund zwei Mio. Euro gekürzt und liegt aktuell bei rund neun Mio. Euro. “Die Presseförderung, egal in welcher Höhe, wird kein Zeitungsunternehmen retten, das hat die Vergangenheit gezeigt”, gab Grünberger zu bedenken. Sie könne aber in schwierigen Zeiten sich auftuende Lücken schließen und überbrücken.

Bleibt also die Suche nach neuen Geschäftsmodellen, die von den Medien selbst zu bewerkstelligen sein wird. ORF-Anchorman Armin Wolf zeigte sich grundsätzlich “nicht so optimistisch” wie einige Kollegen. “Die Form des Journalismus ändert sich seit 200 Jahren”, weshalb man sich ständig den neuen Gegebenheiten anpassen müsse. Dennoch steuere man aus wirtschaftlicher Sicht in den nächsten zwei, drei Jahren auf einen Tippingpoint zu, den Wolf als “dramatisch” beschrieb. “Es gab noch nie so viel guten Journalismus wie heute, aber ökonomisch geht es mit Medien den Bach runter”, so Wolf.

Rolle der externen Berater

Welche Modelle sind also vorstellbar? “Auch Hochkultur lässt sich nicht ausschließlich privatwirtschaftlich finanzieren”, zeigte der ORF-Journalist wenig Probleme mit modernem Mäzenatentum à la Amazon-Gründer Jeff Bezos bei der “Washington Post”. Unwohl fühlte sich hingegen Föderl-Schmid bei diesem Gedanken, wäre sie doch “nicht gerne von Frank Stronach abhängig”. An Quer- und Mischfinanzierungen werde aber kaum ein Weg vorbeiführen, wobei die “Standard”-Chefredakteurin neuerlich die Idee einer Haushaltsabgabe, die allen Mediengattungen zugutekommt, aufs Tapet brachte.

Kurz thematisiert wurde auch die Rolle von externen Unternehmensberatern, die in Zeiten knapper Budgets immer wieder Medienhäuser unter die Lupe nehmen. “Null Ergebnis” sprach ihnen Washietl zu, während Grünberger sie nicht per se verteufeln würde. “Sie sind in der Regel nur so gut, wie sie gebrieft werden.” Für den ORF ist aktuell Boston Consulting tätig, die dem Sender Empfehlungen für die künftige Struktur unterbreiten sollen – für eine kolportierte Summe von 500.000 Euro. “Das könnte ich wohl auch in einer Woche schreiben”, meinte Wolf dazu.

Symposium für Hannes Haas

Unabhängig von diesen Umständen, war sich das Podium letztlich einig, dass professioneller Journalismus auch künftig eine wesentliche Rolle für demokratische Gesellschaften spielen werde. “Der Journalismus der Zukunft ist jener, den wir machen und entwickeln”, betonte Puls 4-Infochefin Corinna Milborn, während Elisabeth Wasserbauer, Leiterin des Kuratoriums für Journalistenausbildung (KfJ), das “Verantwortungsgefühl für die Berufsrolle” in den Fokus rückte. Und Grünberger appellierte wohl indirekt an das Rezeptionsverhalten der etwas jüngeren Zielgruppe: “Irgendwann werden die Katzenfotos fad.”

(APA)

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