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Handgranatenmord in Wien-Ottakring: Neue Details enthüllt

Damals kam es zu einer tödlichen Explosion in Wien-Ottakring.
Damals kam es zu einer tödlichen Explosion in Wien-Ottakring. ©APA
Im sogenannten Handgranatenmord liegt die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien vor. Darin werden neue, bisher nicht bekannte Details enthüllt.
Suche nach der Waffe
Rohrbombe war geplant
Verdächtigen-Trio in U-Haft
Bombe in Verbindung mit Mordfall
Geständnis zu der Tat
Handgranatenmord geklärt

Bei dem aufsehenerregenden Fall wurden der Transportunternehmer Zlatko N. (45) und der zeitweise von ihm als Fahrer beschäftigte Horst Waldemar W. (57) in der Nacht auf den 11. Jänner 2014 in Wien-Ottakring getötet.

Hangranatenmord: Nun neue Details

Auf 26 Seiten wirft Staatsanwalt Leopold Bien dem Hauptangeklagten Kristijan H. (35) vor, das Verbrechen minutiös geplant zu haben.

Er soll sich laut Anklage bereits im November 2013 entschlossen haben, die beiden Männer zu beseitigen, mit denen er einträgliche Geschäfte mit nach Österreich importiertem Diesel gemacht hatte, der ohne Abfuhr der Mineralölsteuer im Sommer 2013 direkt an Tankstellen verkauft wurde.

Strohmann hätte untertauchen sollen

Das Motiv waren offenbar nicht ausschließlich Unstimmigkeiten über die Gewinnaufteilung, bei der sich Zlatko N. und Horst Waldemar W. übers Ohr gehauen fühlten. Das hat die beiden laut Anklageschrift veranlasst, Drohungen gegen Kristijan H. auszustoßen.

Auf den Namen des 57-jährigen W. war die zum Treibstoff-Import gegründete Firma zum Schein angemeldet, über die insgesamt 1,53 Millionen Liter Diesel eingeführt wurden. Der gebürtige Deutsche machte entgegen einer ursprünglich getroffenen Abmachung keinerlei Anstalten, das Land zu verlassen und unterzutauchen. Kristijan H. soll aufgrund dessen befürchtet haben, dass die illegalen Tricksereien – allein die hinterzogene Mineralölsteuer machte rund 613.000 Euro aus – auffliegen und der als “Strohmann” eingesetzte Horst Waldemar W. bei einer Befragung durch die Strafverfolgungsbehörden seine Hintermänner preisgeben könnten.

“Mord mit Kalkül”?

Deswegen mussten – so der Tenor der Anklage – der 57-Jährige sowie Zlatko N. sterben, dem Kristijan H. zum Vorwurf machte, seinen Fahrer nicht mehr unter Kontrolle zu haben.

“Erste Überlegungen, sich auf W. zu beschränken, verwarf er aus Sorge über die möglichen Reaktionen von N. In seinem Kalkül schätzte er die Wahrscheinlichkeit, für die Begehung der Morde zur Verantwortung gezogen zu werden, geringer ein als die Entdeckungswahrscheinlichkeit für die Finanzvergehen”, schreibt Staatsanwalt Bien in seiner  Anklageschrift.

Darüber hinaus hatte Kristijan H. laut Anklage Zlatko N. wenige Sekunden, bevor er ihn mit drei Schüssen aus einem Revolver tötete, noch 20.000 Euro abgenommen. Er soll den in Mondsee wohnhaften Unternehmer, mit der Vorgabe nach Wien gelockt haben, diesem ein lukratives Mineralölgeschäft mit einem Serben oder Russen vermitteln zu können.

Tödliche Falle in Wien-Ottakring

Konkret hatte der 35-Jährige Zlatko N. vorgemacht, dieser könne um 20.000 Euro an einen Tanklastzug mit 30.000 Liter Diesel gelangen, wobei der Weiterverkauf mindestens 30.000 Euro einbringen werde. Zlatko N. soll daraufhin im Freundes- und Bekanntenkreis Geld zusammengekratzt und sich mit den eingesammelten 20.000 Euro und seinem Fahrer Horst Waldemar W. in die Bundeshauptstadt begeben haben.

Am Treffpunkt in der Odoakergasse gingen die beiden in eine tödliche Falle. Kristijan H. stellte ihnen seinen Bekannten Dejan V. (30) unter dem Namen “Eddy” als vermeintlichen Diesel-Verkäufer vor. Nachdem Zlakto N. das Bargeld aus einem Kuvert genommen und übergeben hatte, setzte sich Kristijan H. in dessen Fahrzeug und gab vom Rücksitz aus einen Schuss in den Kopf und zwei in die Brust des 45-Jährigen ab. Dieser war auf der Stelle tot.

Während Dejan V. auf dem Gehsteig die Banknoten zählte, richtete Kristijan H. den Revolver auf Horst Waldemar W. Die Waffe hatte allerdings Ladehemmung, worauf er eine Handgranate an sich nahm, die ihm sein Vater besorgt hatte, den Sicherungssplint herauszog und dem auf dem Beifahrersitz befindlichen 57-Jährigen vor die Füße warf. Bevor es zur Explosion kam, hatte der Hauptangeklagte rechtzeitig das Fahrzeug wieder verlassen.

Handgranate explodierte

Die Detonation der Granate hatte keine unmittelbare tödliche Wirkung, obwohl sie dem Deutschen die linke Hand zur Gänze zerfetzte und Brust- und Bauchhöhle eröffnete. “W. war kurzfristig sogar noch bei Bewusstsein und rief nach Hilfe, ehe er in Ohnmacht fiel”, so die Anklageschrift. Der Tod erfolgte erst im Rettungsauto infolge eines Einrisses der Körperhauptschlagader.

Neben Kristijan H. wurde auch Dejan V. zur Anklage gebracht, dem angekreidet wird, an der unmittelbaren Tatausführung in Kenntnis des mörderischen Plans beteiligt gewesen zu sein. Außerdem soll er den Revolver sowie eine Rohrbombe besorgt haben, mit der das Verbrechen ursprünglich hätte ausgeführt werden sollen, wovon Kristijan H. dann allerdings nach Recherchen im Internet Abstand nahm, weil er befürchtete, die Explosion könnte Unbeteiligte verletzen.

Verhandlung im Herbst?

Angeklagt wurde auch die ältere Schwester des mutmaßlichen Haupttäters, der sich im Ermittlungsverfahren im Unterschied zu den beiden Mitangeklagten grundsätzlich geständig gezeigt hat. Die 43-jährige Renata H. soll in die blutigen Pläne zur Gänze eingeweiht gewesen sein, für Dejan V. ein Hotelzimmer angemietet, ihre eigene Wohnung als Lager für diverse zur Durchführung der Bluttat angeschaffte Utensilien zur Verfügung sowie ihren Bruder und dessen Helfer zum Tatort chauffiert und von dort wieder weggebracht haben.

Die Verteidiger Philipp Winkler, der Kristijan H. vertritt, Nikolaus Rast – Rechtsbeistand der Schwester – sowie Ernst Schillhammer und Marcus Januschke, die Dejan V. rechtsfreundlich betreuen, haben jetzt 14 Tage Zeit für allfällige Einsprüche gegen die Anklage. Sollte diese in Rechtskraft erwachsen, könnte im Herbst verhandelt werden.

(APA)

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