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Hard verliert Rechtsstreit um Photovoltaik-Anlage vor dem OGH

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Hard. Das Verschwinden eines Photovoltaik-Anlagen-Errichters kommt die Gemeinde Hard nun - unverschuldeterweise - im Endeffekt teuer zu stehen. Von 800.000 auf 1,3 Mio. Euro steigen die Kosten für mehrere PV-Anlagen auf mehreren Gebäuden.

Die Errichtung von umfangreichen Photovoltaikanlagen auf mehreren Gebäuden der Marktgemeinde Hard hat die Bodensee-Anrainergemeinde deutlich mehr Geld gekostet als ursprünglich geplant. Die im Gemeindeblatt im September 2012 berichteten Kosten in Höhe von etwa 800.000 Euro belaufen sich schlussendlich auf 1,3 Millionen Euro, also eine Steigerung von rund einer halben Million Euro. Das berichtet die “Wirtschaftspresseagentur”.

Maßgeblich dafür verantwortlich und Auslöser für diese Kostensteigerung ist allerdings nicht eine Fehlentscheidung der Gemeinde, sondern das plötzliche Verschwinden von Kurt Ernenputsch, dem geschäftsführenden Gesellschafter der Firma Enelution GmbH aus Langenegg, im Herbst 2012.

Solaranlagenbauer bis heute verschwunden

Die erst 2010 gegründete und mittlerweile insolvente Enelution GmbH hatte nach einer EU-weiten Ausschreibung von Hard den Auftrag zur Errichtung der Anlage mit 3.800 Quadratmeter PV-Modulflächen und einer Leistung von 544 kWp erhalten. Allerdings wurden schon vor der Fertigstellung im Spätherbst 2012 teils erhebliche Baumängel erkennbar. Nach deren Auftreten war der Enelution-Geschäftsführer von einem Tag auf den anderen verschwunden – bis heute.

500.000 Euro an Schaden für Gemeinde

Die Photovoltaik-Anlage Hard Betriebs GmbH, eine 100-Prozent-Tochter der Gemeinde mit Bürgermeister Harald Köhlmeier als Geschäftsführer, war dadurch mit einer ganzen Reihe von Mehrkosten konfrontiert, sei es zur Mängelbehebung beziehungsweise zur Fertigstellung der Anlage. “Schlussendlich beläuft sich der Schaden auf rund 500.000 Euro”, so Köhlmeier auf wpa-Anfrage. Man habe damals schnell reagieren müssen, um die Anlage zeitgerecht zur Inanspruchnahme der attraktiven Einspeistarife fertig zu stellen, so der Bürgermeister.

Hohe Mehrkosten durch komplizierten Rechtsstreit

Ein erheblicher Anteil dieser Mehrkosten – Insider sprechen von mehr als 100.000 Euro für Zinsen, Verfahrenskosten etc. – entfällt allerdings auf einen umfangreichen Rechtsstreit, der bis hinauf zum Obersten Gerichtshof (OGH) ging und sogar für ein Folgeverfahren sorgte. Da es dabei um das Infragestellen einer sogenannten “abstrakten Bankgarantie” ging, sorgte das Verfahren in Vorarlberger Bankenkreisen für entsprechende Aufmerksamkeit. Abstrakte Bankgarantien gelten als eine der sichersten Garantien überhaupt, Ausnahmen von der Zahlungsverpflichtung gibt es nur in ganz seltenen Fällen.

Im vorliegenden Fall hat die Raiffeisenbank am Bodensee im Auftrag von Hard der Volksbank Vorarlberg eine solche abstrakte Bankgarantie ausgestellt. Die Volksbank war die Geschäftsbank von Kurt Ernenputsch, sie finanzierte dessen Arbeiten in Hard. Nach seinem Verschwinden und den sich abzeichnenden finanziellen Problemen wollte die Volksbank Vorarlberg ihre Bankgarantie in Höhe von rund 764.000 Euro bei der Raiba am Bodensee ziehen.

Doch die der Gemeinde gehörende Photovoltaik-Anlage Hard Betriebs GmbH verhinderte dies Anfang 2013 mit einer Einstweiligen Verfügung gegen die Raiba, wodurch diese die Bankgarantie nicht auszahlen durfte. “Wir sind angesichts der Umstände von einer missbräuchlichen Verwendung der Bankgarantie ausgegangen und wollten die Zahlung mit allen Mitteln verhindern”, so Köhlmeier.

Hard klagt Volksbank

In weiterer Folge brachte die gemeindeeigene PV-Betreibergesellschaft 2013 denn auch eine Klage am Landesgericht Feldkirch gegen die Volksbank Vorarlberg ein. Dabei ging es um den Widerruf der Inanspruchnahme der genannten Bankgarantie für die Volksbank. Doch sowohl dieses Verfahren, als auch eine Berufung am Oberlandesgericht Innsbruck und eine außerordentliche Revision beim OGH hat die Photovoltaik-Anlage Hard Betriebs GmbH verloren.

Der Beschluss des OGH lässt keinen Zweifel daran, dass unter anderem eben genau die Absicherung von solchen Geschäftsfällen “im Wesen der Bankgarantie” liege: Dass nämlich der Begünstigte auch auf die bloße Behauptung hin, dass der Garantiefall eingetreten sei, seine Zahlung erhält und der andere Vertragspartner dann eine Rückforderungsklage einbringen muss, sofern er die Zahlung als nicht gerechtfertigt hält. Eine Bankgarantie bleibt im Geschäftsleben also weiterhin äußerst verlässlich.

Volksbank klagt Raiba am Bodensee

Doch damit nicht genug: Nachdem der OGH die Sachlage entschieden hatte, musste die Volksbank Vorarlberg in weiterer Folge die Raiba am Bodensee klagen, damit sie die Bankgarantie in Höhe von 764.000 Euro ausbezahlt bekommt. Auch dieses Verfahren hat die Volksbank Ende Februar 2015 gewonnen, die Raiba am Bodensee musste die Bankgarantie leisten. Bei der Volksbank Vorarlberg bestätigte Vorstandsvorsitzender Gerhard Hamel auf wpa-Anfrage, dass die genannten Rechtsstreitigkeiten in dieser Causa stattgefunden hätten und dass die Volksbank alle Verfahren rund um die Bankgarantie gewonnen habe. “Weitere Informationen dürfen wir angesichts des Bankgeheimnisses nicht bekannt geben”, so Hamel.

Raiba am Bodensee lässt es darauf ankommen

Walter Sternath, Vorstand der Raiba am Bodensee, erklärte diesbezüglich, dass seine Bank als Garantiegeber in der Anfangsphase der Streitigkeiten aufgrund der Einstweiligen Verfügung gar keine Möglichkeit gehabt hätte, die Bankgarantie auszuzahlen. Dass man sich nach dem Vorliegen des OGH-Urteils noch klagen ließ, bevor die Bankgarantie eingelöst wurde, begründet Sternath mit der außerordentlichen Komplexität des Verfahrens.

“Da ging es um angeblich missbräuchliche Verwendungen von Bankgarantien, einen verschwundenen Geschäftsführer und eine nicht fertiggestellte PV-Anlage. Durch die Klage wollten wir gerichtlich sicherstellen, dass wir keine Sorgfaltspflichten verletzen, wenn wir der Garantie nachkommen”, so Sternath.

Es sei darum gegangen, die Raiba am Bodensee vor möglichen Forderungen zu schützen, falls sich im Nachhinein herausgestellt hätte, dass die Garantie zu Unrecht ausbezahlt wurde. Grundsätzlich komme eine Verweigerung der Auszahlung einer abstrakten Bankgarantie sehr selten vor. Auch wenn es schlussendlich eine autonome Entscheidung der Bank ist, halte man immer Rücksprache mit dem Auftraggeber der Garantie.

Hard musste Geld nachschießen

Der Harder Bürgermeister Harald Köhlmeier meinte in dem Zusammenhang, dass das Verschwinden des Enelution-Geschäftsführers zu sehr viel Ärger, Mehraufwand, Auseinandersetzungen und den genannten Mehrkosten geführt habe. “Das ist umso ärgerlicher, weil wir ihn im Vorfeld grundlegend überprüft haben, sei es über Referenzen oder seine Liquidität. Nichts hat auf die Probleme hingedeutet”, so Köhlmeier.

Nichtsdestotrotz sei die gemeindeeigene PV-Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt finanziell gefährdet gewesen. Denn die Marktgemeinde Hard habe im Rahmen der Streitigkeiten einen Eigenkapitalzuschuss in Höhe von rund 300.000 Euro aus zweckgebundenen Rücklagen geleistet. Und auch die Gelder aus dem für die PV-Anlage ins Leben gerufenen Bürgerbeteiligungsmodell seien zu jedem Zeitpunkt abgesichert gewesen.

Amortisation verzögert sich – Strafanzeige angedacht

Seit der Inbetriebnahme Ende 2012 hätten die damals installierten PV-Anlagen pro Jahr zu Erträgen von 130.000 Euro (netto) geführt. “Die entstandenen finanziellen Schäden verlängern zwar die Amortisation der Anlagen. Allerdings haben wir es nicht mit einem finanziellen Super-Gau zu tun, wie man an den Erträgen sieht”, so der Harder Bürgermeister. Jedoch überlege man sich, ob man gegen den verschwundenen Enelution-Geschäftsführer eine Strafanzeige einbringen solle. Eine diesbezügliche Entscheidung soll in nächster Zeit fallen. (WPA/gübi)

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