AA

Haubenköchin Denise Amann: "Die alten Klischees stimmen nicht mehr"

Als Quereinstiegerin in die Oberliga gekocht
Als Quereinstiegerin in die Oberliga gekocht ©MiK
Haubenköchin Denise Amann im WANN & WO Sonntags-Talk über ihren Werdegang, Privates und die Gastronomie.

WANN & WO: Eigentlich hast du ja Mediendesign studiert. Wie bist du in der Küche gelandet?

Denise Amann: Da bin ich irgendwie hineingerutscht. Ich habe während meines Studiums schon immer wieder gerne gekocht.

WANN & WO: Denkt man bei Studentenküche nicht schnell mal an den Klassiker „Ketchup-Nudeln“?

Denise Amann: (lacht) Das hat es bei mir nie gegeben – ich habe schon während des Studiums immer richtig gekocht. Das hat mir einfach wahnsinnigen Spaß gemacht.

WANN & WO: Woher kommen deine ausländischen Einflüsse in der Küche?

Denise Amann: Ich war in China, Indien, Thailand, teilweise für mehrere Wochen. Beim ersten Mal in Indien war ich mit einem Freund unterwegs, der aber andere Interessen hatte, als ich. Darum habe ich viel Zeit mit Einheimischen verbracht und habe auch mit ihnen gekocht.

WANN & WO: Und in Frankreich?

Denise Amann: Da bin ich der Liebe wegen gelandet und wollte dort Französisch lernen. Das hat gut geklappt, ich habe im Service gejobbt. Mein Freund war Kanadier und wollte Deutsch lernen. Deutschland war keine reizvolle Option und ich habe vorgeschlagen, nach Österreich zu gehen. Dahin, wo man in Österreich am ehesten Hochdeutsch redet – so sind wir in Wien gelandet.

WANN & WO: Dort hast du dann ein Restaurant eröffnet?

Denise Amann: Ich habe beschlossen, dass ich nicht mehr mit Produkten kochen möchte, die mir andere vorgeben. Oder mit Sachen, die der Vorkoch verkocht hat. Da habe ich gesagt, ich koche nur noch in meinem eigenen Restaurant. Die Zutaten, die ich frisch bekomme, bestimmen, was ich koche.

WANN & WO: Ist da immer alles glatt gelaufen?

Denise Amann: Ich bin auch auf die Schnauze gefallen. In Wien hatte ich einen Geschäftspartner, mit dem ich alles fifty-fifty aufteilen wollte. Schlussendlich blieb mir die Arbeit und er hat im Service die Gäste vertrieben. Er war Rechtsanwalt, aber nach einem Jahr Kampf hatte ich ihn hinausbezahlt – mit einem Vielfachen mehr, als er investiert hatte. Einige Jahre später habe ich aber erfahren, dass er die Quittung bekommen hat. „Karma is a Bitch.“ Ich bin vorsichtiger geworden. In meiner Euphorie wollte ich das Lokal damals sofort realisieren. Man merkt aber auch, dass alles so kommt, wie es soll. Jammern oder Neid bringen einen nicht weiter.

WANN & WO: 2008 war – abgesehen von deinen Auftritten als TV-Köchin – auch sonst ein bewegtes Jahr für dich.

Denise Amann: Die eine TV-Sendung war fertig, danach hatte ich noch die Sendung „Die Überflieger“. Ich habe in diesem Jahr auch mein Kochbuch herausgebracht – und mein Opa ist gestorben, das war unglaublich traurig für mich.

WANN & WO: Wie bringt man sich denn das „Fernsehkochen“ bei?

Denise Amann: Das ist nichts anderes, als das normale Kochen. Nur dass es ständig heißt: „Dreh dich so oder so hin, damit man es besser sieht.“ Das bringt einen oft in unnatürliche Posen, die sicher total dämlich aussehen (lacht).

WANN & WO: Hattest du eine enge Beziehung zu deinem Opa?

Denise Amann: Er ist wahrscheinlich der Grund, warum ich heute da bin, wo ich bin. Er konnte das Nudelwasser anbrennen lassen (lacht), aber er hat immer gern gut gegessen. Meine Oma hat auch sehr gut gekocht. Sie hat geschaut, was der Garten hergibt. Wir hatten Hasen, Gänse und Hühner, daneben war ein Bauernhof, von dem wir auch oft frische Produkte bekommen haben. Diese Herangehensweise an Essen, es so kennen zu lernen, hat mir große Freude gemacht und das versuche ich auch meiner Tochter zu vermitteln.

WANN & WO: Hatte deine Rückkehr ins Ländle 2011 auch mit deiner Mutterschaft zu tun?

Denise Amann: Nein, da war ich noch nicht schwanger. Man hat mich aber gewarnt, es sei ein fruchtbares Land (lacht). Eigentlich wollte ich nicht zurück, aber mein Partner hat irgendwann mal den Vorschlag gemacht. Ein Jahr vor dem Umzug habe ich ihm noch den Vogel gezeigt. Eigentlich waren wir auf der Suche nach einem Bauernhof, den wir umbauen wollten. Nach einem Jahr erfolgloser Suche sagte ich dann, warum nicht? Bauernhof haben wir keinen gefunden, aber dafür unser Lokal „St’ill“ in Feldkirch – und gleichzeitig wurde ich schwanger.

WANN & WO: Wie ist das „St’ill“ gelaufen?

Denise Amann: Es war nicht einfach. Mit einem anderen Konzept, etwa als Wein- und Tapas-Bar, hätte es vermutlich besser funktioniert. Im Nachhinein ist man immer klüger.

WANN & WO: Hast du nach der Trennung von deinem Lebensgefährten und dem Aus für das „St’ill“ überlegt, wieder nach Wien zu gehen?

Denise Amann: Ich war drauf und dran, alle Weichen dafür zu stellen. Da hat sich meine Familie eingeschaltet und gemeint, es ginge nicht, dass ich mit dem einzigen Enkelkind einfach abhaue. Im Nachhinein verstehe ich das vollkommen. Als Alleinerzieherin zu kochen, wäre nicht gegangen. Wenn ich da wieder 60 bis 70 Stunden in der Woche in der Küche stehe, hat mein Kind überhaupt nichts mehr von mir. Hier wusste ich, dass ich von meiner Mutter unterstützt werde, wie schon mein ganzes Leben lang. Mittlerweile liebe ich es in Vorarlberg. Ich habe in Beschling ein Haus gebaut, so schnell gehe ich nicht mehr weg (lacht).

WANN & WO: Wie ist es dir nach der Trennung gegangen?

Denise Amann: Das war eine harte Zeit. Emotional war es ein paar Mal sehr heftig, von beiden Seiten. Aber wir haben das ganz gut überstanden. Unserer Tochter zuliebe haben wir uns sehr bemüht. Heute verstehen wir uns super und ich bin froh, dass er der Papa von meinem Kind ist, weil er das wirklich super macht. Ich habe auch wieder einen Partner, da ist alles wunderbar.

WANN & WO: Ist das Kochen dein Traumberuf?

Denise Amann: Einer von vielen. Ich werde das aber höchstwahrscheinlich nicht mein ganzes Leben machen. Mein Bruder ist gelernter Psychiatriekrankenpfleger und hat auch in die Gastronomie gewechselt. Er betreibt das „Herr Muk“ in der Bludenzer Rathausgasse. Er sagt nicht, dass er nie wieder in der Psychiatrie arbeiten will, aber jetzt passt eben gerade das für ihn. Man sollte sich nicht alle Türen von vornherein verschließen.

WANN & WO: Was ist deine schlechteste Eigenschaft?

Denise Amann: Ich bin sehr ungeduldig, besonders in der Küche muss ich mich oft zwingen, etwas eine Weile ruhen zu lassen. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, möchte ich es haben, schon gestern.

WANN & WO: Und deine beste Eigenschaft?

Denise Amann: (überlegt) Schlimm, dass ich dafür so viel länger nachdenken muss (lacht). Ich bin immer in Bewegung, Stillstand ertrage ich nicht. Da spielt die Ungeduld sicher auch eine Rolle.

WANN & WO: Köchen wird ja nachgesagt, dass sie cholerisch sind.

Denise Amann: Heute stimmen diese alten Klischees nicht mehr. In der gehobenen Gastronomie gibt es kaum mehr einen dicken Koch. Sie nehmen keine Drogen, saufen nicht mehr und sind größtenteils auch keine Choleriker. Früher war das wirklich noch brutal. Da hatte man Angst vor dem Küchenchef.

WANN & WO: Wie entspannst du?

Denise Amann: Auf dem Mountainbike kann ich an ganz andere Sachen denken. Ich lese gerne, mache Skitouren oder sitze mit einem schönen Espresso in der Hand in meinem Hängesessel auf der Terrasse.

WANN & WO: Du hast anklingen lassen, dass du überlegst, beruflich etwas zu verändern?

Denise Amann: Dazu möchte ich noch nicht zu viel verraten. Ich überlege, ob ich konzeptionell im Lokal etwas ändere. Da bin ich aber noch in der „Hirn-Phase“. Ich habe ganz viele Ideen – manche davon haben nicht einmal mit Gastronomie zu tun.

WORDRAP

Lieblingsessen: Zu viele
Lieblingszutat: Zitrone
Ländle: Berge
Wien: Essen
Quereinsteiger: Die besseren Profis
Bio: Nicht vom Stempel abhängig
Grafik: Spannend und komplex
Tradition: Wichtig, um sie zu leben und zu brechen

Zur Person

Name: Denise Amann
Geboren: 12. März 1979
Beruf: Gastronomin, Köchin
Herkunft/Wohnort: Bürs/Beschling
Familie: Eine Tochter (6)

>>Hier die ganze WANN & WO-Ausgabe online lesen<<

  • VIENNA.AT
  • Bludenz
  • Haubenköchin Denise Amann: "Die alten Klischees stimmen nicht mehr"
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen