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Hommage für unbekannten Weinberg bei Wiener Festwochen

Sie kennen Mieczyslaw Weinberg nicht? Schade, aber keine Schande, ist das Werk des 1996 verstorbenen Komponisten doch im Westen noch immer ein Geheimtipp. Angetreten, dies zu ändern, sind die Wiener Festwochen, die dem Komponisten eine zweitägige Hommage an diesem Wochenende widmen. Schließlich hat das Oeuvre des sowjetischen Modernen fraglos das Zeug, sich in den Konzertsälen zu etablieren.


Die enge Beziehung zu Dmitri Schostakowitsch ist Weinbergs Werken stets anzuhören, auch wenn bei ihm vielleicht stärker als bei seinem großen Vorbild das Melodische im Vordergrund steht. Zugleich wird dies mit bisweilen fast spätromantischer Geste präsentiert, wobei die Tonalität praktisch nicht verlassen wird. Weinberg kombiniert diese Charakteristik überdies mit jüdischen Musikelementen, wurde er doch am 12. Jänner 1919 in Warschau in eine jüdische Musikerfamilie geboren.

Entsprechend früh wurde sein Talent entdeckt, worauf der junge Mieczyslaw 1931 mit dem Klavierstudium am Konservatorium begann. Beim deutschen Überfall auf Polen 1939 floh der 20-Jährige nach Weißrussland, wo er zunächst eine Studien fortsetzt, bevor er beim Anrücken der Wehrmacht ins usbekische Taschkent weiterfliehen muss. Aber bereits 1943 holt ihn Dmitri Schostakowitsch nach Moskau, hatte Weinberg dem arrivierten Tonsetzer doch seine erste Symphonie zur Ansicht geschickt.

Bis zu seinem Tod 1996 wird er in der russischen Hauptstadt bleiben und als Komponist, Pianist und Filmmusiker arbeiten – wenn auch vielfach in der inneren Emigration. So wurde Weinberg 1953 kurz vor dem Ende der Stalin-Ära unter dem Vorwurf interniert, er habe eine jüdische Republik auf der Krim befürwortet – erst der Tod des Diktators beschert ihm die Freiheit.

Seine Etablierung im Westen hat Weinberg jedoch nicht mehr miterlebt. Sein Hauptwerk, die Oper “Die Passagierin”, schildert die Begegnung einer Auschwitz-Überlebenden mit einer KZ-Aufseherin nach dem Krieg und wurde erst 2010 bei den Bregenzer Festspielen erstmals szenisch aufgeführt und war hernach in zahlreichen europäischen Metropolen zu sehen.

Aber auch abseits der “Passagierin” lohnt Weinbergs Oeuvre der Entdeckung, hat er doch 22 Symphonien hinterlassen, aber auch Kammermusik, Liederzyklen und weitere Opern. Vieles davon ist am kommenden Wochenende im Musikverein sowie im Künstlerhaus zu erleben, wobei als Zentralfigur Gidon Kremer mit seiner Kremerata Baltica die Hommage bestimmt. Zum Auftakt am Samstagnachmittag stehen die Kammersymphonien im Zentrum, die mit Schostakowitschs Klavierkonzert Nr. 2 kontrastiert werden. Der Samstagabend wird von Sonaten, dem Liedzyklus “Die Zigeunerbibel” nach Julian Tuwim sowie dem 17. Streichquartett dominiert. Der Sonntagmorgen bringt Weinbergs Klavierquintett im Rahmen eines Schostakowitsch-Programms und zum Abschluss am Sonntagabend folgen dann abermals eine Sonate und eine Kammersymphonie, denen Schostakowitschs Klavierkonzert Nr. 1 gegenübergestellt wird, für das Martha Argerich den Solistenpart übernehmen wird.

Ergänzt wird die Konzertreihe mit einer Gesprächsrunde im Künstlerhaus als Festwochen-Zentrum am Sonntag (17 Uhr), wenn sich Kremer, Michelle Assay, David Fanning und Markus Hinterhäuser über “Den unbekannten Weinberg” unterhalten. Zuvor wird um 15.30 Uhr im Stadtkino im Künstlerhaus der Film “Wenn die Kraniche ziehen” gezeigt, für den Weinberg den Soundtrack beisteuerte.

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