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It´s time for a Revolution: Fable III

Gut oder Böse, das ist die Frage. Fable III setzt auf bewährte Mechanik.
Gut oder Böse, das ist die Frage. Fable III setzt auf bewährte Mechanik. ©Waibel
Fable ist seit jeher DAS Rollenspiel der Xbox-Jünger, eines der feineren westlichen Action-RPGs seiner Art. Und wenngleich Designerlegende Molyneux mit jedem Teil meist nur 50 % des versprochenen ablieferte, die Fabelgeschichten waren immer ergreifend und schön erzählte Geschichten mit eigener Mechanik. Fable III soll nun eine Revolution einläuten.
Fable III

Eingeschworene Rollenspielfreaks rümpfen ja die Nase, wenn man die Fable-Reihe als Rollenspiel bezeichnet. So war der erste Teil für mich auch zwar ein denkwürdiges Erlebnis, weil Fable einige neue spannende Ansätze bot, die so bisher noch in keinem Spiel da waren, allerdings war das Aufleveln des Helden und die mögliche Form der Interaktion mit der Spielwelt beschränkt, einzig die Möglichkeiten des Spielecharakters mit den NPCs Albions waren großartig. Je nachdem wie man sich verhielt, wie man Konflikte löste, wie man sich der Bevölkerung gegenüber verhielt, und wie man Aufgaben absolvierte, veränderte sich zum einen der Held selbst und die Welt um ihn herum. Jede Aktion, jede Entscheidung löste eine Reaktion des Spiels aus, sehr spannend und in dieser Form erstmals in der auf dem PC sehr spannenden „Black and White“-Serie dagewesen. Im zweiten Teil wurde das spannende Setting um die Möglichkeit erweitert, einen Hund sein eigen zu nennen, der sich parallel zum Spielecharakter veränderte. Auch eine Wirtschaftssimulation fand Eingang in die Fable-Reihe: So konnte man nämlich Häuser und Gewerbebetriebe kaufen und damit Geld verdienen. Und letztendlich zum Herrscher über Albion aufsteigen, heiraten und Kinder zeugen. Spannend und visionär, das Spielegeschehen und die aktive Charakterentwicklung wie in klassischen Rollenspielen blieb dabei ein wenig auf der Strecke, die in Quests erforschbare Welt war zu linear.

An der Linearität hat sich in Bezug auf den nunmehr dritten Teil des Spiels nicht viel getan, auch das Kampfgeschehen ähnelt im wesentlichen Teil 2 – so lassen sich zum Beispiel recht rasch starke Zauber erlernen, die wieder einmal den Helden recht früh zur unbesiegbaren Einmann-Armee mutieren lassen. Doch Molyneux, der für Microsoft an der Serie werkelt, wäre nicht einer der visionärsten Spieledesigner aller Zeiten, wenn sich im Detail nicht wieder vieles verändert hätte.

Die Zeichen in Albion stehen auf Sturm. Ein Tyrann in Gestalt eines Nachfahrens des Helden aus Teil 2 sitzt auf dem Thron des Landes, die Industrialisierung hat Einzug gehalten ins märchenhaft mittelalterlich angehauchte Albion. Mit einhergehend geht es den Menschen schlecht – es gibt Kinderarbeit, Ausbeutung, Korruption, Hunger, Ungerechtigkeit. An der Spitze des Leids thront ein kaltherziger Ausbeuter, dem die Lage des Volks einerlei ist. In Gestalt der Schwester oder des Bruders des Tyrannen beginnt das Abenteuer nach einem meisterhaft inszenierten Introvideo.   

Die Aufgabe ist klar definiert: Einen finsteren Tyrannen zu stürzen, braucht mehr als nur einen einsamen Helden. Es ist Zeit für eine Revolution! Also gilt es im ersten Spielabschnitt, den größtmöglichsten Teil des Volkes von Albion auf seine Seite zu bringen. Hier zeigt sich auch schon eine der prägnantesten Neuerungen des Spiels: Der Charakter ist zwar ein Held, muss sich aber einen Ruf erkämpfen in Albion, damit sich die Menschen ihm anschließen im Kampf gegen den Tyrannen. In Fable 2 war der spätere Held und Monarch ein Bettler, der sich mehr und mehr hinaufkämpfte auf der sozialen Leiter. Hier beginnt man schon im Königshaus als Prinz oder Prinzessin, und begibt sich dann hinab auf die Stufe eines Streiters für den einfachen Mann oder Frau Albions.

Bereits zu Beginn der Spielhandlung wird man vor eine moralisch schwere Entscheidung gestellt: Der König will entweder den Anführer eines Aufstandes aus dem gebeutelten Volk oder die Jugendliebe des Helden töten lassen. Eine brutale Entscheidung steht an. Fable III ist kein Kindergesangsverein. Demzufolge wird klar, warum der eigentlich vom Look her recht knuffige Titel ab 16 Jahren eingestuft ist.

An der Seite eines Mentors in Gestalt des treuen Walter und eines eigenen Butlers zieht man nun für die Armen und Unterdrückten des Landes in den Krieg und erarbeitet sich Ansehen. Was einen letztendlich auf der sogenannten Straße des Sieges weiterbringt, welche letztendlich das Skillsystem des Helden darstellt. Hier öffnet man Truhen mit Fähigkeiten und geht Tor für Tor sichtbar auf die letzte große Barriere, den gut bewachten Eingang des Königsschlosses zu, welches den zu stürzenden Tyrannen beherbergt. Ansonsten wurde auf Spielgefühl wert gelegt, alles was stören könnte, wurde vom Bildschirm getilgt, seinen Helden kann man demnach auch nur im vom Vater/der Mutter geerbten Unterschlupf wesentlich verändern und ausstatten.

Entscheidungen haben auch hier Konsequenzen, wenngleich nicht unbedingt vollkommen spielverändernde. Wer aus einer Laune heraus einen gemeinen Söldneranführer tötet, dem folgen seine Männer künftig aus Furcht, wer den Rüpel nach gewonnenem Zweikampf, in dem der Schurke allerlei feige unerlaubte Mittel einsetzt, dennoch leben lässt, dem folgen die Männer des Oberschurken aus Loyalität. Wie in Teil 2 kann man auch recht früh im Spiel Häuser kaufen und vermieten, was das Leben rasch erleichtert. Auch Beziehungspflege steht ganz oben auf der To Do Liste – alleine schon um Ansehen zu sammeln, aber auch, um zwischenmenschliches zu pflegen, mit der Zeit kann man sich so wieder ein Liebchen anlachen. Homosexualität ist wiederum kein Tabu im aktuellen Teil, man sieht sogar zuvor, wer von welchem Ufer ist, damit sich mögliche Annährungsversuche lohnen könnten.

Nach und nach schließen sich immer mehr Bevölkerungsgruppen an, die dem Helden aber alle ein Versprechen abverlangen, eine Art Vertrag, der eingelöst werden soll, wenn der Held erst einmal auf dem Thron Albions sitzt.

Das eigentliche Spiel und somit eine vollkommen neue Herausforderung eröffnet sich nach einem Drittel der Spielzeit, wenn die Revolution gelingt, und der Held fortan die Geschicke Albions leiten muss. Allerlei Versprechen sind dabei einzulösen, moralische Entscheidungen mit großer Tragweite stehen an. Auch nach dem eigentlichen Hauptspiel kann Fable III noch quasi als Wirtschaftssimulation und online weitergezockt werden – Open End vom feinsten.

Im Kampfgeschehen nicht allzu viel neues: Wieder kann man seinen Helden als Nahkämpfer, Fernkämpfer oder Magier ausbilden, wobei je nach Verwendung einer Waffe oder von Zaubern diese mit der Zeit stärker machen und mitwachsen lassen. So verändert sich ein Schwert je nach Fähigkeit des Helden vom rostigen schartigen Alteisen zu einer leuchtenden strahlenden Heldenklinge. Auch Zauber werden mächtiger, bei häufigerer Anwendung. Zauber können nun übrigens miteinander kombiniert werden, und werden von einem Handschuh ausgelöst, den man wechseln kann. Spätestens wenn man Eis und Sturm oder Feuer und Sturm kombiniert, und diese als Flächenzauber ausführt, werden die Kämpfe fast zu leicht. Wer seine aufgelevelten Waffen nicht mehr braucht, kann diese übrigens über Xbox Live anbieten, oder selbst dort welche gegen Ingamewährung erstehen.

Xbox Live wird in Fable III mehr als in den Vorgängern eingebunden – Koop steht ganz oben auf der Featureliste. Und zwar als richtiger Held und nicht als namenloser Temporär-Prügelknabe. Über Xbox Live können Spieler ihre zwei Helden auch untereinander verheiraten, und, sofern unterschiedlich geschlechtlich, auch Nachwuchs zeugen. Sehr spannend!

Technisch hat sich vom Grundgerüst her nicht allzu viel getan, man erkennt in vielem Fable II wieder. Allerdings wurde die Spielumgebung wie auch die Charaktere deutlich aufgehübscht, alles wirkt detaillierter und feiner gezeichnet. Wasser sieht aus wie Wasser, Landschaften erscheinen malerischer, Industriestädte dreckig und heruntergekommen, Dungeons düster bedrohlich, wenngleich mit kräftigen Farben versehen. Allerdings stört mich stellenweise das Geruckel, außerdem ist meine 360 während des Zockens einmal abgestürzt. Was noch kaum ein Game geschafft hat. Die Vertonung ist wie gewohnt fantastisch gelungen. Tolle Synchronsprecher schaffen Atmosphäre, die Erzählerin klingt verdächtig nach Herr der Ringe.   

Fazit:

An Fable III werden sich wieder die Geister scheiden. Hardcore RPler werden über die scheinbare Banalität in der Charakterentwicklung die Nase rümpfen, vieles Neue wird sicher auch von vielen kritisiert werden. Aber es sind mutige neue Ansätze, die uns weg bringen, von alten eingefahrenen Geleisen. Fable III bietet die serientypischen moralischen Zusammenhänge, viel Interaktion mit den NPCs Albions, eine vollkommen neue Form der Charakterentwicklung, ein tolles Wirtschaftssystem und eine deutlich aufgebesserte Online-Einbindung. Das ganze in einem spannenden Setting in ansprechender Technik und einem charmanten eigenen Stil. Gewürzt mit einer Prise typisch englischem Humor mausert sich Fable III zu einem der innovativsten Rollenspielerfahrungen derzeit und einem Must Have für Xbox 360 Action-Rollenspielfans. Das gilt auch für Hardcore-RPler, die sich auf etwas Neues einlassen können. Kaufempfehlung – nicht nur als Weihnachtsgeschenk 2010!

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