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Jan Delay brachte Wien zum Brodeln

Jan Delay rockt im Wiener Gasometer
Jan Delay rockt im Wiener Gasometer ©APA
Mit einer unverschämt guten Mischung aus Soul, Funk, Disco, Reggae und Rap brachte Jan Delay das Publikum im ausverkauften Wiener Gasometer zum Brodeln.
Jan Delay rockt im Gasometer

Das Wiener Publikum scheint bei Jan Delay als etwas steif verschrien. Darum haben der Hamburger und seine Band, die Disko No. 1, zum Konzert am Donnerstag in den ausverkauften Gasometer einen “Nussknacker mitgebracht”, wie der 33-Jährige sagte. Dieser bestand aus einer mitreißenden Mischung aus Funk, Disco, Reggae und Rap, die elegante gespielt und lässig dargeboten wurde. “Let’s knack!”, spornte Delay seine Musiker an. Irgendwann brodelte dann die Halle sogar auch auf dem oberen Rang, wo die fleißigen Ordner die Besucher nicht mehr zum Niedersetzen bewegen konnten. Spaßverderben war an diesem Abend einfach unmöglich.

Dabei steht Delay nicht nur für Party: Gegen die Machenschaften der Glitzerwelt wettert er im Text zu “Showgeschäft”, linke Parolen schmettert er und kritisiert die Konzerne. Der ehemalige Rapper bei Absolute Beginner, der selber für Wiedersprüche sorgt mit seinem Faible für Markenturnschuhe oder zum Beispiel mit dem Mitwirken in eben jenem von ihm angeprangerten Showgeschäft, ist alles andere als glatt und kalkulierbar. Und dazu passt der Sound doch perfekt, der sich aus mehreren Stilen generiert, wobei bei man nie wissen kann, welche Richtung ein Lied einschlagen wird. Es groovt, es funkt, das “Feuer” (so ein Songtitel) springt rasch über. Man weiß nie so recht, ob man in der 70er-Disco (das Stück “Disko” vom aktuellen Album “Wir Kinder vom Bahnhof Soul” gab es auch zu hören) oder in einer TV-Aufzeichnung mit Max Gregor gelandet ist.

Nur selten brach der Spielfluss (bei etwas ausufernden Ansagen und Bandvorstellungen), meist ging es flott dahin, Jan Phillip Eißfeldt alias Delay flankiert von Bläsern und einem hinreißenden Background-Damen-Trio, dahinter Drums, Bass, Gitarre und Tasteninstrument, eingerahmt von einer nicht zu dekadenten, dafür umso stimmigeren Lichtshow, brachte “Oh Jonny”, “Large” (mit Zitat von Falcos “Kommissar”), “Ein Leben lang”, “Abschlussball”, “Klar” und sogar ein bisschen von MC Hammers “U Can’t Touch This”. Zwischen dem Lästern, Singen und Tanzbeinschwingen (herrlich choreographiert mit Liebe zum Detail) war Platz für Ironie, ja sogar währenddessen ging es mitunter nicht ohne Augenzwinkern. Da packte der gute Jan auch noch den Discostick aus, ohne gaga zu werden.

“Ich habe das Glück gehabt, mit geiler Musik aufgewachsen zu sein”, betonte Delay im Interview. “Die hat aus mir das gemacht, was ich bin – nicht nur musikalisch, ich habe mir auch meine Haltung daraus rausgesogen. Das möchte ich wiedergeben. Denn nicht viele Kids haben das Glück, in einer Großstadt aufzuwachsen oder in einem Umfeld, in dem sie mit interessanter subkultureller Musik konfrontiert werden, die einfach nicht im Mainstream – im Radio, Fernsehen oder sonst wo – stattfindet. Ich will diese schönen Dinge am Leben erhalten und sie für die nächste Generation mundgerecht zusammenbringen und servieren, diesen Geschmack am Leben erhalten. Vielleicht tauchen die Leute ja darüber in eine für sie vollkommen neue Welt ein.”

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