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Konzerthaus baut 2014/2015 auf Musik

Matthias Naske präsentierte neues Programm
Matthias Naske präsentierte neues Programm
Matthias Naske, seit Juli 2013 neuer Direktor des Wiener Konzerthauses, hat zwar bisher "keines der finanziellen Probleme substanziell gelöst", vorerst hält er es jedoch für "klüger, auf die Musik zu bauen - die Politik wird folgen". Derart optimistisch präsentierte er am Donnerstag das Programm für 2014/15, das sich vor allem der "gesellschaftlichen und kulturellen Wirklichkeit" stellen will.


Als “Standhalter für die Vielfalt in diesem Haus” fungieren in der kommenden Saison vier Persönlichkeiten, denen Porträts gewidmet sind: Der Chefdirigent des Scottish Chamber Orchestra, Robin Ticciati, wird gleich zweimal mit seinem Klangkörper vertreten sein, den Auftakt der insgesamt sechs Dirigate bestreitet er jedoch am 18. November mit dem Concertgebouw-Orchester mit Elina Garanca als Solistin. Auch zwei Konzerte mit den Wiener Symphonikern, mit denen Naske künftig verstärkt kooperiert und die zwei zusätzliche Abo-Reihen bestreiten, wird der erst 30-jährige Brite leiten. Weitere Porträts sind dem Bariton Matthias Goerne, der facettenreich von Beethoven über Schumann bishin zu Mahler vertreten sein wird, dem zum Jazz übergelaufenen ehemaligen Mitglied der Wiener Philharmoniker Georg Breinschmid sowie der moldawischen Geigerin Patricia Kopatchinskaja gewidmet.

Als “nicht weltbewegend, aber eine lustige Idee” bezeichnete Naske das neue Format “Fridays@7”: Die vier “knackigen” Symphoniker-Konzerte im Großen Saal werden nur “70, 80 Minuten” dauern – im Anschluss sollen die Musiker im Garderobenfoyer für das Publikum “greifbar” werden und bei einem kulinarischen Ausklang “präsent” sein. Zum Auftakt am 21. November wird Symphoniker-Chef Philippe Jordan im Anschluss gemeinsam mit Khatia Buniatishvili vierhändig am Klavier zu erleben sein.

Eine “klare Abgrenzung” wird es künftig bei internationalen Orchestern geben, “die ja im Musikerverein gut aufgehoben sind”, so Naske. So beschränkt man sich auf neun Konzerte im Großen Saal, “aber da muss es krachen”. Das dürfte bei Gästen wie dem Cleveland Orchestra (unter Franz Welser-Möst), Valery Gergievs Mariinsky Orchestra oder dem Tonhalle-Orchester Zürich kein Problem sein. Einen neuen Zyklus hat man unter dem Titel “Meisterwerke” geschaffen, der von den Wiener Philharmonikern bestritten wird. Das RSO Wien – “eines der Backbones des Konzertgeschehens dieser Stadt” (Naske) – gibt sechs Konzerte im Großen Saal, “berechenbare Qualität” bringen die Konzerte des “Symphonie Classique”-Zyklus.

Während der konzertante Opernzyklus, der “leider kein Alleinstellungsmerkmal mehr ist”, als “Kompromiss” künftig wegfällt, freut sich Naske bereits auf die drei Konzerte des Vokalensembles “Company of Music”. Auch im Liedzyklus, in dem u.a. Jonas Kaufmann, Matthias Goerne oder Ekaterina Semenchuk zu hören sind, kann sich Naske nicht vorstellen, “wen Sie sich da noch wünschen können”. Alter und Neuer Musik huldigt man mit den Zyklen “Originalklang”, “Nouvelles Aventures” oder dem Klangforum Wien.

Als Beispiel für die kulturelle und soziale Vielfalt, die Naske im Konzerthaus repräsentieren will, gelten die Konzerte im Rahmen des “Percussive Planet”: So kommen unter Martin Grubinger im September “Freerunners” ins Haus, die auch physische Bewegung in den Großen Saal bringen werden. Naske pragmatisch, aber nicht ohne Begeisterung: “Nicht ich sage, was gut ist – die Wirklichkeit sagt es mir.”

Um neue Publikumsschichten zu erreichen, “müssen wir unseren Hintern bewegen und schauen: Wer lebt in dieser Stadt? Was wollen die Menschen hören?” Das sei ein “ehrlicher Zugang”, so Naske, der “Bedingungen schaffen will, die Musikerleben mit der Wirklichkeit zu verbinden”. Als weiteres Beispiel nennt er die “Local Heroes”, wo unter anderem die Sofa Surfers oder Koenigleopold im Berio-Saal gastieren.

Eine größere Rolle als bisher soll auch die Literatur spielen, dies sei besser, als resignativ auf die angespannte budgetäre Situation zu reagieren. Und so wagt man sich etwa an eine (sicherlich mehrstündige) Lesung von Puschkins “Eugen Onegin” mit Peter Stein oder Doderers “Die Merowinger” mit Karl Markovics. Im “Originalton” zu hören sein werden auch der oder die Bachmannpreisträgerin 2014 sowie die Gewinnerin von 2011, Maja Haderlap (mit einer Lyrik-Lesung), sowie Christoph Ransmayr mit jeweiliger musikalischer Begleitung. Erfahrungen des Fremdseins (Naske: “In uns und um uns”) sind Thema von den zehn Mittagskonzerten “Musik und Dichtung”, bei denen Texte von u.a. Italo Calvino, Joseph Roth, Christa Wolf oder Bertolt Brecht zu gehör gebracht werden. Im Kinder- und Jugendbereich verstärkt man die Kooperation mit der Jeunesse und holt auch die Reihe “Cinello” für Ein- bis Dreijährige ins Haus.

Alles in allem zeigte sich Naske weitaus optimistischer als noch bei seinem Antritt, als er das Konzerthaus im APA-Gespräch als “bankrott” bezeichnete. “Wir gehen nach vorn, die Menschen müssen nur mitgehen”, hieß es heute. Vom neuen Präsidium erhofft sich Naske neue Allianzen mit Politik und Wirtschaft, er sei weiterhin “wild entschlossen, die Schulden von 6,4 Millionen Euro in meiner Amtsperiode abzubauen”. Die öffentliche Hand steuere derzeit lediglich 13 Prozent des Etats (von 15,8 Mio. Euro) bei, hier hofft er auf Mittelerhöhungen. “Wenn es nicht geht, werden wir unsere Strategie radikal verändern müssen, aber jetzt wollen wir zunächst einmal mehr aufbauen.”

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