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Landesrat Christian Bernhard: "Werde bekommen, was ich brauche"

Für die Baustelle Gesundheit muss Geld in die Hand genommen werden, sagt Bernhard.
Für die Baustelle Gesundheit muss Geld in die Hand genommen werden, sagt Bernhard. ©VOL.AT, Roland Paulitsch
Bregenz - Seit wenigen Tagen ist der Dornbirner Christian Bernhard (48) Gesundheitslandesrat. Mittlerweile ist er ÖVP-Mitglied. Im VN-Interview erklärt Bernhard, warum ein Gesundheitslandesrat Mediziner sein sollte – und wie er dem Ärztemangel den Kampf ansagen will.
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Sie haben vor Ihrer Angelobung gesagt, Sie bräuchten keine Schonfrist. Also – hier sind wir.

Bernhard: Das hat sich auf die Opposition bezogen, nicht auf die Medien (lacht). Oder brauche ich doch eine Schonfrist? Schauen wir.

Das Gesundheitsressort ist in vielen Bereichen eine Baustelle. Sehen Sie das genauso?

Bernhard: Ja. Es ist ein großer Bereich, eine große Maschinerie mit vielen Knöpfen– es gilt, an den richtigen Rädern die richtigen Einstellungen vorzunehmen.

Was macht Sie optimistisch, in einem Bereich Lösungen finden zu können, in dem Ihr Vorgänger Gögele gescheitert ist?

Bernhard: Was mich optimistisch macht? Die Kenntnis von inneren Zusammenhängen im Gesundheitssystem. Auch die Kenntnis der Systempartner. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Ärzte fordern ein bestimmtes Gerät, sagen, dass sonst alles ganz schlecht würde. Da hilft es, dass man sagen kann, dass es auch ohne dieses Gerät geht. Viele fordern vieles. Und da macht es schon Sinn, wenn man auch innerhalb des Systems fachlich mitreden kann.

Also hat es sich nicht bewährt, mit Wallner und Gögele zwei Nichtmediziner zum Gesundheitslandesrat zu machen?

Bernhard: Vielleicht sehe ich das falsch, als Arzt und Mediziner. In der Politik sagt man immer, Politiker sollten alles können. Es gibt aber sehr komplexe Gebiete. Und dort ist es von Vorteil, wenn man vom Inhalt und vom Fachlichen her etwas versteht. Aber vielleicht verstehe ich ja nicht so viel von der Politik.

Dann testen wir das Fachliche. Wie wollen Sie den Ärztemangel beheben?

Bernhard: Wir müssen eines schaffen: Ärzte müssen Vorarlberg als attraktiven Standort empfinden. Wir müssen zunächst einmal genug Menschen motivieren, dass sie in den Arztberuf gehen und wieder zu uns kommen. Das stellen wir derzeit ja gerade auf, bezüglich Stipendien und anderer Unterstützungen. Aber ich muss festhalten: Unattraktiv ist das Land Vorarlberg nicht. Wir haben eine tolle medizinische Ausstattung. Und es kommen auch Leute, die gerne bei uns arbeiten wollen. Beispiel Orthopädie-Primariat: Wir haben 18 Bewerber. Hochkarätige! Da tun wir uns sogar schwer bei der Auswahl.

Ein Mediziner in Wien, ein gebürtiger Bregenzer, sagte letzthin: „Warum soll ich nach Vorarlberg kommen, weniger verdienen und mit weniger Personal mehr arbeiten müssen?“ Was antworten Sie ihm?

Bernhard: Dass ich ihn absolut verstehe, wenn er diese Frage stellt. Vorarlberg muss als attraktiver Standort begriffen werden. Und das ist so, wenn die Arbeitsbedingungen stimmen und wenn die Entlohnung stimmt. Da sind wir dran, an der Gehaltsreform. Das ist mein großes Studiengebiet im Moment.

An dieser Gehaltsreform arbeitet man seit Monaten. Vergeblich. Was machen Sie?

Bernhard: Verhandeln. Vernünftig verhandeln.

Sie sagten zuvor, Sie würden den Arzt in Wien verstehen. Damit geben Sie aber zu, dass Ärzte bei uns mit weniger Personal mehr arbeiten müssen – und weniger verdienen.

Bernhard: Es ist möglich, dass dieser Arzt einen ganz tollen Arbeitsplatz hat. Generell wird das nicht für alle gelten. Wir haben genug Hochmotivierte und Zufriedene in der Ärzteschaft. Nur trauen sich die nichts mehr zu sagen, weil das nicht mehr opportun erscheint. Aber natürlich gibt es genug zu tun! Es ist nicht so, dass ich das übersehe. Nur muss man das Ganze auch in der richtigen Relation beurteilen.

Am LKH Bludenz haben neun Turnusärzte gekündigt, aus Protest gegen die Bedingungen – ein fatales Signal.

Bernhard: Es zeigt, dass diese Turnusärzte Druck hatten – sonst macht man das in der Ausbildung und in diesem Lebensalter nicht. Da muss vieles im Argen gelegen haben. Ich weiß nicht, wer dort nicht zugehört hat oder ob sie sich zuvor nicht deklariert haben. Ich habe aber eine klare Botschaft nach außen: Wenn es solche Dinge gibt, dann wollen wir die vorher wissen. Wir brauchen den Tumult nicht, sonst können wir nicht arbeiten. Im Übrigen glaube ich, dass Geld in die Hand genommen werden muss. Das ist ganz klar.

Bekommen Sie das Geld? Rainer Gögele bekam es nicht.

Bernhard: Ich gehe davon aus, dass ich bekommen werde, was ich brauche.

Was brauchen Sie?

Bernhard: Das sage ich in Zahlen jetzt nicht.

Das ist jetzt fast schon die Antwort eines Politikers.

Bernhard: Sehen Sie? Ich lerne halt doch schnell.

Wird Vorarlberg den Ärzten das zahlen, was im süddeutschen Raum oder in der Schweiz bezahlt wird?

Bernhard: Die Situation Schweiz ist eine besondere. Deshalb müssen wir uns im Vergleich auf andere Bundesländer und Deutschland konzentrieren. Und da braucht es eine marktkonforme Entlohnung. Mit der Gehaltsreform wollen wir 2013 so weit sein, dass wir anfangen können. Da sind wir intensiv daran. Und es soll eine spürbare Belohnung für diese ganze Arbeit und Maloche bringen.

Werden die Ärzte auch weniger arbeiten müssen?

Bernhard: Wenn wir die Funktionsabläufe verbessern können, beispielsweise mit der Ambulanz-Entlastung hin zum niedergelassenen Bereich – ja, dann wird das schon so werden. Wenn ein Arzt im Nachtdienst dreimal für Sachen aufstehen muss, die dort überhaupt nicht hingehören, dann ist das sehr teuer für das Krankenhaus – und für den Arzt eine zusätzliche Belastung.

Muss man nicht auch den Menschen erklären, dass in den Krankenhäusern in Zukunft nicht mehr überall alles angeboten werden kann?

Bernhard: Ja! Wenn wir am grünen Tisch diese Patientenströme lenken, dann ist das toll. Aber wir müssen die Menschen erreichen und ihnen erklären können, warum es sinnvoll ist, zum Hausarzt zu gehen und nicht zur Ambulanz. Der Patient muss in diesem System auch erkennen können, wo seine richtigen Ansprechpartner sind. Im Moment ist es ja so, dass manche zunächst abwarten und nach dem Arbeiten am Abend dann in die Ambulanz gehen. Wir müssen die Menschen erreichen! Ansonsten bleibt es so: Ins Auto und ab ins Spital.

Der Landesrechnungshof fordert Strukturreformen und neue Schwerpunktbildungen. Dafür aber wird es politischen Mut brauchen. Haben Sie diesen Mut?

Bernhard: Ja! Glauben Sie nicht? Zunächst machen wir das mit der Gehaltsgeschichte. Danach aber muss man sich die Struktur ganz genau überlegen. Wo brauchen wir welche Abteilung? Was ist mit Schwerpunktbildungen möglich? All das muss studiert werden. Die Standorte stelle ich nicht in Frage, aber die Spezialisierung wird in noch stärkerem Maße kommen müssen.

Sind Sie jetzt ÖVP-Mitglied?

Bernhard: Ja. Man darf sich zu einer Weltanschauung auch bekennen.

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