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Life Bible zum Life Ball 2017: Bunt-provokantes Schauspiel und populistische Gefahr

Bei der Life Ball-Style Bible Präsentation in Wien
Bei der Life Ball-Style Bible Präsentation in Wien ©APA/HERBERT NEUBAUER
Seit jeher hat der Life Ball mit seinen provokanten Themen aufgerüttelt. Und auch wenn Ballorganisator Gery Keszler nicht mit dem kreativen Thema von der Kernbotschaft ablenken möchte, hat er heuer mit der Life Bible wieder den Zahn der Zeit getroffen.
Bei der Präsentation
Keszlers Life Ball-Pläne
La Chapelle-Plakat zum Ball
FPÖ-Anzeige wegen Sujet

Mit “Erkenne die Gefahr” setzt er einen Seitenhieb auf populistisches Gedankengut, das in letzter Zeit wieder zugenommen hat. Hauptvorlage ist der bunte Zeitgeist der 1920er- und 1930er-Jahre, in denen bedeutende Künstler wie der deutsche Maler Otto Dix selbstkritisch die mondäne Großstadtbourgeoisie porträtierte.

Keszler über die Inspiration für die Style Bible

“Das war eine ganz explosive Zeit unterschiedlicher Gesellschaftsauffassungen”, sagte Keszler im Interview mit der APA. “Eine Zeit, wo es unfassbar viel Kreativität in der Mode, in der Kunst, in der Literatur gab. Und gleichzeitig ist die Gesellschaft auch recht fehlgeleitet worden. Sie ist beeindruckt worden durch starke populistische Kräfte”, sagte der Life Ball-Organisator. “Und wir wissen alle, welch schreckliche Zeit danach gekommen ist. Und es ist wirklich erstaunlich, wie aktuell das jetzt wurde”, meinte Keszler in Hinblick auf den Aufstieg der Populisten in den vergangenen Monaten. “Ich hab das Thema 14 Tage vor dem letzten Life Ball gefunden, das liegt doch schon eineinhalb Jahre zurück.”

Die Arbeiten Otto Dix’ wurden 1934 von den Nazis verboten, seine Werke aus den Galerien entfernt und sogar verbrannt. Nun wurden die Bilder von Dix für die Life Bible 2017 – die kreative Vorlage für Life Ball-Gäste – von den Fotografen Inge Prader und Markus Morianz wieder in Szene gesetzt und Montagabend im Wien Museum präsentiert.

Life Bible-Präsentation im Wien Museum

Ein 30-köpfiges Team aus Make up- und Hair-Artists, Stylisten, Dekorateuren und Bodypaintern und 160 teils prominente Models unterstützten das Team. Für die Life Bible wurde in Zusammenarbeit mit Historikern wie Oliver Rathkolb mit zwei Bilderebenen gearbeitet. Im Vordergrund sind die bunten, provokanten Werke Dix’ und anderer Künstlern aus dieser Zeit zu sehen, im Hintergrund die beklemmenden, bedrohlichen Schwarz-Weiß-Sujets mit populistischen Themen, die sehr an den Stil Leni Riefenstahls erinnern.

Von Dix’ Arbeiten wurde etwa das Triptychon “Großstadt”, bei dem Sängerin Kelly Osbourne als Testimonial fungiert, interpretiert. Osbourne ist Teil einer bunten Punk-Gruppe, die durch die Stadt streift. Die 32-jährige Tochter von Black-Sabbath-Sänger Ozzy Osbourne gesellt sich zu den farbenprächtigen Punks, während aus dem Hintergrund eine Schar von Neonazis mit Kampfhunden der bunten Gesellschaft bedrohlich nahe kommt.

Riesenskandal um Wedding Chapel am Life Ball

“Ich erinnere mich an die Aufregung Anfang der Jahrtausendwende mit dieser Wedding Chapel”, sagte Keszler. Darin konnten sowohl homo- als auch heterosexuelle Paare ihren Bund fürs Leben schließen. “Heute würde man milde darüber lachen, dass es eine Wedding Chapel am Life Ball gibt. Damals war es ein Riesenskandal”, so Keszler. “Über das LaChapelle-Plakat flucht auch keiner mehr”, nachdem Fotograf David LaChapelle fürs Life Ball-Plakat eine Frau mit einem Penis in Szene setzte. “Ich glaube, jetzt wird auch die neue Life Bible polarisieren. Auch das ist notwendig. Und ich bin erstaunt und vielleicht auch ein bisschen beklemmt, wie unfassbar uns die Zeit einholt, und wie aktuell die Life Bible ist.”

“Es war wie ein unberührbarer Life Ball-Planet”

Otto Dix’ Bilder waren Gery Keszler bereits bei der Generalprobe zum Life Ball im Jahr 2011 in den Sinn gekommen, als ein lautstarker Protestzug, der damals gegen die Stadt Wien demonstrierte, am Rathausplatz vorbeizog. “Es war eiskalt, es hat genieselt und alles auf dem Platz war grau”, erzählte Keszler. Aber die Debütanten, die damals als farbenprächtige Flamingos verkleidet mit Thomas Schäfer-Elmayer die Eröffnung probten, lachten und tanzten. “Es war wie ein unberührbarer Life Ball-Planet”, sagte Keszler. Die Life Ball-Kostüme sollten heuer daher umso bunter ausfallen. Extravaganter Kopfschmuck sowie glamouröses Hairstyling und Make up sind auf dem Fest gerne gesehen.

Keszlers Anliegen ist es aber, dass das kreative Motto das eigentliche Thema nicht überschatten soll. In diesem Jahr wird das Hauptaugenmerk auf den Immunstatus gelegt. 54 Prozent der weltweit HIV-positiven Menschen wissen laut WHO nämlich nichts über ihre Infektion. Eine frühzeitige Therapie würde die Übertragbarkeit dramatisch verringern. Deshalb möchte der Life Ball darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, seinen Immunstatus zu kennen. “Das sollte so selbstverständlich sein wie die Kenntnis der eigenen Blutgruppe. Nur wenn das gelingt, rückt das Ziel – eine Generation ohne HIV-Neuinfektionen – in greifbare Nähe”, so das Life Ball-Team rund um Keszler.

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(apa/red)

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