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London will Österreich wegen dessen Atompolitik schaden

Faymann will Cameron zur Rede stellen
Faymann will Cameron zur Rede stellen
Großbritannien ist offenbar wegen der atom-kritischen Haltung Österreichs verstimmt. Aus einer geheimen Depesche der österreichischen Botschaft in London geht hervor, dass London Österreich "klagen oder schaden" wolle, berichten mehrere Tageszeitungen am Mittwoch. Hintergrund ist die Klage, die Österreich gegen die Staatshilfen beim Bau des britischen AKW Hinkley Point C einbringen will.


Regierungskreise bestätigten gegenüber der APA die Echtheit der Depesche. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) wird seinen Amtskollegen David Cameron beim EU-Gipfel am Donnerstag darauf ansprechen, so Kanzlersprecher Matthias Euler-Rolle.

Großbritannien werde “in Zukunft jede Gelegenheit wahrnehmen, Österreich in Bereichen zu klagen oder zu schaden, die starke innenpolitische Auswirkungen haben”, heißt es in der Depesche, welche die “Kronen Zeitung” abdruckte. “UK hat offenbar unter Einbeziehung der UK Botschaft in Wien und anderer Stellen mit einer systematischen Erarbeitung von Österreich schädigenden Gegenmaßnahmen begonnen und heute das Ergebnis seiner ersten Überlegungen bekannt gegeben.”

Die Bundesregierung dürfe sich durch die Drohungen der britischen Regierung nicht irritieren lassen, erklärte die Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, heute, Mittwoch, bei einer Pressekonferenz in Wien. Die angekündigte Klage “muss eingebracht werden”. Es handle sich dabei um einen vollkommen zulässigen Schritt, um die “unhöfliche, merkwürdige Vorgehensweise” Großbritanniens zu beantworten. Die Abläufe um den Bau des AKW Hinkley Point C dürften “nicht Schule machen”, so Glawischnig, die vor einer Art “Bankenpaket für die Nuklearenergie” warnte. Derartige Subventionierungen für Atomstrom kämen einer “Plünderungsaktion” der Steuerzahler gleich.

Auch der oberösterreichische Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) reagierte auf die Depesche. “Dass Österreich mit der Nichtigkeitsklage gegen die Genehmigung einer Milliardensubvention für das britischen AKW-Projekt Hinkley Point durch die EU-Kommission das Projekt realistisch stoppen und damit einen schrittweisen gesamteuropäischen Atomausstieg einleiten kann, führen offensichtlich dazu, dass bei der britischen Regierung und der Atomlobby die Nerven blank liegen”, erklärte Anschober am Mittwoch in einer Aussendung. Er forderte, Drohungen gegen Österreich wegen der geplanten Nichtigkeitsklage “nur als ein Zeichen der absoluten Schwäche zu erklären und entschieden zurückzuweisen”.

Die EU-Kommission hatte im Oktober Grünes Licht für Staatshilfen und damit für das Projekt Hinkley Point C gegeben, mit dem Großbritannien künftig sieben Prozent seines Strombedarfes decken will. Österreich will beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) dagegen vorgehen. Aus Sicht Österreichs sind alternative Energieformen förderungswürdig, nicht aber die Kernkraft. Außerdem wurde der Kritikpunkt der Wettbewerbsverzerrung geäußert. Die britische Zeitung “The Guardian” berichtete, dass Luxemburg das österreichische Vorhaben unterstützen könnte.

Großbritannien betont unter anderem, dass Investitionen notwendig seien, um den Strombedarf des Landes auch in den nächsten Jahrzehnten noch decken zu können. Hinkley Point C ist der erste AKW-Neubau in Großbritannien seit Jahrzehnten und Teil des Vorhabens, ältere Reaktoren, die in den nächsten Jahren stillgelegt werden sollen, zu ersetzen. Der Anteil der Nuklearenergie am gesamten britischen Energiemix soll sich durch das neue Atomkraftwerk, das 2023 in Betrieb gehen und 60 Jahre laufen soll, nicht erhöhen.

Die Baukosten von Hinkley Point C werden laut EU-Kommission bei rund 31,2 Milliarden Euro liegen. Die beiden geplanten Reaktoren im südwestenglischen Somerset sollen insgesamt 3,3 Gigawatt an Strom erzeugen. Das ist die stärkste von einem Kraftwerk in Großbritannien jemals produzierte Leistung.

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