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"Massive Probleme": Grenzeinsatz lähmt das Bundesheer

©APA
Wien. Der Grenzeinsatz des Bundesheeres zeigt, wie sehr die jahrelangen Einsparungen dem Militär zugesetzt haben. Für den Einsatz mit rund 1.500 Mann muss das Bundesheer alle Kräfte bündeln. Das geht auf Kosten anderer Einheiten, denen u.a. das Personal und die Fahrzeuge fehlen.
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Durch den Einsatz kommt es vor allem zu massiven Problemen bei der Mobilität. Für Truppenverlegungen müssen private Busse angemietet werden.

“Normalbetrieb nicht mehr gewährleistet”

So meldet etwa ein Bataillon in einem internen Schriftstück, dass “die Mobilität de facto nicht mehr gegeben” und “der Normalbetrieb nicht mehr gewährleistet ist”. Auch bei der Verpflegungsversorgung ist das Bundesheer, das nicht nur seine Soldaten, sondern auch die Flüchtlinge versorgen muss, am Limit. Künftig wird es daher öfter Eintöpfe und vermehrt Marsch-Verpflegung geben. Das geht aus heeresinternen Planungsunterlagen für den Assistenzeinsatz, die der APA vorliegen, hervor.

Ausbilder an der Grenze statt bei frischen Rekruten

Zu Einschränkungen kommt es auch beim Personal. Neben den schnell verfügbaren Kaderpräsenzeinheiten (KPE) müssen nämlich auch immer mehr Kadereingreifkräfte (KEK) an die Grenze. Diese Berufssoldaten haben bestimmte Funktionen im Bundesheer und fehlen dort, etwa bei der Ausbildung von Grundwehrdienern.

Je nach Ausmaß des Einsatzes könnte sich dieses Problem verschärfen. Sollten kommendes Jahr weiterhin bis zu 2.000 Soldaten eingesetzt werden, würde das zu größeren Einschränkungen bei der Grundwehrausbildung und zur Absage von Übungen führen. Die Basisausbildungen 2 und 3 könnten nur mehr eingeschränkt bzw. gar nicht mehr durchgeführt werden, hieß es in den Unterlagen. Zu einem Kräftemangel könnte es auch bei größeren Naturkatastrophen kommen.

Grenzeinsatz hat absolute Priorität

Im Ministerium betonte man auf APA-Anfrage, dass “der Einsatz Priorität hat”. Dort sei alles, ob Personal, Fahrzeuge oder Material, verfügbar. Dafür müsse man Einschränkungen in anderen Bereichen “in Kauf nehmen”, sagte der Einsatzchef des Bundesheers, Karl Schmidseder. Das sei “völlig normal”.

“Problem ja, aber keine Krise”

Für den Fall, dass der Einsatz auf über 2.000 Mann anwächst, “gibt es Eventualplanungen für einen Aufschubpräsenzdienst und ein Aufgebot der Miliz”, sagte der Sektionschef. Derzeit gebe es dafür aber keinen Bedarf. Der Einsatz werde nämlich nicht vergrößert, sondern auf 1.000 Mann reduziert.

Bundesheer: Nichts hält so lange wie ein Provisorium

Dass es Schwierigkeiten mit der Mobilität gibt, gab Schmidseder zu: “Ein Mobilitätsproblem gibt es, aber keine Mobilitätskrise.” Er verwies aber darauf, dass das Bundesheer in den kommenden Jahren in Fahrzeuge investieren wird.

Immer mehr zum Problem für das Bundesheer wird auch die Essensversorgung für Soldaten und Flüchtlinge gleichzeitig. Täglich stellt das Bundesheer rund 14.000 Portionen Essen alleine für die Flüchtlinge bereit. Ursprünglich war mit dem Innenministerium vereinbart, dass das Militär die Essensversorgung der Flüchtlinge nur für die ersten vier Wochen übernimmt.

Eine warme Mahlzeit und Kaltverpflegung

Daraus ist aber – zum Ärger der Militärs – eine Dauereinrichtung geworden. Um diese Versorgung weiter aufrecht zu erhalten, wird das tägliche Angebot auf zwei Menüs reduziert, wobei eine Hauptspeise so zubereitet wird, dass sie sowohl für Flüchtlinge als auch für Soldaten geeignet ist. Zudem wird das Speiseangebot vereinfacht, man setzt öfter auf Eintopfgerichte und es wird am Abend vermehrt Kaltes (Marschkost, “KV”) ausgegeben.

“Wir sind kein Mädchenpensionat”

Für Schmidseder sind Klagen über das Essen “Jammern auf hohem Niveau”. “Dass es jetzt zwei statt drei Menüs gibt, ist zur Kenntnis zu nehmen.” Kein Verständnis hat der Generalleutnant auch für Vorwürfe, wonach es durch die Kasernenverkäufe zu wenig Platz gebe und Soldaten bei Übungen auf Matten oder Feldbetten schlafen müssen. Konkret mussten im Sommer Milizsoldaten im Zuge einer Übung drei Nächte auf Feldbetten im Turnsaal der Kaserne in Güssing schlafen. Schmidseder bezeichnete das als “völlig normal”. “Wir sind kein Mädchenpensionat.” (red/APA)

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