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Michel Tournier ist tot: Trauer um "herausragenden Erzähler"

Michel Tournier starb im Alter von 91 Jahren
Michel Tournier starb im Alter von 91 Jahren
Mit Michel Tournier hat Frankreich einen seiner bedeutendsten Autoren verloren. Seine Werke hätten eine ganze Generation von Franzosen und Europäer geprägt, würdigte der französische Staatschef Francois Hollande den Schriftsteller und mehrfachen Preisträger. Er habe die Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts nachhaltig beeinflusst.


Tournier, der am Montag im Alter von 91 Jahren starb, hinterlässt der Nachwelt zahlreiche Essays, Kinderbücher und einige der bedeutendsten Werke der französischen Literatur. Zu ihnen zählen vor allem “Der Erlkönig”, mit dem Tournier auch in Deutschland zu einem Erfolgsautor wurde.

Frankreichs Premierminister Manuel Valls würdigte den gebürtigen Pariser als einen “herausragenden Erzähler”: “Sein Werk wird weiterleben”, schrieb Valls bei Twitter.

Der Schriftsteller galt als Deutschlandkenner. In “Erlkönig” beschreibt er eine Reise durch Ostpreußen während des Zweiten Weltkriegs. Für den Roman erhielt er 1970 Frankreichs begehrtesten Literaturpreis, den Prix Goncourt. Der Roman war sein zweites Werk und erhielt ungewöhnlicherweise einstimmig die Gunst der Jury. Der Roman “Der Erlkönig” diente Volker Schlöndorff als literarische Vorlage für seinen 1996 erschienenen Film “Der Unhold”.

Zu seinen größten Erfolgen in Deutschland zählt auch sein Erstlingswerk “Freitag oder Im Schoß des Pazifik”, eine Neuinterpretation der Abenteuer von Robinson Crusoe. Auf Deutsch sind von ihm außerdem “Der Wind Paraklet. Ein autobiografischer Versuch” sowie “Der Garten des Vagabunden” erschienen. “Le bonheur en Allemagne?” (Etwa: Das Glück in Deutschland?) gehört zu den wenigen Büchern Tourniers, die nicht auf Deutsch übersetzt wurden. In dem 2006 in einer Neuauflage erschienenen autobiografischen Essay geht der Autor vor allem auf seine Beziehung zu Deutschland ein. 

Tournier gehörte nach 1945 zu den ersten Franzosen, die nach Deutschland gingen. In Bad Teinach im Schwarzwald nahm er als Jura- und Philosophiestudent zunächst an einem von der französischen Militärregierung organisierten Ferienkurs für Germanisten teil, bevor er sich an der Universität Tübingen für das Philosophiestudium einschrieb. Sein Interesse an Deutschland und der deutschen Sprache ging auf seine Eltern zurück, die beide Germanisten waren.

In seinen Büchern versuchte Tournier, mit deutsch-französischen Stereotypen aufzuräumen. Als einer der wenigen französischen Schriftsteller hat Tournier auch über den Mauerfall am 9. November 1989 geschrieben.

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