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München: Keine Anhaltspunkte für IS-Bezug - Ermittler sprechen von Amoklauf

Ein 18-jähriger Deutsch-Iraner erschoss in München neun Menschen.
Ein 18-jähriger Deutsch-Iraner erschoss in München neun Menschen. ©APA/AFP/STR
Nach der Bluttat von München mit zehn Toten und 27 Verletzten hat die Polizei keine Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund des Täters, alles deute auf einen Amoklauf hin, heißt seitens Polizei und Innenministerium. Der Einzeltäter lockte seine Opfer via gehacktem Facebook-Konto in ein Fast-Food-Lokal. Auch Kanzlerin Angela Merkel meldete sich zu Wort.
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Schüsse in Einkaufszentrum
München im Ausnahmezustand

Der Amokläufer von München hat sich etwa zweieinhalb Stunden nach der Tat vor den Augen von Polizisten getötet. Das teilte die Münchner Polizei am Samstag nach der Befragung vieler am Einsatz beteiligter Beamter mit.

“Gegen 20.30 Uhr hatte demnach eine Streife der Münchner Polizei nördlich des Olympia-Einkaufszentrums Kontakt zum mutmaßlichen Täter. Als Reaktion auf die Ansprache der Beamten zog er unvermittelt seine Schusswaffe, hielt sie sich an den Kopf und erschoss sich”, hieß es in der Polizeimitteilung.

Der 18-jährige Täter hatte am Freitag gegen 18.00 Uhr bei einem Schnellrestaurant am Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen erschossen. Eine Zivilstreife sah den Täter am Parkhaus des Einkaufszentrums und schoss auf ihn, doch der junge Mann blieb unverletzt und konnte zunächst fliehen.

Keine “politische Motivation” hinter Tat

Der 18-jährige Deutsch-Iraner, geboren und aufgewachsen in München, erschoss den Erkenntnissen zufolge am frühen Freitagabend neun Menschen. Ingesamt 27 Personen seien im Zuge der Ereignisse verletzt worden, nicht nur durch Schüsse. Die Staatsanwaltschaft geht nicht von einer “politischen Motivation” des Täters. Er handele es sich um einen “klassischen Amoktäter”. Demnach befand sich der Täter offenbar wegen psychischer Probleme in Behandlung.

Unterlagen zum Thema “Amok” gefunden

Bei Durchsuchungen im Zimmer des Schülers habe man Unterlagen zum Thema Amok gefunden. “Mit dem Thema hat sich der Täter offenbar intensiv beschäftigt”, sagte Andrä. Darum geht die Münchner Staatsanwaltschaft davon aus, dass es sich bei der Tat um einen klassischen Amoklauf handelt. Die Ermittler gehen von einem Zusammenhang mit dem Attentat des Norwegers Anders Behring Breivik aus. “Diese Verbindung liegt auf der Hand”, sagte Andrä. Am Freitag war der fünfte Jahrestag von Breiviks Amoklauf.

Facebook-Account gehackt, um Menschen anzulocken

Polizeipräsident Andrä sagte, es habe keine weiteren Täter geben. “Tat und Täter haben überhaupt keinen Bezug zum Thema Flüchtlinge”, stellte er klar. Der Deutsch-Iraner nutzte für seine Tat eine 9mm Glock-Pistole. Diese habe der 18-Jährige offenbar illegal besessen, da die Seriennummer der Waffe ausgefeilt war, sagte der Präsident des bayerischen Landeskriminalamts, Robert Heimberger. Der offensichtlich mit guten Computerkenntnissen ausgestattete 18-Jährige hackte offenbar den Facebook-Account eines Mädchens mit einem türkischen Namen. “Kommt heute um 16 Uhr Meggi am OEZ”, schrieb er dort. Die vermeintliche Einladung verstärkte er mit der Ankündigung, etwas zu spendieren.

Der Tatort in München. /APA/dpa
Der Tatort in München. /APA/dpa ©Der Tatort in München. /APA/dpa

Psychische Probleme

Der Münchner Polizei war der 18-jährige Täter bisher kaum aufgefallen. Er sei lediglich als Opfer einer Schlägerei unter Jugendlichen sowie eines Diebstahl in Kontakt mit den Beamten gewesen. De Maiziere sagte, es gebe Hinweise darauf, dass er von Gleichaltrigen gemobbt wurden. Nachbarn schilderten den Mann, der in München geboren wurde und aufwuchs, als freundlich oder unauffällig. Er lebte mit seinen Eltern sowie einem jüngeren Bruder in einem Mehrfamilienhaus im Stadtteil Maxvorstadt.

Die Ermittler wiesen zudem darauf hin, dass sich die Tat genau fünf Jahre nach dem Massenmord des Norwegers Anders Breivik ereignete. Er hatte in Oslo und in einem Ferienlager für Jugendliche auf der Insel Utøya insgesamt 77 Menschen getötet.

Der Deutsch-Iraner nutzte für seine Tat eine 9mm Glock-Pistole. Diese hatte der 18-Jährige offenbar illegal besessen, da die Seriennummer der Waffe ausgefeilt war. Eine Erlaubnis für die Pistole besaß der Täter nicht. Dem Landeskriminalamt zufolge hatte er über 300 Schuss Munition dabei. Wo die Waffe herkommt, ist den bisherigen Erkenntnissen zufolge noch offen. Nach Angaben de Mazières könnte es sich um eine umgebaute Deko-Waffe handeln.

Neun Menschen verlieren ihr Leben

Die Toten stammten alle aus München und Umgebung. Es seien keine Auswärtigen oder Touristen betroffen gewesen, sagte Polizeipräsident Andrä. Viele Todesopfer waren minderjährig. Zwei 15-Jährige und drei 14-Jährige seien ums Leben gekommen, berichteten die Ermittler. Die weiteren Opfer seien 17, 19, 20 und 45 Jahre alt gewesen. Unter den neun Todesopfern seien drei Frauen gewesen. Drei der Getöteten waren Kosovo-Albaner, drei waren Türken und einer Grieche. Unklar ist, ob sie zum Teil in eine perfide geplante Falle des Amokschützen liefen.

Merkel meldet sich zu Wort

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich geschockt gezeigt und zugleich die Einsatzkräfte für ihre “hoch professionelle” Arbeit gelobt. “Sie waren und sind im besten Sinne Helfer und Beschützer der Bürgerinnen und Bürger.” Zugleich brachte sie ihre Fassungslosigkeit zum Ausdruck. Deutschland trauere “mit schweren Herzen um die, die nie mehr zu ihren Familien zurückkehren werden”, sagte sie.

Keine Veranstaltungen abgesagt

Aus Sicherheitsgründen müssten in München am Wochenende nach Angaben Andräs keine Veranstaltungen abgesagt werden. Zur Zeit seien noch 800 Einsatzkräfte in der Stadt im Einsatz. Es sei noch nicht klar, ob es Opfer gab, die einen Bezug zum Täter hatten. Das werde untersucht, dazu werde das gesamte Umfeld des 18-Jährigen untersucht. Die Familie des Täters wohnte gemeinsam in einer Wohnung. Es gab keine weitere Festnahmen, sagte Polizeipräsident Andrä. Die GSG9 hat bei der Durchsuchung der Wohnung des Täters mitgeholfen und stand für weitere Einsätze bereit. Die Eltern des Täters sind derzeit nicht vernehmungsfähig, erklärte Polizeipräsident Andrä.

(APA)

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