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Musikmarkt auch 2011 geschrumpft: Sony Music-Manager im Interview

Der Musikmarkt verzeichnete auch 2011 sinkende Umsätze.
Der Musikmarkt verzeichnete auch 2011 sinkende Umsätze. ©apa/Sujet
Für die heimische Musikindustrie präsentierte sich 2011 mit steigendem Absatz bei sinkenden Umsätzen. Philip Ginthör, Geschäftsführer von Sony Music Entertainment GSA und zuständig für die Geschäfte von Sony Music in Deutschland, Schweiz und Österreich, siehtdie Entwicklung dennoch positiv.

Dass der digitale Bereich mit Downloads, Streaming und Handyklingeltönen bereits zum siebenten Mal in Folge wachsen konnte, bleibt bei einem Gesamtminus von 6,5 Prozent respektive 12 Mio. Euro dabei nur ein schwacher Trost. Philip Ginthör beantwortete der Austria Presse Agentir per Mail Fragen zu den Entwicklungen des vergangenen Jahres.

Sony Music-Chef Edgar Berger sprach vor einigen Wochen davon, dass er die Krise der Musikindustrie überwunden sieht. In Deutschland ist der Markt zwar seit 1997 erstmals nicht geschrumpft, in Österreich und der Schweiz setzt sich der Rückgang allerdings fort. Wie würden Sie 2011 bewerten?

Philip Ginthör: Ich denke, dass wir inzwischen mit dem Mix aus digital und physisch eine kritische Masse erreicht haben. In Österreich legt der Onlinemusikmarkt zum siebenten Mal in Folge zu. Das sind positive Impulse, die auch wieder zu Wachstum führen können. Und es gibt Märkte, die bereits gewachsen sind, wie der weltweit größte Musikmarkt USA oder Brasilien.

Spotify startete 2011 in Österreich und nun auch in Deutschland, viele weitere digitale Angebote versuchen, mit Musik im Internet Geld zu machen. Wie bewerten Sie diese neuen Geschäftsmodelle?

Ginthör: Streamingmodelle wie Spotify sind ein wichtiger Baustein, denn sie bringen legal eine große Auswahl an Musik zu den Fans. Und die Vielfalt bei legalen digitalen Angeboten sorgt für Wachstum. Das sieht man auch an den aktuellen Zahlen: Streaming ist in Österreich mit einem Plus von 32 Prozent das Einzelsegment mit den größten Zuwächsen im heimischen Musikmarkt.

Hat der physische Tonträgermarkt noch eine Zukunft? Oder wird alles in der “Cloud” enden?

Ginthör: Ja, auch wenn der physische Markt weiter abschmelzen wird und digital weiter an Bedeutung gewinnt – das sehen wir in allen Territorien. In den USA wurde 2011 erstmals mehr digital als physisch verkauft. Dennoch wird die CD in den nächsten Jahren sicher nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken. Cloud, Streaming und a la Carte Downloads kommen additiv hinzu. Es ist doch großartig, dass der Musikhörer sich aussuchen kann, ob er den Titel über sein Smartphone streamt oder die CD zu Hause einlegt.

Sie sind nun zuständig für Sony Music GSA – wie bewerten Sie die Performance Ihrer Künstler 2011? Wo hat Sony Music Potenzial, neue Vertriebs- und Umsatzmöglichkeiten aufzumachen?

Ginthör: Wir haben gerade im wichtigen Domestic Markt in Deutschland neue Künstler erfolgreich gebreakt und uns als Marktführer im Segment heimischer Musik etabliert. Das ist und bleibt elementarer Bestandteil unseres Kerngeschäfts. Künstler wie Tim Bendzko, Jupiter Jones und Casper haben große Charterfolge gefeiert und wurden neben Gold-Awards gerade mit dem “Echo” belohnt. In Österreich sind wir unter anderem mit dem Platinrekord des Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, Hubert von Goisern, der auf Platz 4 der meistverkauften Alben landet, oder den Trackshittaz erfolgreich gewesen. Ich sehe uns hier auf gutem Kurs. Darüber hinaus haben wir unser Nebengeschäft mit Family Entertainment, Comedy und Live ausgebaut und sind hier die führende Company.

Was bedeutet die zunehmende Rolle des Internet auch für die Promotion von Künstlern?

Ginthör: Es hilft immens! Wir nutzen das Internet bereits seit Jahren. Nicht nur für Promo und Marketing, sondern auch um Talente zu entdecken. Und um mit den Fans zu kommunizieren. Das geht direkter, schneller und genauer. In Deutschland versenden wir über eine Million Newsletter pro Monat und informieren so die Fans über ihre Lieblingsmusik.

Wie bewerten Sie die aktuelle Diskussion zu ACTA sowie den vielerorts geäußerten Wunsch nach einer Adaptierung des Urheberrechts?

Ginthör: Das Urheberrecht muss genau da ankommen, wo die Musikbranche schon ist: im digitalen Zeitalter. Die Musikindustrie hat heute ihre Inhalte konsequent lizenziert. Weltweit gibt es 500 music services, die rund 20 Millionen Songs legal anbieten. Es liegt an uns allen immer wieder klarzumachen, dass unsere kulturelle Vielfalt nachhaltig verloren geht, wenn wir als Gesellschaft nicht bereit sind die Notwendigkeit einer ökonomischen Vergütung von geistigem Eigentum im Netz anzuerkennen.

(Die Fragen stellte Christoph Griessner/APA)

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