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Muslime in Österreich: Wertehaltung schwankt laut Studie je nach Herkunft

Am Donnerstag wurde eine neue Studie zu Muslimen in Österreich veröffentlicht.
Am Donnerstag wurde eine neue Studie zu Muslimen in Österreich veröffentlicht. ©APA/Hans Klaus Techt
Eine neue Studie hat sich mit der Wertehaltung der Muslime in Österreich beschäftigt. Diese sei je nach Herkunft der Befragten sehr unterschiedlich, vor allem Somalier und Tschetschenen seien besonders islamisch-konservativ.

Eine neue Studie zu Muslimen in Österreich sieht große Unterschiede bei den Wertehaltungen je nach Herkunft. Vertreten Menschen aus Somalia und Tschetschenien zu großen Teilen religiös geprägte Standpunkte, zeigen sich Personen aus dem Iran mehrheitlich offener. Koordiniert wurde die am Donnerstag präsentierte Studie für den Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) von Peter Filzmaier.

Filzmaier betonte, dass es sich um keine repräsentative Studie handelt, da es ja keine Muslime-Datenbank in Österreich gebe. Dennoch könne man Tendenzen herauslesen. Nach einem sogenannten Schneeballsystem – Personen werben weitere Interview-Partner an – wurden von der Donau Universität Krems seit vergangenem Jahr 1.129 Muslime in zwei Wellen befragt. Dabei handelte es sich sowohl um in Österreich Geborene, als auch Migranten und anerkannte Flüchtlinge.

Derzeit leben geschätzte 700.000 Muslime mit überwiegend türkischem und bosnischem Hintergrund in Österreich. Große Unterschiede zeigen sich in der Studie bereits bei der Religiosität: Vor allem Flüchtlinge aus Somalia gaben an, sehr gläubig zu sein (69 Prozent) während insgesamt Personen aus dem Iran der Religion distanzierter gegenüberstehen (53 Prozent eher oder gar nicht gläubig). Tschetschenen, Türken und Syrer bezeichnen sich ebenfalls häufiger als “sehr gläubig”.

Studie über Muslime in Österreich: Die Antworten der Befragten

Die große Mehrheit der für die Studie befragten Muslime steht hinter den österreichischen Rechtsvorschriften. Ein Viertel der Flüchtlinge will islamische Rechtsvorschriften berücksichtigt sehen. Allerdings ist die Zahl der Befürworter der Scharia als Grundlage der Gesetze verschwindend gering: Selbst unter den deklarierten “sehr gläubigen” Muslimen macht diese in der Studie nur zwei Prozent aus.

Mehr als drei Viertel aller Befragten bosnischer Herkunft sowie zwei Drittel der befragten türkischer Herkunft und mehr als die Hälfte der Flüchtlinge finden die österreichischen Vorschriften für Muslime angemessen. Insgesamt wird die Aussage, für den Glauben zu sterben, klar abgelehnt (58 Prozent “auf gar keinen Fall”). Allerdings stimmten 37 Prozent der Somalier dieser Aussage mit “ja, auf jeden Fall” beziehungsweise “ja, eher schon ” zu.

Differenziertes Bild bei emotionalen Themen

Ein differenziertes Bild zeichnet die Studie bei emotional besetzten Themen. So zeigen mehr als die Hälfte der Flüchtlinge sowie 40 Prozent der türkischstämmigen Muslime sehr oder eher Verständnis dafür, wenn Männer Frauen nicht die Hand reichen. Ein Drittel der Flüchtlinge – insbesondere aus Somalia und Tschetschenien – befürwortete die gewaltsame Verteidigung der Familienehre. Bosnier messen diesem Thema am wenigsten Bedeutung zu.

Auch das politisch intensiv diskutierte Thema Verschleierung wurde abgefragt. Lediglich befragte Flüchtlinge aus Somalia waren mehrheitlich (61 Prozent) der Meinung, dass jede Muslimin ein Kopftuch tragen soll. Insgesamt waren 43 Prozent der befragten Männer und 54 Prozent der Frauen der Meinung, dass ein Kopftuch nur auf eigenen Wunsch getragen werden soll. Einen Kopftuchzwang befürworteten beide Geschlechter mit jeweils 16 Prozent.

Klare Tendenzen nach Herkunft

Die Tendenzen nach Herkunft bestätigten sich in der Studie auch bei weiteren gesellschaftlichen Themen. So befürworteten Personen aus Tschetschenien und Somalia eher, dass Frauen als Jungfrau in die Ehe gehen, unverheiratete Frauen und Männer nicht zusammenleben und Mädchen und Burschen nicht gemeinsamen Turn- oder Schwimmunterricht haben sollten. Am unteren Ende des Spektrums finden sich wieder Menschen aus Bosnien oder dem Iran.

Eine Gleichberechtigung aller Religionen wird quer durch alle Gruppen mit mehr als 80 Prozent befürwortet. Knapp 60 Prozent der Flüchtlinge und Befragten türkischer Herkunft finden jedoch, dass es verboten sein soll, sich über den Islam lustig zu machen. Gut 60 Prozent der Befragten bosnischer Herkunft sowie der Flüchtlinge meinen, dass sich der Islam an die Traditionen und die Kultur in Europa anzupassen hat, von den Personen mit türkischem Hintergrund knapp die Hälfte.

Knapp die Hälfte der Befragten türkischer und afghanischer Herkunft hat das Gefühl, aufgrund ihres Glaubens in Österreich schlechter behandelt zu werden. Nicht so sehen das zwei Drittel der Flüchtlinge sowie drei Viertel der Bosnischstämmigen. Der Aussage, dass Juden zu viel Macht haben, stimmten vor allem die Syrer “sehr” oder “eher” (insgesamt 62 Prozent) zu. Iraner nur zu 18 Prozent. Laut Filzmaier ist Antisemitismus auch unter der österreichischen Gesamtbevölkerung stark vertreten.

Sebastian Kurz fordert “massive Reduzierung” der Migration

Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) sieht sich durch die am Donnerstag präsentierte Muslime-Studie in seiner Haltung bestätigt. In einer Stellungnahme gegenüber der APA forderte er die “massive Reduzierung” der Migration, eine Reform der Sozialsysteme sowie die konsequente Sprach- und Wertevermittlung im Bildungssystem “anstatt Parallelstrukturen wie Islam-Kindergärten”.

“Ich sehe mich bestätigt in meiner Haltung”, meinte Kurz wörtlich und forderte abermals ein Eindämmen der Zuwanderung – “insbesondere von bildungsfernen Menschen aus anderen Kulturkreisen”. Menschen dürften zudem nicht mehr “in der Mindestsicherung verharren” und damit am Rande der Gesellschaft stehen, wodurch “Parallelgesellschaften gefördert werden”, meinte der Minister und ÖVP-Obmann.

Auch zu den sogenannten Islam-Kindergarten äußerte sich Kurz ein weiteres Mal. Diese zeigten, “dass durch ethnische, religiöse und sprachliche Abschottung Integrationsprobleme in die folgenden Generationen weiter getragen werden”.

(APA, Red.)

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