Auch in Fällen, in denen massive Gewaltausübung bekannt ist, komme es immer wieder vor, dass die Justiz die Gefährlichkeit von Tätern nicht entsprechend erkenne, die zur Verfügung stehenden rechtlichen Maßnahmen nicht ausschöpfe und somit Gewaltverbrechen an Frauen verharmlose. Diese Kritik äußerte der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser in Zusammenhang mit der tödlichen Messerattacke auf eine 34 Jahre alte Frau am Donnerstag in Wien, nach der ihr Ehemann noch am Tatort festgenommen wurde.
Mann war gewalttätig
Gegen den 53-Jährigen lagen mehrere Anzeigen wegen Körperverletzung vor. “Es ist unverständlich, warum der Beschuldigte nicht schon viel früher in Untersuchungshaft genommen worden ist”, erklärte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins, am Freitag in einer Aussendung. Laut Paragraf 107b des Strafgesetzbuchs – fortgesetzte Gewaltausübung – wäre dies möglich gewesen. Dieser Paragraf ist seit Juni 2009 in Kraft. 2012 wurde nach Angaben des Bundeskriminalamts nach diesem Paragrafen 769 Anzeigen erstattet, im Jahr davor waren es 627 gewesen.
Der Schutz und die Rechte des Opfers in Strafverfahren seien in den vergangenen Jahren zwar wesentlich verbessert worden. Dennoch komme es immer wieder vor, dass in Fällen von Gewalt, besonders bei hochgefährdeten Opfern, viel zu selten Untersuchungshaft verhängt werde, kritisieren die Frauenhäuser. Sie wiesen auf den Mord an einem Volksschüler durch seinen Vater im Mai vergangenen Jahres in St. Pölten hin. Der Mann war innerhalb der Familie wiederholt gewalttätig geworden, befand sich aber auf freiem Fuß.
“Während sich die Polizei unmittelbar nach diesem schweren Gewaltverbrechen für eine Reformierung des Gewaltschutzgesetzes eingesetzt hatte und die Ausweitung eines Betretungsverbots auch vor Schulen und Kindergärten demnächst in Kraft treten wird, bleiben Reformierungsvorschläge seitens der Justiz leider aus”, bemängelt der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser.
Frauenhäuser fordern Operfschutz
Die Frauenhäuser fordern von der Justiz verstärkte Anstrengungen für den Opferschutz, die Dokumentation von Anzeigen und Gewaltdelikten, Verbesserungen bei der Gefährlichkeitseinschätzung seitens der Staatsanwaltschaft sowie verpflichtende Schulungen und Fortbildungen in Anlehnung an Maßnahmen bei der Polizei, die das Thema “Gewalt in der Familie” seit mehr als 20 Jahren in der Ausbildung verankert hat.
(APA/Red)