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Neue Vollmachten für Russischen Geheimdienst

Der russische Inlandsgeheimdienst FSB kann mit einem neuen Gesetz künftig bei bloßem Verdacht auch ohne Beweise direkt gegen Bürger vorgehen. Die Staatsduma in Moskau verabschiedete am Freitag ein entsprechendes Dekret, wie die Agentur Interfax meldete. Juristen und Bürgerrechtler sehen darin die Rückkehr des sowjetischen Überwachungsstaates mit KGB-Methoden.
Protest gegen neues russisches Geheimdienstgesetz

Bei einem nicht erlaubten Protest gegen das Gesetz vor der Duma nahm die Polizei mehrere Mitglieder der liberalen Opposition fest. Das von Russlands Präsident Dmitri Medwedew initiierte Gesetz wurde mit 354 Stimmen, vor allem aus der Regierungspartei Geeintes Russland, angenommen. Es gab 96 Gegenstimmen.

Demnach kann der FSB Bürger allein bei auffälligem Verhalten oder einem Verdacht zu einem “vorbeugenden Gespräch” vorladen. Damit soll eine mögliche spätere Straftat “gegen die Sicherheit des Landes” verhindert werden. Nach offizieller Lesart dient das Dekret der Bekämpfung von Extremismus und dem Anti-Terror-Kampf. Kritiker sehen darin ein neues Mittel zur Einschüchterung Andersdenkender.

Die Duma winkte das Gesetz in dritter und abschließender Lesung ohne lange Debatte durch. Gegen das Dekret stimmten Abgeordnete der Kommunisten sowie der Fraktion “Gerechtes Russland”. Vor dem Gebäude wurden mindestens drei Angehörige der nicht im Parlament vertretenen Oppositionspartei Jabloko festgenommen. Sie hatten auf Flugblättern kritisiert, dass in einem Land mit der auch von Medwedew oft kritisierten Justiz-Willkür ein solches Gesetz in den Händen des sowjetisch geprägten Geheimdienstes eine “Gefahr für die Gesellschaft” sei. Der sowjetische Geheimdienst hatte dafür gesorgt, dass viele Dissidenten auch ohne Prozess eingesperrt wurden.

Russische Anwälte, Bürgerrechtler und Regierungskritiker hatten zuvor gegen die in Moskau geplante Verabschiedung eines neuen Geheimdienstgesetzes protestiert. Das Dekret sei ein Schlag gegen die Persönlichkeitsrechte, eine Rückkehr zur absoluten Stasi-Willkür und Kontrolle über friedliche Bürger, hieß es in einem offenen Schreiben der Gesetzesgegner an den russischen Föderationsrat.

Das Dekret bleibe ungeachtet einiger Änderungen eine “Gefahr” für die Gesellschaft, hieß es in dem Schreiben an Föderationsratschef Sergej Mironow. Das von Mironow geführte Gremium muss das Gesetz nach dem Duma-Beschluss noch absegnen, bevor es an Medwedew geht und durch dessen Unterschrift in Kraft tritt. Zu den Unterzeichnern des Protest-Appells gehören der Präsident der russischen Anwaltskammer, Genri Resnik, die Leiterin der Moskauer Helsinki-Gruppe, Ljudmila Alexejewa, der Chef der russischen Menschenrechtsorganisation, Oleg Orlow sowie Schriftsteller und Oppositionspolitiker.

Die Kritiker werfen der Führung in Moskau vor der Parlamentswahl im nächsten Jahr die Rückkehr in einen autoritären Überwachungsstaat nach sowjetischem Vorbild vor. Medwedew hatte das Gesetz gegen Kritik auch aus dem Ausland verteidigt.

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