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Tierschützer-Prozess: Kleider Bauer-Chef erneut im Zeugenstand

Der Wiener Neustädter Prozess gegen 13 Tierschützer wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation hat heute mit Verspätung und der bereits obligaten Ermahnung von Richterin Sonja Arleth, die Zuhörerschaft möge sich ruhig verhalten, begonnen. Der 29. Verhandlungstag versprach durch die neuerliche Ladung von Peter Graf, Geschäftsführer der - von der Anti-Pelz-Kampagne ab 2006 betroffenen, aber unbeugsamen - Bekleidungskette Kleider Bauer, einige Spannung. "Spannend" waren dann aber mehrere Dispute zwischen Gericht und Verteidigung.
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In der Befragung ging es u.a. um die Klärung der tatsächlichen bei Buttersäureanschlägen auf Filialen entstandenen Schadenshöhen. Arleth verlas dazu aus dem Akt des Handelsgerichts Wien über eine außergerichtliche Einigung mit der Versicherung, wonach der Warenbetrag mit 229.000 Euro angegeben wurde, dazu kamen Sanierungskosten. Laut Graf lag die Vergleichssumme bei 257.000 Euro, eingeklagt habe man 347.000 Euro. Wie Arleth weiter ausführte, wurden dem Erstbeschuldigten VGT-Obmann Martin Balluch rufschädigende Äußerungen (bezüglich überhöht angegebener Schadenssummen) untersagt.

Nach einem Buttersäureanschlag auf ein Geschäft in Graz habe das Warenlager laut einem Sachverständigen einen Wert von 139.000 Euro repräsentiert. Die Filiale war sechs Wochen lang gesperrt, führte der Zeuge auch die Betriebsunterbrechung ins Treffen. Die Versicherung habe sich damals mit dieser Summe nicht einverstanden erklärt, der Vertrag sei gekündigt worden, und es kam auch zu Prämienerhöhungen, so Graf.

In den von Demos – “mit extremer Lärmerregung, Trommeln, Anpöbeln von Kunden” – beeinträchtigten Geschäften sei es zu Umsatzeinbußen gekommen. Genau könne sein Bruder Auskunft geben, meinte der 50-Jährige wie schon bei seiner ersten Befragung am 27. April. Anwaltsfragen nach der Umsatzentwicklung des Unternehmens ließ die Richterin mit dem Hinweis “zu allgemein” nicht zu. Daraufhin hielt Balluch-Verteidiger Stefan Traxler dem Zeugen einen Lagebericht zu Jahresbeginn 2007 vor, in dem sich keinerlei Hinweis auf Umsatzeinbußen wegen der Kampagne befinde. Der Bericht sei nicht Verfahrensgegenstand, behielt sich Arleth eine Entscheidung darüber vor.

In der Folge kam es zu einem verbalen Schlagabtausch mit den Anwälten, nachdem Alexia Stuefer den resümeeartigen Vortrag des Verhandlungsprotokolls – in Bezug auf den Zeugen und auch auf die Ermittler – beantragt hatte, was das Gericht vorerst ablehnte. Zur Deeskalation der emotional aufgeheizten Atmosphäre verfügte Arleth eine kurze Pause. Danach wurde der Zehntbeschuldigte, der bereits zuvor wegen störender Zwischenrufe abgemahnt worden war, nach einer neuerlichen Äußerung für den heutigen Tag von der Verhandlung ausgeschlossen – was eine weitere Unterbrechung zur Folge hatte.

Sie fänden die Verhandlungsführung “vollkommen tendenziös” und weit entfernt von einem fairen Verfahren, erklärten sich zwei weitere Angeklagte solidarisch mit dem Ausgeschlossenen. Diese Feststellung akklamierende Zuhörer, die die Richterin als bereits durch ihr Verhalten bekannt und als “erkennbare Gruppierung” bezeichnete, wurden ebenso abgemahnt wie die zwei Beschuldigten. Bei weiterem ungeziemenden Benehmen würden diese Zuschauer des Saals verwiesen, so Arleth. Das Gericht habe den Eindruck, dass man hier Aktionen setzen wolle – sie habe Derartiges in ihrer Laufbahn noch nie erlebt.

Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag, einen Zuhörer aus dem Saal zu schicken, weil er – als damaliger Prokurist bei Kleider Bauer – als Zeuge in Sachen Umsatzentwicklung in Frage käme. Der Mann war nach seinen und auch Grafs Angaben niemals Prokurist oder Mitarbeiter.

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