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Salzburger Festspiele: Ansprachen von Burgstaller und Schmied

Stadt Salzburg - Als die Festspiele 1920 mit dem "Jedermann" eröffnet worden seien, herrschten in Salzburg Hunger und Inflation. Acht von zehn Kindern waren unterernährt. "Aufgrund der tristen Wirtschaftslage wurden die Einnahmen der ersten Jedermann-Aufführung an Kriegswitwen und -waisen gespendet", erinnerte Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) in ihren Grußworten an die Zeit von damals.
Bilder der Festspiel-Redner

Die Künstler hätten auf die Gagen verzichtet, und wieder einmal habe sich gezeigt, dass “der Zusammenhalt der Gesellschaft in der Not oft größer ist als im Überfluss”. Landeshauptfrau GabiBurgstaller spannte in ihrer Rede einen Bogen von der Zeit der Gründung der Festspiele bis zur Gegenwart.

Die identitätsstiftende Idee der Salzburger Festspiele sei zunächst gescheitert und an der Katastrophe des Nationalsozialismus zerbrochen. “Jedermann” sei kein Schauspiel mehr auf dem Domplatz gewesen. “Jedermann zog in den Krieg. Xenophobie, Antisemitismus und politische Verfolgung zerstörten den kosmopolitischen Überbau der Festspiele, völkische Kunst und Propaganda waren angesagt.” Die Festspiele seien aus dem Ersten Weltkrieg heraus erdacht worden, sie hätten den Zweiten genau so überlebt wie später die Spaltung der Welt in West und Ost, das Errichten von Mauern quer durch Europa, aber auch den Fall dieser Mauer, sagte die Landeshauptfrau. Vielleicht sei die Tatsache, dass die Festspiele nicht aus dem Geist des Überflusses und der Lust auf Unterhaltung entstanden wären, sondern aus der wirtschaftlichen und kulturellen Not, eine besondere Bestandsgarantie – weit über den 90. Geburtstag hinaus hätten.

Festspielredner Daniel Barenboim habe kürzlich in einem Interview von einen Traum erzählt: “Es ist dies ein gemeinsames Konzert von Musikern der besten Orchester der Welt. Aber nicht irgendwo, sondern in Gaza.” Dies sei freilich nur Teil eines noch viel größeren Traumes vom Frieden. “Es heißt, wenn möglichst viele Menschen den gleichen Traum träumen, so verändert das zuerst die Menschen und dann die Wirklichkeit”, meinte die Landeshauptfrau. Vielleicht werde der Dirigent und Pianist zum 100-Jahr-Jubiläum der Festspiele “nicht bei uns sein, weil er ein großes Konzert an anderer Stelle dirigiert, und weil er im Sinne seines Traumes dort dringender gebraucht wird als hier”.

Ministerin Claudia Schmied stellt Wirtschaftskrise in den Mittelpunkt ihrer Ansprache bei den Festspielen:

Die Wirtschaftskrise, deren Ursachen und Auswirkungen stellte Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) in den Mittelpunkt ihrer Ansprache. “Unsere Gesellschaft hat sich ganz dem Mythos des schnellen Profits, angetrieben von einer unbeschreiblichen Gier, zugewendet. In radikaler Weise haben wir uns von unseren ethisch-moralischen Prinzipien fortbewegt”, sagte Schmied. Einige Wenige hätten die Werteordnung in einer Weise dominiert, “die heute Vielen schadet”. Seit zwei Jahren stünden wir im Bann einer wirtschaftlichen Krise, die durchaus Aspekte einer Tragödie habe. Und sie sei tatsächlich der Endpunkt einer langen Geschichte, in deren Mittelpunkt die bedingungslose Anbetung eines Götzen stehe. Es wäre zugelassen worden, “dass die Logik eines Teilsystems zusehends das Ganze dominiert hat. Die sogenannte Realwirtschaft (…) ist dadurch zu Schaden gekommen”. Was eine Warnung hätte sein können, sei ganz im Gegenteil zum Teil eines Spiels geworden, das jeden Realitätssinn und jede Moral vergessen habe. “Es gehe jetzt um einen radikalen Paradigmenwechsel hin zu einer Kultur der gesellschaftlichen Verantwortung”, betonte die Kulturministerin.

Durch die horrenden Kosten der Krisenbewältigungsprogramme seien in der Folge die öffentlichen Haushalte an die Grenzen des Leistbaren gebracht – und mit einem Mal seien alle Bürger zu den Betroffenen eines Finanzsystems geworden, “von dem wir heute wissen, dass es von den Grundfesten her saniert werden muss”, so Schmied. In vielen Teilen unserer Welt steige die Zahl der Arbeitslosen, hätten Menschen ihre Zukunftsvorsorge verloren. Es sei Zeit, von den Kunst- und Kulturschaffenden zu lernen. “Schärfen wir – ohne Rücksicht – unsere Wahrnehmung und leben wir eine Kultur der Verantwortung”, forderte die Ministerin. Gleichzeitig erlebe man eine Renaissance der öffentlichen Verantwortung. Die Rolle des Staates werde neu geschrieben. Die Spielregeln der Finanzwirtschaft könnten nicht mehr von dieser allein bestimmt werden, so Schmied. Jede Krise trage in sich das Potenzial zur Klärung, Erneuerung und Weiterentwicklung.

Man müsse einerseits auf der politisch-ökonomischen Ebene zu Reformen führen, die uns in Zukunft vor vergleichbaren Krisen des Finanzsystems schützten, meinte die Ministerin. Andererseits bedürften sie kräftiger Anstöße seitens der Kunst und Kultur. Auch deshalb sei das klare Bekenntnis zur Verantwortung des Staates in der Kunstfinanzierung in Österreich gerade jetzt entscheidend. Ihr sei es ein großes Anliegen, dass möglichst viele junge Menschen an Kunst und Kultur teilnehmen. “Kunst mit allen, ist mein Motto”, sagte die Kulturministerin. Die Salzburger Festspiele widmeten sich auch heuer diesem Thema. Vom “Young Singers Project” und dem “Young Conductor Award” über den Kinderchor der Salzburger Festspiele bis zu den Musikcamps reiche das Angebot für die Jugend.

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