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US-Justiz will Regisseur Polanski weiter verfolgen

Die US-Justiz will den Regisseur Roman Polanski trotz seiner Freilassung in der Schweiz weiter verfolgen. Die Schweizer Behörden hatten am Montag entschieden, den 76-Jährigen nicht an die USA auszuliefern. In den Vereinigten Staaten läuft ein Verfahren gegen Polanski wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen im Jahr 1977.
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Die Staatsanwaltschaft in Los Angeles sowie Justizkreise in Washington werteten die Schweizer Entscheidung als Enttäuschung, einige gar als Unrecht. “Die Vereinigten Staaten glauben, dass die Vergewaltigung eines 13-jährigen Kindes ein Verbrechen ist, und wir werden diesen Fall weiter juristisch verfolgen”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums.

Polanski war Ende September 2009 aufgrund eines US-Haftbefehls überraschend bei der Einreise in die Schweiz verhaftet worden. Gegen Zahlung einer hohen Kaution und weitere Auflagen wurde er Anfang Dezember in seinem Chalet in Gstaad unter Hausarrest gestellt. Der Hausarrest wurde am Montag mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Somit gilt der Regisseur in der Schweiz wieder als freier Mann.

Die Schweizer Behörden hatten entschieden, dass der Regisseur wegen des Jahrzehnte zurückliegenden Sexualdeliktes nicht an die USA ausgeliefert wird. Die USA könnten diese Entscheidung nicht anfechten, hieß es in Bern. In Berlin, Paris und Warschau gab es freudige Reaktionen auf die Freilassung des französisch-polnischen Filmemachers.

Einer von Polanskis Anwälten, Georges Kiejman, äußerte sich erleichtert. “Ich bin natürlich sehr glücklich für Roman”, betonte er gegenüber der Zeitung “New York Times”. Der ganze Fall sei ein “amerikanisches Missverständnis”, so der Anwalt. Er hoffe, dass der Filmemacher eines Tages unbehelligt in die USA reisen könne. “Intellektuell und künstlerisch ist es eines seiner adoptierten Heimatländer”, so Kiejman.

Während in den Schweizer Tageszeitungen neben Kritik am “Sonderfall Polanski” auch ein gewisses Verständnis für die Freilassung geäußert wird, hat der Entscheid in den US-Medien großen Unmut hervorgerufen. So titelte das Nachrichtenmagazin “Time” auf seiner Website: “Schock: Die Schweizer lassen Polanski frei”. Der Entscheid garantiere fast, dass er der Gefängnisstrafe für den Rest seines Lebens ausweichen könne.

Ein weiteres Mal werde der Regisseur durch “legalen Unsinn” gerettet, schrieb die “Los Angeles Times”. Auch der Kolumnist der Tageszeitung “Washington Post” zeigte sich erbost. Er schlägt den Amerikanern vor, die Filme des polnisch-französischen Filmemachers von nun an zu boykottieren. Im Fernsehsender CNN nahm Polanski als “flüchtiger Kinderschänder” am Montagabend den ersten Rang ein auf der “Liste, auf die man nie kommen will”.

Die “New York Times” weist auf den kulturellen Graben zwischen Europa und den USA hin, der sich durch das Auslieferungsgesuch aufgetan habe. Die Frage dabei sei, ob Polanski bereits Strafe genug geleistet habe, oder ob seine Berühmtheit und sein Talent die Schwere des Verbrechens verschleierten.

Die polnische Tageszeitung “Dziennik Gazeta Prawna” bezeichnet die Freilassung des franko-polnischen Regisseurs als “Sieg des Mitleids”. Das amerikanische Recht werde ihn in Europa nicht erreichen. “Die Schande kennt aber keine Grenzen.” Die Kommentatoren der Schweizer Tageszeitungen bewerten die Freilassung von Star-Regisseur Roman Polanski mehrheitlich als einen politischen Akt. Kritisiert wird vor allem der “Sonderfall Polanski“.

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