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ÖAMTC regt vor "Diesel-Gipfel" Hardwarenachrüstung an

ÖAMTC will nicht nur Soft-, sondern auch Hardware nachrüsten lassen
ÖAMTC will nicht nur Soft-, sondern auch Hardware nachrüsten lassen ©APA
Der Autofahrerclub ÖAMTC erwartet vom "Diesel-Gipfel" am Dienstag, dass die in Deutschland von der Industrie gemachten Zusagen für die Nachrüstung von Pkw auch für Österreich gelten. Diese sehen im Wesentlichen ein Software-Update vor, das den Schadstoffausstoß von Diesel-Pkw senken soll. Allerdings sollte man auch über Hardware-Nachrüstung nachdenken, fordert ÖAMTC-Leiter Bernhard Wiesinger.

Hardware-Nachrüstung würde zwar eine Menge Geld kosten, aber im Gegensatz zur Software-Nachrüstung funktioniert sie auch verlässlich, haben Messungen des ÖAMTC ergeben. Denn nach dem Einbau einer modernen Stickoxid-Filterung wie es sie in manchen neuen Fahrzeugen bereits gibt (SCR), verringerte sich der Stickoxid-Ausstoß eines alten VW Passats in allen Messungen um mehr als 90 Prozent.

Aber nicht nur der Einbau kostet Geld – der Materialwert lag im ÖAMTC-Test bei rund 1.500 Euro -, sondern auch der laufende Betrieb erfordert dann ein regelmäßiges Nachfüllen von Harnstoff (adblue) – etwa einen Liter pro 1.000 km, schätzt Friedrich Eppel, stv. Leiter Technik, Test und Sicherheit beim ÖAMTC.

Thema zu wichtig für Wahlkampf

Wiesinger hofft, dass der Diesel-Gipfel kein Wahlkampfthema wird. Dazu sei das Thema für Autofahrer und Umwelt zu wichtig. Schade sei, dass nicht alle Betroffenen eingeladen seien: Der ÖAMTC vermisse den Umweltminister, kommunale Verantwortliche, die Landeshauptleute aber auch die Autofahrer als die eigentlich Betroffenen. Nichts hält Wiesinger von Verboten für Verbrennungsmotoren ab 2030. Die Politik solle Grenzwerte vorschreiben, aber nicht die Technologie vorgeben. Und fairerweise sollte man auch über Lkw, Schiffe oder Flugzeuge diskutieren und nicht nur über Diesel-Pkw.

Auswirkungen uneinheitlich

Die Auswirkung des Software-Updates auf den NOx-Ausstoß war uneinheitlich, zeigen Messungen vom ÖAMTC und ihrem deutschen Schwesterverein ADAC. Bei einem Audi A4 gab es im üblichen, für die Typengenehmigungen genutzten Zyklus am Prüfstand (NEFZ) um knapp 9 Prozent mehr NOx-Ausstoß, beim Straßentest in der Stadt sogar um 17 Prozent mehr Stickoxide, im Straßentest Überland hingegen um 15 Prozent weniger. Beim VW Golf 2.0 gab es im NEFZ-Zyklus um 1,7 Prozent mehr NOx, im moderneren und realistischeren WLTC-Zyklus hingegen um 22,4 Prozent weniger Stickoxidausstoß. Beim VW Tiguan 2.0 gab es nach allen Meßmethoden mehr Stickoxidausstoß als davor.

Veränderung des Stickoxd-Ausstoßes durch Nachrüstung, nach Pkw-Typen und Abgasmessungen am Prüfstand und im Verkehr.
Veränderung des Stickoxd-Ausstoßes durch Nachrüstung, nach Pkw-Typen und Abgasmessungen am Prüfstand und im Verkehr. ©Veränderung des Stickoxd-Ausstoßes durch Nachrüstung, nach Pkw-Typen und Abgasmessungen am Prüfstand und im Verkehr.

Reduktion nur in Kombination mit Hardware-Update

Wurden die Software-Updates noch durch eine Hardware-Ergänzung unterstützt, dann zeigten sich am Prüfstand durchwegs Verringerungen des NOx-Ausstoßs, im realen Straßenverkehr zeigte der darauf getestete VW Golf 1,6 in der Stadt trotzdem noch einen Anstieg des Stickoxidausstoßes, Überland hingegen eine Halbierung.

Alle geprüften Fahrzeuge hielten nach dem Software-Update die gesetzliche Vorgabe ein, im NEFZ-Zyklus also gewisse Grenzwerte nicht zu überschreiten. Zumindest im Stadtverkehr – und dieser ist für die Diskussion um Fahrverbote in Städten entscheidend – bringt er aber praktisch keine Verbesserung, so Eppel. Was das Softwareupdate im realen Straßenverkehr für die Umwelt wirklich bedeutet, lässt sich nach diesen Test jedoch nicht abschließend sagen, denn die insgesamt zehn Fahrzeuge, die von ÖAMTC und ADAC nach unterschiedlichen Kriterien getestet wurden, lassen keine repräsentative Aussage zu.

Klar ist aber: Für alle schon jetzt zugelassenen Fahrzeuge gilt weiter, dass die Abgasreinigung nur bei Außentemperaturen zwischen 15 und 33 Grad wirkt, außerhalb dieses “Temperaturfensters” abgeschaltet wird, um den Motor zu schonen. Mit dem Softwareupdate hätte man eine Vergrößerung des Temperaturfensters vorschreiben können. Für VW wurde das aber nicht getan, bedauerte Eppel.

“Grüne Welle” für weniger Stickoxide

Als konkrete Maßnahmen des Dieselgipfels fordert der ÖAMTC eine “Ökoprämie” für die Verschrottung der ältesten Fahrzeuge (Euro Null bis 3). Auch könnte man mit einer “Verstetigung” des Verkehrs, also mit einer Grünen Welle, massiv den NOx-Ausstoß senken.

Die Debatte über ein Verbot von Verbrennungsmotoren verunsichert unterdessen die österreichischen Autofahrer. 27 Prozent sind verunsichert, vor allem weil sie den Autoherstellern nicht mehr trauen, aber auch weil sie sich Sorgen um die Umwelt machen, Fahrverbote fürchten oder einen Wertverlust ihres Fahrzeuges erwarten. Technische Probleme fürchten nur wenige, ergab eine Integral-Umfrage im Auftrag des ÖAMTC.

Ein Viertel der online befragten 800 Autofahrer würde sich derzeit aufgrund der Diskussion kein neues Dieselfahrzeug kaufen. Weitere 37 Prozent lehnen einen Dieselkauf aus anderen Gründen ab. Dabei halten 30 Prozent der Befragten die Diskussion in der aktuellen Intensität für gerechtfertigt – bei den Dieselnutzern ist nur knapp ein Viertel dieser Meinung. Ganz kalt lässt die Diskussion aber nur 10 Prozent der Diesel-Fahrer beziehungsweise 8 Prozent aller Autofahrer.

Am liebsten hätten die Autofahrer laut Umfrage ein Hardware-Update auf Kosten der Hersteller. Am stärksten abgelehnt werden Fahrverbote in Städten. Beliebt sind auch optimierte Ampelschaltungen und ein Software-Update auf Kosten der Hersteller, dahinter kommt die Verschrottungsprämie.

Der ÖAMTC ließ die Teilnehmer auch zum Verbot von Verbrennungsmotoren abstimmen. Zwei Drittel halten ein Verbot ab 2030 für unrealistisch, 22 Prozent können sich das vorstellen. “Später” sei so ein Verbot aber denkbar, meinen zwei Drittel. Gleich drei Viertel der Befragten ist dafür, dass die Politik nur Ziele wie Abgasgrenzwerte vorschreibt aber nicht bestimmte Antriebsarten verbietet.

Wenig überraschend wollen 58 Prozent ihr Fahrzeug nutzen so lange es fährt und es jederzeit verkaufen dürfen. Wobei schon jetzt zwei Drittel befürchten, dass der Wiederverkaufswert ihres Fahrzeuges wegen der Diskussion sinkt.

(APA)

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