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Öko kann echt fesch sein

Götzis -  Mode, die sich am Gemeinwohl orientiert, macht Furore. Die Tage der Utopie begannen in St. Arbogast mit einer zweifachen Verneinung: Fesche Öko-Mode hat mit Schlapfen und Jute nichts gemein. Und ökologisch – ethisch – fair ist nicht gleich fad.

Attac-Gründer Christian Felber hat sich seine Gemeinwohlbilanz sehr fantasievoll ausgedacht. Die Wiener Designerin Lisa Muhr zählt mit ihren fünf Mitarbeitern zu jenen 70 Unternehmen, die heuer erstmals nach Gemeinwohl bilanzieren.

Überraschungserfolg

Dass ihre Kreationen heute in der Berliner Fashionweek über den Laufsteg getragen werden, hätte sich die Designerin kaum träumen lassen, als sie mit drei Kollegen 2005 den Wien-Corner der Messe „Blickfang“ in Stuttgart bestritt. Aus Jux beschlossen die vier, gemeinsam Wohlfühlmode herzustellen. „Wir haben um 200 Euro Stoff eingekauft und etwa 60 Teile genäht.“ Das wars. Aber als sie ihre Mode dem „Designpfad“ im siebten Bezirk anvertrauten, rissen sich die Kundinnen drum.

2006 erstickten die vier in Aufträgen. Lisa dachte ans aufhören. Da hob die Idee öko-fairer Mode ihre Kreationen auf ein anderes Level. Sie ersann das Label „Göttin des Glücks“. Eine Herrenkollektion folgt. „Businessmode“ möchte sie großteils in Vorarlberg herstellen. Aber das ist Zukunftsmusik. „In einem Jahr wissen wir mehr

Alternative Unternehmerziele

In diesem Jahr wird sie ihre erste Gemeinwohlbilanz vorgelegen. Das bedeutet, dass Lisa Muhr nicht das Ziel verfolgt, möglichst viel Kohle zu machen. „Das Ziel meines Unternehmertums ist es, dazu beizutragen, dass die Menschen nicht mehr ausgebeutet werden.“ Ihre Baumwolle gedeiht in biologischem Landbau in Zentralindien.

Gefertigt werden die Kleidungsstücke in Mauritius. Lisa Muhr war dort. EZA-fairer Handel garantiert, dass Standards eingehalten werden wie Licht, Pausen, keine Überstunden, keine Kinderarbeit. Muhrs Mode findet bewusste Käuferinnen. „Ein T-Shirt um 30 Euro ist gscheiter als zehn T-Shirts um drei.“ Christian Felber, Österreichs prominentester Globalisierungskritiker, nickt. Auch ihm geht es nicht um Konsumverzicht. „Bewusstsein schaffen“ heißt die Devise.

Dabei geht er freilich weit. Auch in seinem Marktsystem gibt es Anreize: „Je sozialer, ökologischer, demokratischer und solidarischer“ einer wirtschaftet, desto mehr wird er belohnt mit niedrigeren Steuern, geringeren Zöllen, günstigeren Krediten. Felber zieht Einkommensobergrenzen ein. Löhne dürfen nicht mehr als das 20-Fache des gesetzlichen Mindestlohns betragen.

Das Privatvermögen wird auf zehn Millionen Euro beschränkt. Auch das Schenkungs- und Erbrecht würde eingeschränkt. Was darüber läge, sollte als „demokratische Mitgift“ an alle Nachkommen der Folgegeneration verteilt werden. Firmen gehen in Felbers Augen großteils ins Eigentum der Beschäftigten über. „Es ist“, sagt er, „wie im Straßenverkehr. Da haben wir auch Regeln und alle akzeptieren es.“ Felber geht es einfach „um das sinnvolle Maߓ in allen Dingen.

Buchtipp:

Die Gemeinwohl-Ökonomie In Felbers „Gemeinwohl-Ökonomie“ streben die Betriebe nicht in Konkurrenz zueinander nach Finanzgewinn, sondern sie kooperieren mit dem Ziel des größtmöglichen Gemeinwohls – ein fundamentaler Neuansatz.

„Die Gemeinwohl-Ökonomie – Das Wirtschaftsmodell der Zukunft“, Deuticke, August 2010, 144 Seiten, 16,40 Euro, ISBN 978-3-552-06137-8

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