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Ölpest - BP hat Ölleck erstmals geschlossen

©EPA
Die schwarze Fontäne am Grund des Ozeans ist vorerst versiegt. 87 Tage lang schoss das Öl aus dem defekten Bohrloch in den Golf von Mexiko. Seit Donnerstagnachmittag (Ortszeit) fließt erstmals seit dem 20. April kein Öl mehr in den Golf. Nach einer Serie von Fehlschlägen wächst bei aller Skepsis die Hoffnung, dass eine neue Dichtvorrichtung den Durchbruch bringt. Selbst Präsident Barack Obama sprach von einem "positiven Zeichen".
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Am Donnerstag hatten die Experten mit Hilfe von Unterwasserrobotern in eineinhalb Kilometern Tiefe eine tonnenschwere Abdichtkappe über die Öffnung der sprudelnden Ölquelle gestülpt. Nach und nach schlossen sie die Ventile, bis kein Öl mehr nach außen drang. Für die Ingenieure waren es atemberaubende Minuten: Sie wussten, dass sich durch das langsame Verschließen großer Druck in dem Bohrloch aufbauen würde. Die große Frage war, ob die Dichtkappe dem Druck des hochsprudelnden Öls standhält – oder ob dessen Wucht die ganze Förderanlage sprengen und den Kampf gegen die Ölpest noch erschweren würde.

Nach einer Reihe von Druckmessungen gaben die Experten Entwarnung. Die Kappe hielt dicht. Für Jubel freilich sahen auch die BP-Leute keinen Anlass. “Das ist ein ermutigendes Zeichen”, sagte BP-Einsatzmanager Doug Suttles. “In den kommenden Tagen könnten die Zeichen noch ermutigender werden, aber Jubelfeiern wird es keine geben.” Nach einer fast endlosen Kette von Fehlschlägen und Enttäuschungen ist die Stimmung gedrückt. “Wenn man mit den Leuten hier unten redet, ist Feiern einfach das falsche Wort”, sagte Suttles.

Noch Stunden vor dem Durchbruch hatte es erneut Pannen gegeben, waren die Rettungsarbeiten abermals zurückgeworfen worden. Ein Leck in einer Leitung an dem Zylinder hatte den mit so viel Spannung erwarteten Testlauf zunächst über Stunden verzögert.

Nach monatelangem Kampf gegen die Ölpest ist allen Beteiligten klar, dass der Einsatz nun vor kritischen Stunden und Tagen steht. Die Ingenieure wollen die Abdichtkappe nach Möglichkeit 48 Stunden – also bis Samstagabend – auf dem Bohrloch lassen und eine Vielzahl von Messdaten einholen. Besonders wichtig ist die Druckmessung: Fällt der Druck deutlich, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass sich das Öl einen anderen Weg gesucht hat und an anderer Stelle austritt. Das Experiment sollte abgebrochen werden, wenn der Druck mehr als drei Stunden lang sinkt. Dann müsste das Bohrloch wieder geöffnet werden.

Niemand wusste am Freitag zu sagen, ob die defekte Förderanlage am Meeresgrund nicht doch noch nachgibt und neue Lecks aufreißen. Eine weitere Gefahr bestand darin, dass der hohe Druck das Öl in dem Förderschacht, der sich über hunderte Meter durch den Meeresboden bis hinunter zu der tiefliegenden Ölblase zieht, in die umliegenden Sediment- und Gesteinsschichten pressen wird. Das Öl könnte in den Meeresboden einsickern und sich langsam einen anderen Weg an die Oberfläche suchen. Um ein solches Öko-Desaster zu vermeiden, überwachen die Ingenieure den Meeresboden mit seismischem Gerät.

Unklar ist auch, ob das Loch tatsächlich dauerhaft mit dem Zylinder verschlossen bleibt. Dafür sei er nie gedacht gewesen, sagte Küstenwachen-Admiral Thad Allen, der Einsatzleiter der US-Regierung, in der Nacht zum Freitag. “Er soll vor allem genutzt werden, damit wir die Unfallstelle verlassen können, wenn ein Hurrikan aufzieht.”

Bisher strömten Schätzungen der Internationalen Energieagentur zufolge zwischen 2,3 und 4,5 Millionen Barrel Öl ins Meer. Das entspricht zwischen der 58- und 112-fachen Menge, die 1989 bei der Ölkatastrophe der Exxon Valdez in Alaska ausgelaufen war.

Präsident Barack Obama warnte trotz des Etappenerfolgs: “Wir befinden uns immer noch in einer Testphase.” Auch Bobby Jindal, der Gouverneur des Bundesstaats Louisiana, schlug einen nüchternen Ton an. “Selbst wenn die Quelle abgedichtet ist, ist der Kampf noch nicht vorbei. Millionen Liter von Öl sind im Golf, und wir müssen damit rechnen, dass es noch monatelang an unsere Küsten geschwemmt wird.”

Egal, wie schnell die Umweltkatastrophe bewältigt werden kann, auf BP kommt Gewaltiges zu: Analysten äußerten die Erwartung, dass BP in den nächsten 15 Jahren 63 bis 100 Milliarden Dollar (48,5 bis 76,9 Mrd. Euro) für die Beseitigung der Schäden, Geldstrafen und Anwälte aufwenden muss.

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