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"Parsifal" beendete Staatsopern-Ära von Ioan Holender

Mit einer musikalischen Tafelrunde hat Ioan Holender seine Ära in der Wiener Staatsoper beendet. Richard Wagners "Parsifal" stand Mittwochabend auf dem Programm, eine exquisite Sängerriege auf der Bühne.
"Parsifal" beendet Staatsopern-Ära

Neben Thomas Hampson als Amfortas und Waltraud Meier als Kundry galt die Aufmerksamkeit aber vor allem Placido Domingo, der es sich nicht nehmen ließ, die Titelrolle ganz zu Ende des Dreiakters mit Stephen Gould zu tauschen. Umjubelt wurde auch der neue Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst, der ein williges und fähiges Orchester vor sich hatte und seinen besten Wagner dirigierte.

Es war Holenders Wunsch, seine Zeit mit jenem Stück zu beenden, mit dem er seine Intendanz an der Staatsoper eingeläutet hatte. Den Parsifal hatte schon damals Domingo gegeben, Waltraud Meier die Kundry. Was noch nicht war: Die Inszenierung von Christine Mielitz, die an diesem Abschlussabend symbolisch dafür stand, was Holender für das Haus geleistet hat. Mit Mut Staub aus dem Haus zu blasen und ungeachtet etlicher Buh-Orkane unbequeme Regisseure walten zu lassen. Und so wirkt die bedrückende Plattenbau-Kulisse des “Parsifal” von Christine Mielitz aus dem Jahr 2004 immer noch.

Aber es war ein Abend der Stimmen. Stephen Gould gab einen wackeren Parsifal, vielleicht nicht die herausragendste Leistung des Abends aber immer noch eine überdurchschnittliche. Der Wagner-Recke setzte seinen Heldentenor in diesem Rollendebüt an der Staatsoper präzise ein und hatte zuzdem die undankbare Aufgabe, seinen allerletzten Auftritt (“Nur eine Waffe taugt”) an Domingo abzugeben. Dieser klang eben nach Domingo und ließ sich am Ende – ganz bescheiden – gar nicht erst allein beklatschen. Der zum Bariton-Fach gewechselte Startenor war Abends zuvor noch in Verdis Simon Boccanegra in London aufgetreten. Trotzdem kein wirkliches Wagnis für einen alten Hasen.

Alle Zuneigung des Abends galt aber Waltraud Meier. Ihre Kundry war durchzogen von Weltschmerz und Todessehnsucht, schauspielerisch wie auch vokal. Dabei scheute die Mezzosopranistin nicht vor “Hässlichkeit” im Ausdruck zurück, ausgespuckten Ekel und völliger Benommenheit. In gnadenloser sentimentaler Konkurrenz dazu befand sich Thomas Hampson, der erstmals den Amfortas im Haus gab und brillierte. Er blutete gemäß seiner Rolle aus der Stimme, ein Opfer, für das er vom Publikum ebenso gefeiert wurde.

Die von Testosteron-Rollen beherrschte Oper bot aber noch weitere Höhepunkte. So konnte Matti Salminen als Gurnemaz das Prädikat durchsetzungsfähigste Stimme des Abends einheimsen. Sein Bass beherrschte Alpha und Omega des Stücks, sein “Karfreitagszauber” war Magie. Wolfgang Bankl hingegen durfte als Klingsor böse sein, was ihm beängstigend glaubwürdig gelang. Aber auch bei kleinsten Rollen geizte die Staatsoper diesmal nicht mit großen Namen: Unter den Blumenmädchen war etwa Ildiko Raimondi, der grandiose Ain Anger trat als Titurel kurz in Erscheinung.

Seinen besten Wagner bisher gab aber Welser-Möst vom Pult aus. Er versteifte sich nicht mehr so sehr auf transzendentale Schwerelosigkeit wie im “Ring”, sondern donnerte mit einem gut geölten Orchester schon einmal ordentlich in Richtung Bühne und Publikum los. Der neue Generalmusikdirektor hat den Lautstärkeknopf entdeckt. ohne aber auch nur ein wenig an Klangkultur zu verlieren. Es bleibt zu hoffen, dass das Orchester, das an diesem Abend in bester Besetzung zu hören war, ihm auf diesem Weg weiter folgt.

Nach so viel Symbolik wie im “Parsifal” bot sich die Übergabe des goldenen Schlüssels der Staatsoper an. Den nahm aber vorerst der Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, Georg Springer, an sich. Holenders Nachfolger Dominique Meyer befand sich nämlich zu diesem Zeitpunkt im Theatre des Champs-Elysees in Paris – und nahm Abschied von seinem Haus.

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