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Polnische Ökonomen fordern von Bronislaw Komorowski Reformen

Nach dem Sieg von Bronislaw Ko­morowski bei der Präsidentenwahl erwarten Wirtschaftsexperten entschiedene Reformen von der polnischen Regierung. "Es gibt jetzt eine bessere Perspektive für die Konsolidierung der Staatsfinanzen, für größere Anstrengungen zur Privatisierung und den polnischen Beitritt zur Euro-Zone", zitiert die Zeitung "Rzeczpospolita" am Dienstag Kubilay Ozturk, Ökonomen der Bank HSBC in London.

Auch in Polen selbst hoffen Experten darauf, dass die rechtsliberale Regierungspartei “Bürgerplattform” (PO) von Ministerpräsident Donald Tusk, der auch Komorowski angehört, nun unbequeme Themen anpackt. Denn Komorowski könnte – anders als sein Vorgänger Lech Kaczynski – der Regierung Grünes Licht für deren Projekte geben. “Wir sollten damit beginnen, das Pensionsalter anzuheben”, sagte der Chef-Ökonom der Bank BRE, Ryszard Petru, der Zeitung “Gazeta Wyborcza”. In Polen beträgt das Pensionsalter für Männer 65 und für Frauen 60 Jahre, 70 Prozent der Arbeitnehmer gehen jedoch vorzeitig in Pension.

Außerdem schlägt Petru vor, die Pensionskasse für Landwirte KRUS zu reformieren, die den Bauern bisher Privilegien garantiert. In einem ersten Schritt sollten Großbauern, die bisher ebenfalls nur einen minimalen Pensionsbeitrag bezahlen, in das allgemeine System der Altersvorsorge integriert werden, so Petru.

Einsparungen im Budget forderte der erst vor kurzem berufene Präsident der Nationalbank NBP, Marek Belka. “Wir brauchen dafür ein bisschen gesunden Menschenverstand und Disziplin”, sagte Belka gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg. Sonst bestehe die Gefahr, dass sich internationale Investoren von polnischen Staatsanleihen abwendeten, so Belka.

Gleichzeitig warnen die Wirtschaftsfachleute den künftigen Präsidenten Komorowski davor, seine Wahlversprechen zu erfüllen. “Das würde das Land in den Bankrott treiben”, erklärte Krzysztof Rybinski, Professor an der Warschauer Wirtschafts-Hochschule SGH, dem Fernsehsender TVN. Die “Rzeczpospolita” rechnete am Dienstag vor, dass alle Versprechen des designierten Staatsoberhauptes das Budget jährlich 33 Milliarden Zloty (8,00 Mrd. Euro) kosten würden. Allein 15 Milliarden Zloty würde demnach eine Erhöhung der Lehrergehälter kosten, die Komorowski anregte.

Obwohl sich die “Bürgerplattform” immer als wirtschaftsliberale Partei positioniert hat, zweifeln viele Wirtschaftsexperten an ihrem Reformwillen. Der Hauptgrund dafür ist die Parlamentswahl im kommenden Jahr, wegen der, so vermuteten Beobachter, die PO keiner Wählergruppe Einschnitte zumuten wolle. “Aber wir müssen den Druck, der durch das Wahljahr entsteht, ignorieren”, erklärte Belka. Petru hielt der PO vor, dass auch Zurückhaltung für die PO politisch riskant sei. “Die Wähler erwarten Taten”, so Petru zur “Gazeta Wyborcza”.

Polen erzielte zwar im vergangenen Jahr als einziges Land in der EU ein Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent, das heuer nach Schätzung der EU-Kommission auf 2,7 Prozent ansteigen soll. Trotzdem rechnet die Regierung für 2010 mit einem Rekorddefizit von 52 Mrd. Zloty. Das Defizit wird 7,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen, schätzt die EU-Kommission – und auch im kommenden Jahr noch sieben Prozent. Die polnische Regierung sieht die Entwicklung optimistischer: Sie kündigte im Februar an, den Fehlbetrag schrittweise bis 2012 auf 2,9 Prozent des BIP zu senken.

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