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Pro-Demokratie-Proteste in Hongkong - Peking warnt vor Einmischung

Bereitschaftspolizei abgezogen - Verkehrschaos nach erneuten Zusammenstößen in der Nacht.
Bereitschaftspolizei abgezogen - Verkehrschaos nach erneuten Zusammenstößen in der Nacht. ©AP
Rund um die Pro-Demokratie-Proteste in Hongkong warnt China ausländische Regierungen vor einer Einmischung. Das Außenministerium in Peking erklärte am Montag, die Volksrepublik stelle sich gegen jeden Versuch von außen, "illegale Bewegungen" wie Occupy Central zu unterstützen.
Demonstranten legen Hongkong lahm
Proteste: Hongkong lahmgelegt

In Hongkong selbst verkündeten die Behörden der chinesischen Sonderverwaltungszone unterdessen den Abzug der Bereitschaftspolizei. Die Einheiten seien abgezogen worden, “weil sich die auf den Straßen versammelten Bürger beruhigt haben”, teilte die Regierung am Montag mit. Zuvor war die Polizei mit Tränengas gegen Zehntausende Anhänger der Demokratiebewegung vorgegangen. Diese blockierten am Montag in der Früh weiterhin wichtige Kreuzungen und Hauptstraßen der Millionenstadt.

Steht Militäreinsatz bevor? Dementis

Die Demonstranten wurden von der Regierung aufgerufen, die Straßen der Metropole “schnellstmöglich” zu räumen, um Rettungswagen die Durchfahrt zu ermöglichen und “die teilweise Wiederaufnahme des öffentlichen Nahverkehrs” zu ermöglichen. Auch der Hongkonger Verwaltungschef Leung Chun Ying appellierte in der Nacht an die Protestteilnehmer, sich “friedlich zurückzuziehen”. Gerüchte, wonach angeblich ein Militäreinsatz bevorstehe, seien falsch.

Zunächst sah es aber nicht so aus, als ob die Blockadeteilnehmer dem Aufruf der Regierung Folge leisten wollten. Tausende harrten weiter auf den Straßen Hongkongs aus, einige werteten die verringerte Polizeipräsenz offenbar als Zeichen der Schwäche. “Wir sind jetzt noch zuversichtlicher. Die Polizei hat nicht genug Einsatzkräfte, um die Bezirke abzuriegeln, in denen protestiert wird”, sagte der 27-jährige Ivan Yeung, der die Nacht in einem der Protestcamps verbrachte.

Wirbel um Wahlreform

Die Massenproteste, die vergangenen Montag mit einem Streik der Studenten begonnen hatten, richten sich gegen eine von Peking verwehrte Wahlreform in Hongkong. Zwar soll die Bevölkerung dort 2017 erstmals direkt einen Verwaltungschef wählen dürfen, doch zum Ärger der Demokratie-Bewegung will die Zentralregierung in Peking ihr genehme Kandidaten im Voraus auswählen – und so ihren Einfluss sichern.

In der Nacht auf Montag verschärfte sich die Lage zunächst. Die Polizei ging wiederholt mit Tränengas gegen die Demonstranten vor, deren Proteste sich in der Nacht auf weitere Stadtteile ausgebreitet und zu einer Sitzblockade am Hafen geführt hatten. Nach den stundenlangen Zusammenstößen wurde die Polizeipräsenz am Morgen dann zurückgefahren. Anstelle von Bereitschaftspolizisten kamen Sicherheitsbeamte in normaler Alltagsuniform zum Einsatz. Im geschäftigen Einkaufsbezirk Causeway Bay war stellenweise überhaupt keine Polizei mehr zu sehen.

Kampagne für Demokratie

Die Massenproteste zum Beginn der Arbeitswoche lösten ein Verkehrschaos aus. Zahlreiche Verbindungen des öffentlichen Nahverkehrs waren lahmgelegt, zudem blieben Schulen, Geschäfte und Banken in mehreren Stadtteilen geschlossen. Betroffen waren insbesondere die dicht bevölkerten Stadtteile Mongkok und Kowloon.

Am Sonntagmorgen hatte sich die Protestbewegung Occupy Central dem Studentenstreik angeschlossen und eine neue Kampagne für mehr Demokratie gestartet. An einer Kundgebung am Abend davor hatten mehr als 10.000 Menschen teilgenommen – die Organisatoren sprachen sogar von 60.000 Teilnehmern. Es kam zu Dutzenden Festnahmen.

Chinas Führung könnte Überschwappen befürchten

Es handelte sich am Wochenende um die schwersten Krawalle in Hongkong, seitdem die ehemalige britische Kronkolonie 1997 wieder Teil Chinas wurde. Für die chinesische Führung bedeuten sie zugleich eine der größten politischen Herausforderungen seit dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking vor 25 Jahren.

Offenbar befürchtet sie, dass die Rufe nach Demokratie auch auf China überschwappen könnten: Die Regierung in Peking ordnete nach Angaben der in den USA ansässigen Website “China Digital Times” an, alle Berichte über die Unruhen in Hongkong aus sozialen Medien zu löschen. In chinesischen Staatsmedien wurden die Proteste der “radikalen Aktivisten” als aussichtslos bezeichnet. Die Oppositionsgruppen wüssten “ganz genau, dass es unmöglich ist, die Entscheidung des Ständigen Ausschusses im Volkskongress über den Reformplan für Hongkong abzuändern”, schrieb die Zeitung “Global Times”.

Die ehemalige britische Kronkolonie Hongkong genießt seit der Rückgabe an China 1997 einen Sonderstatus: Gemäß dem Prinzip “Ein Land – zwei Systeme” werden Bürgerrechte wie Presse- und Versammlungsfreiheit gewährt, die auf dem chinesischen Festland stark eingeschränkt sind.

(APA)

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